Politik/Ausland

Impfskepsis bei Pflegekräften: 500 Dollar Prämie

Die Impfstoffe gegen das Coronavirus sind in Rekordzeit entwickelt worden - ein riesiger Erfolg aus Sicht von Politikern und Wissenschaftlern. Doch wenn es ums Thema Impfen selbst geht, hält sich die Euphorie bei Teilen der Bevölkerung in Grenzen. Zurückhaltung gibt es offenbar auch ausgerechnet beim medizinischen Personal, das zu den ersten Geimpften gehören soll. Die Gründe dafür sind vielfältig, und nicht immer steckt dahinter eine Skepsis gegenüber den Vakzinen.

"Die Bundesregierung ist gut mit Pressekonferenzen und schlecht mit aufklären“, kritisiert etwa Robert Kaufmann, Obmann der ARGE Tiroler Altenheime. Beim Personal sieht er bei der Impfbereitschaft "noch eine große Zurückhaltung. Mitarbeiter lassen sich nicht über das Fernsehen oder die Zeitung ausrichten, dass sie geimpft werden. Das ist nicht wahnsinnig klug.“

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Deutschland

In Deutschland sei die Impfbereitschaft beim Pflegepersonal sehr unterschiedlich, sagte Bernd Meurer, der Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). "Wir haben Einrichtungen, wo sich fast 100 Prozent der Mitarbeiter impfen lassen. Und das reicht bis hin, dass sich zwei Drittel nicht impfen lassen.“ Es sei im Moment schwer, ein klares Bild zu zeichnen.

Dass medizinisches Personal bei Impfungen zurückhaltend reagiert, ist keine Besonderheit. Auch gegen die Grippe haben sich laut Robert Koch-Institut (RKI) zuletzt nur gut 79 Prozent der Ärzte und knapp 47 Prozent der Pfleger impfen lassen.

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Gegen Corona wollten sich im Dezember in Deutschland rund 73 Prozent der Ärzte und knapp 50 Prozent der Pfleger impfen lassen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi). Diese Zahlen seien aber schon längst überholt, sagte eine Sprecherin der Divi. „Wir sind da der Auffassung, dass sich da seit dem Impfstart einiges getan hat.“

Die verhaltenen Zahlen stimmen viele in Deutschland nachdenklich, immerhin haben Ärzte und Pfleger eine Art Vorbildcharakter. Das medizinische Personal sei nachweislich der wichtigste Ansprechpartner für die Impfentscheidung, sagte die Betriebsärztin des Frankfurter Uniklinikums, Sabine Wicker, die auch Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko) ist.

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Schlecht geimpfte Ärzte haben schlecht geimpfte Patienten

„Ich sage immer “Schlecht geimpfte Ärzte haben schlecht geimpfte Patienten„ - denn wenn das medizinische Personal für sich selbst keine Impfindikation sieht, warum sollte es dann die Impfung den von ihm betreuten Patienten empfehlen?“

Einen weiteren möglichen Grund für die verhaltene Begeisterung bringt Bernd Meurer ins Spiel: Eine Impfung gegen das Virus biete im Moment keine berufliche Erleichterung. Die Pfleger müssten auch nach einer Immunisierung noch eine FFP2-Maske tragen. Grund ist unter anderem, dass noch nicht klar ist, ob man trotz der Impfung andere mit dem Coronavirus anstecken kann. „Wir gehen davon aus, dass die Impfbereitschaft erheblich stiege, würde von geimpften Personen keine Infektionsgefahr ausgehen, womit nach der Impfung berufliche Alltagserleichterungen für die Pflegekräfte einhergehen würden.“

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500 Dollar Prämie

Dass Zurückhaltung bleiben könnte, lässt jedoch ein Blick über den Atlantik vermuten: In der texanischen Großstadt Houston in den USA stellte ein Krankenhaus seinen Mitarbeitern eine Prämie von 500 Dollar in Aussicht - eine Voraussetzung dafür aber war eine Impfung gegen Corona. Medizinische Angestellte dürfen sich in Amerika als erstes impfen lassen. Berichten zufolge lehnten - je nach Region - etwa ein Viertel bis ein Drittel von ihnen die Spritze bislang ab.

Behörden befürchten eine schlechte Signalwirkung auf den wartenden Rest der US-Bevölkerung. Das Forschungszentrum "PEW“ veröffentlichte eine Erhebung aus dem November, wonach sich 39 Prozent der rund 330 Millionen Amerikaner „wahrscheinlich“ oder „sicherlich“ nicht impfen lassen wollten. Allerdings war diese Zahl schon einmal deutlich schlechter und dürfte sich weiter verändern, je mehr Menschen erfolgreich immunisiert sind.

Nancy Messonier, Leiterin der Abteilung für Immunisierung der Gesundheitsbehörde CDC, sagte am Mittwoch, sie sei „besorgt“ wegen der Skepsis unter medizinischem Personal. Es müsse mehr Aufklärungsarbeit zur Sicherheit der Impfungen geleistet werden.

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