Amnesty warnt vor Irans verschärften Kurs gegen Kopftuchverstöße
Von Elisabeth Kröpfl
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnt vor zunehmender Unterdrückung von Frauen und Mädchen durch die iranische Sittenpolizei. Die iranischen Behörden würden landesweit verstärkt gegen Frauen und Mädchen vorgehen, die in der Öffentlichkeit kein Kopftuch tragen wollen, so Amnesty International in einer heute veröffentlichten Analyse.
Heftige Übergriffe gegen Frauen
So kündigte der Sprecher der iranischen Polizei zuletzt Kontrollen und strafrechtliche Konsequenzen an. In Teheran und Rasht kam es zu heftigen Übergriffen gegen Frauen. Behörden verbannen Frauen ohne Kopftücher aus Hochschulen und öffentlichen Verkehrsmitteln, verwehren ihnen den Zugang zu Finanzdienstleistungen und schließen Unternehmen, die die Kopftuchpflicht nicht umsetzen.
"Das heutige Durchgreifen wird durch Massenüberwachung verstärkt, mit der unverschleierte Frauen in ihren Autos und Fußgängerzonen identifiziert werden können“, wird die Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation, Agnes Callamard, zitiert.
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Laut Amnesty International wurden seit dem 15. April 2023 mehr als eine Million Iranerinnen per SMS verwarnt, dass ihre Fahrzeuge beschlagnahmt werden könnten, nachdem sie ohne Kopftuch von Kameras gefilmt worden waren. Ermittelt wird ihre Identität durch das Autokennzeichen. Bei mehrfachen Verstößen droht die Festsetzung des eigenen Fahrzeugs.
Sittenpolizei "war nie wirklich weg"
Seit Monaten ignorieren viele Frauen demonstrativ die im Iran geltenden islamischen Kleidungsvorschriften. Mitte Juli hatte die Polizei auf Weisung des Nationalen Sicherheitsrats die Rückkehr der berüchtigten Sittenwächter angekündigt, die mit Patrouillen die Einhaltung der Kleiderregeln kontrollieren.
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"Die sogenannte 'Sittenpolizei' im Iran war nie wirklich weg und geht nun erneut brutal gegen Frauen und Mädchen vor. Die Menschen im Iran lassen sich nicht dadurch täuschen, dass die 'Sittenpolizei' die Abzeichen von ihren Uniformen und Streifenwagen entfernt", so Katja Müller-Fahlbusch von Amnesty International Deutschland.
Im Herbst 2022 hatte der Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini, die von der Sittenpolizei festgenommenen worden war, die schwersten Proteste seit Jahrzehnten ausgelöst.
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Amnesty sieht im Vorgehen der Behörden den Versuch, "ihre Vorherrschaft und Macht wiederherzustellen". Eine Strafreform der Kopftuchpflicht, über die in Kürze im Parlament abgestimmt werden soll, kritisierte die Menschenrechtsorganisation ebenfalls scharf. Die geplanten Strafen gegen Frauen würden "ihre Menschenrechte, einschließlich der sozialen und wirtschaftlichen Rechte stark beeinträchtigen“.