Politik/Ausland

Gipfel-Desaster: Am Ende wollten sie nur weg

Wer Donald Trump häufiger beobachten muss, wusste schon am Mittwoch, dass in Vietnam nicht der Boden für einen Durchbruch bei den Atom-Verhandlungen mit Nordkorea bereitet ist.

Ausgelöst durch die Kanonade seines ehemaligen Spezis Michael Cohen in Washington (siehe unten) war der US-Präsident geladen wie immer, wenn ihm die Hoheit über die öffentliche Meinung zu entgleiten droht.

Trumps Mundwinkel und Körpersprache zeigten gestern nach dem abrupten Platzen des Gipfels mit Diktator Kim Jong-un in Hanoi vollends in Richtung Missmut.

Für den selbst ernannten Dealmaker-in-Chief ist das Ausbleiben einer belastbaren Einigung mit dem Herrscher aus Pjöngjang nach den aufgebauschten Erwartungen ein „totales Versagen“, sagte stellvertretend für viele Fachleute Victor Cha, unter Präsident George W. Bush im Nationalen Sicherheitsrat für Nordkorea verantwortlich.

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Essen blieb unberührt

Zwei Stunden früher als geplant machte sich Trump auf die Rückreise nach Washington, wo ihn das Nachbeben der Kongress-Anhörung seines ehemaligen Privat-Anwalts erwartet. Trump hatte im Vorfeld von einem „fantastischen“ Gipfel gesprochen und sich de facto als friedensnobelpreiswürdig bezeichnet. Am Ende blieb in Hanoi selbst der Tisch für das Abschlussessen unberührt, weil Kim und Trump nur noch eines wollten: weg.

Nach dem Eisbrecher-Treffen vor acht Monaten in Singapur haben Trumps Unterhändler es nicht vermocht, eine Verständigung zu erzielen, wo für beide Seiten die unverrückbaren Schmerzgrenzen liegen.

Nordkorea wartete mit der Maximal-Forderung auf, dass Amerika das Sanktions-Regime gegen Pjöngjang erst „in seiner Gesamtheit“ aufgeben müsse, bevor die kommunistische Diktatur erste Anstalten macht, ihr Atom-Programm abzubauen. „Das konnten wir nicht machen, darum mussten wir gehen“, sagte ein entnervter Trump während einer Pressekonferenz in Hanoi. Außenminister Mike Pompeo, verantwortlich für die mittelprächtige Vorbereitung des Gipfels, machte gute Miene zum miserablen Spiel: „Wir sind heute weiter als vor 36 Stunden.“

„Wir mögen uns“

Wichtigste Details durch die Trump-Brille gesehen: Man habe zwar Fortschritte gemacht, es reiche aber nicht, was die Nordkoreaner als Gegenleistung angeboten hätten. Was genau, sagte Trump nicht. Sein Verhältnis zu Kim sei trotz des in der Sackgasse geendeten Gipfels „hoffentlich weiter gut – wir mögen uns.“

Eine erneute Eskalation der Situation zwischen beiden Ländern wie vor einem Jahr, als gegenseitige Drohungen auf Vernichtung an der Tagesordnung waren, schließt Trump offenbar aus. Kim Jong-un habe ihm versprochen, dass Nordkorea keine weiteren Raketen- oder Atomtests durchführen werde.

Durch eine Frage des Nordkorea-Kenners David Sanger von der New York Times wurde erkennbar, dass Trumps Team der Gegenseite offenbar einen schweren Gesichtsverlust beibrachte. So habe Kim Bereitschaft signalisiert, der von Washington geforderten Zerstörung der Atomanlage Yongbyon zuzustimmen. Als die US-Verhandler auch die Beseitigung einer zweiten, bislang geheim gehaltenen Urananreicherungsanlage verlangten, seien Kims Leute „sehr überrascht“ gewesen.

Mit anderen Worten. Der von Trump zuletzt massiv kritisierte Koordinator aller US-Geheimdienste, Dan Coats, hatte die Lage zutreffend beschrieben, als er vor wenigen Wochen im Kongress sagte: „Wir gehen derzeit davon aus, dass Nordkorea versuchen wird, seine Fähigkeiten im Bereich Massenvernichtungswaffen beizubehalten.“

Doppelt peinlich

Das Scheitern der Verhandlungen ist aus Sicht der oppositionellen Demokraten doppelt peinlich. Trump sagte nämlich auch, dass er Diktator Kim Jong-un glaube, nicht für den Tod des US-Studenten Otto Warmbier verantwortlich zu sein. Warmbier war während einer Nordkorea-Reise 2016 wegen angeblichen Diebstahls eines Propaganda-Posters zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden, dort ins Koma gefallen und bald nach seinem Rücktransport in die USA gestorben.

Trump sagte nun, dass Kim Jong-un ihm versichert habe, nichts von den schlimmen Inhaftierungsbedingungen für Warmbier gewusst zu haben. Trump: „Ich glaube nicht, dass er das erlaubt hätte und ich werde ihn beim Wort nehmen.“

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