Durchbruch: Erster Corona-Impfstoff wirkt bei Menschen
Es ist der erste Impstoff gegen Covid, der an Menschen getestet wurde, und er ist nicht nur gut verträglich, sondern er produziert auch eine Immunantwort, damit kann er vor einer Infektion durch das Virus schützen. Das ist das durchaus aufsehenerregende Ergebnis, das die US-Pharmafirma Moderna in Cambridge Massachusetts am Montag bekanntgegeben hat.
Zwar sind es vorerst nur acht gesunde Patienten, an denen der Wirkstoff ausprobiert wurde, doch sie alle produzierten nachweislich Antikörper gegen das Virus - und diese Antikörper, die ihnen danach entnommen wurden, konnten in einer menschlichen Zellkultur das Virus an seiner Vermehrung hindern: Das Ziel, das ein wirksamer Impfstoff erreichen muss.
"Erhöhtes Tempo"
Das Unternehmen teilte mit, dass man die Testungen von nun an mit "erhöhtem Tempo" fortsetzen werde. Schon innerhalb der nächsten Tage werde man mit Tests an 600 Probanden starten, im Juli seien dann Tests an mehreren Tausend Personen dran. Wenn die erfolgreichen Test so weiterlaufen würden wie geplant, meint man beim Moderna, sei mit einem einsatzbereiten Impfstoff Endes des Jahres, oder Anfang des nächsten zu rechnen.
Trump: "Allerhöchste Eile"
Allerhöchste Eile ist angesagt – und so hat US-Präsident Donald Trump „Operation Warp-Geschwindigkeit“ ausgerufen. Das Projekt mit dem Ziel, möglichst schnell einen Impfstoff gegen Covid-19 zu finden, bezieht sich auf den fiktiven, ultrastarken „Warp-Antrieb“ in der Serie „Raumschiff Enterprise“.
Für genauso fiktiv halten allerdings selbst Trumps Spitzenwissenschaftler die Zeitvorgabe des Präsidenten: Bis Jahresende will er den Amerikanern Hunderte Millionen Dosen eines Impfstoffes zur Verfügung stellen.
In Europa mag man den vollmundigen Versprechen Trumps nicht glauben – doch die Nervosität ist groß. Der weltweite Wettlauf um einen Impfstoff hat längst eingesetzt. Staaten, die ihre Bevölkerung durchimpfen können, werden die Pandemie mit einem Schlag hinter sich lassen. Die Impfung ist die Rückkehrformel in die Normalität.
Mit entsprechendem Hochdruck werden die Forschungen in aller Welt vorangetrieben. An mehr als 120 Impfstoffprojekten wird derzeit gearbeitet, acht klinische Tests sind bereits am Laufen.
"Öffentliches Gut"
An Geld für die Forscher mangelt es nicht. Allein die von der EU initiierte, internationale Geberkonferenz lukrierte vergangene Woche 7,5 Milliarden Euro. Wichtiges Ziel dabei: Eine „beispiellose, globale Zusammenarbeit“, wie EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte: Der Impfstoff gegen das Coronavirus soll ein „weltweit öffentliches Gut“ werden.
"Für alle zugänglich"
„Egal, wo der Impfstoff erfunden wird – er muss für alle Menschen auf der Welt zugänglich sein“, fordert auch Alexander Bernhuber, ÖVP-Gesundheitssprecher im EU-Parlament: „Auf der Suche nach dem Impfstoff dürfen wir nicht als Länder oder Kontinente denken.“ Doch in Washington, Peking und Moskau sieht man das anders: USA und Russland blieben der Geberkonferenz demonstrativ fern, China schickte einen Beobachter.
„Die Rüpel-Taktik von Trump darf sich im Kampf gegen die weltweite Pandemie nicht durchsetzen“, sagt Andreas Schieder, SPÖ-EU-Delegationsleiter und fordert: „Die EU muss ihr gesamtes Gewicht in die Waagschale werfen, damit der Impfstoff ein Allgemeingut bleibt und keinem Land vorrangig geliefert wird.“
An die acht Milliarden Impfdosen wird es brauchen, bis die Weltbevölkerung ausreichend durchgeimpft ist. Wobei Gesundheitsexperten allerdings davon ausgehen, dass es reichen dürfte, etwas mehr als vier Milliarden Menschen zu impfen. Sie aber würden jeweils zwei Dosen benötigen.
Europäischer Impfplan
Das wird erneut Zeit verschlingen: Von der ersten Zulassung eines Impfstoffes – mit der heuer eher nicht mehr gerechnet wird – bis zur Durchimpfung der Weltbevölkerung wird es nach Expertenschätzung mindestens ein Dreivierteljahr brauchen.
Internationale Regeln für eine faire Verteilung von Impfstoffen gibt es nicht. Wie also vorgehen, wenn ein Impfstoff gefunden, erprobt und endlich zugelassen ist? „Die EU-Kommission ist gerade dabei, einen Impfplan und einen Verteilungsschlüssel der Dosen zu erarbeiten“, schildert ein europäischer Beamter in Brüssel dem KURIER. „Und die Schwerfälligkeit des Apparates hier kennend, bin ich überrascht, wie schnell jetzt alles geht.“So muss geklärt werden, nach welchen Kriterien die Impfstoffe verteilt werden und wer als erstes geimpft wird: Sofort das Gesundheitspersonal, dann die Älteren, die Menschen in Risikoregionen, Risikogruppen und dann die restliche Bevölkerung.