Politik/Ausland

Europäische Union: Selbstzensur nach Druck Pekings?

Die EU-Kampagne „EU vs. Disinfo“ hat sich zur Aufgabe gemacht, Desinformation im Internet aufzuspüren und zu entlarven – vor allem aus russischen Kanälen, aber auch aus anderen Ländern wie China. Auf der Homepage www.euvsdisinfo.eu werden entsprechende Artikel und Social-Media-Posts genannt und immer wieder Analysen und Berichte verfasst.

Ein entsprechender Bericht zu den Meldungen zwischen 2. und 22. April wurde am Freitag veröffentlicht. Und offenbar dürfte sich eine Regierung massiv eingebracht haben, um diesen Bericht abzuschwächen.

Entschärft

Laut Informationen der New York Times soll Peking in Brüssel Druck ausgeübt haben, um den Bericht hinsichtlich der Fake News aus China zu entschärfen. Und tatsächlich liest sich die Einleitung des Papiers genau so: "Trotz ihrer möglichen schwerwiegenden Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit, haben öffentliche und staatlich unterstützte Quellen von verschiedenen Regierungen, inklusive Russland  und – in geringerem Ausmaß – China, wiederholt Verschwörungsnarrative und Desinformation an die Öffentlichkeit in der EU und ihrer Nachbarschaft gerichtet.“

Bereits dieser Satz klingt nach Abschwächung. Doch laut New York Times Informationen soll noch viel mehr ausgelassen worden sein. Etwa die Kampagne Pekings gegen die USA, um davon abzulenken, dass China als Ursprungsland des Virus genannt wird, sowie Kritik an Frankreich für die späte Reaktion und an Russland für dessen Desinformationspolitik.

Doch keine "weltweite Kampagne"?

Der Bericht soll außerdem eine Passage enthalten haben, in dem China eine "weltweite Desinformationskampagne“ attestiert wird, "um sein internationales Image zu verbessern“. Das zitiert zumindest die US-Zeitung, die das Originaldokument erhalten haben will. Davon ist in dem nun veröffentlichten Bericht allerdings nichts mehr zu lesen.

Der New York Times-Reporter Matt Apuzzo berichtet, wie EU-Beamte kurz vor der Veröffentlichung das Papier zunächst verzögert und dann umgeschrieben haben, um China – einen mächtigen Handelspartner – etwas aus dem Fokus zu nehmen: In einem eMail am Dienstag schrieb demnach ein namentlich genannter EU-Diplomat, „die Chinesen drohen schon mit Reaktionen, wenn der Bericht rauskommt“. Der Teil mit der "globalen Desinformation“ Chinas wurde, ebenso wie die Frankreich-Passage, gelöscht, die Formulierungen abgeschwächt.

"Enttäuscht"

Der Mailverkehr sei „aus dem Zusammenhang gerissen“, heißt es bei der zuständigen EU-Stelle EEAS (Auswärtiger Dienst) auf KURIER-Anfrage. Außerdem hätten genannte Diplomaten nicht ihre Einwilligung gegeben. 

Man habe der Chefredaktion einen ensprechenden Brief geschrieben, um die Enttäuschung zum Ausdruck zu bringen. Die Vorwürfe seien „unbegründed, inakkurat und enthalten falsche Schlüsse über den EEAS-Bericht. „Das spielt in die Hände derer, die unsere Arbeit untergraben wollen“, so die EEAS-Sprecherin.

 

 

Alle Inhalte anzeigen