Politik/Ausland

Der Durchmarsch blieb dem serbischen Wahlsieger verwehrt

An seinem (klaren) Wahlsieg zweifelte niemand: Der serbische Staatschef Aleksandar Vučić schaffte am Sonntag erwartungsgemäß mit fast 60 Prozent der Stimmen gleich im ersten Durchgang den Wiedereinzug in den Präsidentenpalast. Allerdings: Seine SNS-Partei büßte im Parlament die absolute Mehrheit ein. Man darf gespannt sein, wie der 52-jährige Taktiker der Macht, der in Serbiens Politik bereits drei Jahrzehnte lang mitmischt, darauf reagieren wird. Denn obwohl in dem Balkanstaat der Präsident (wie in Österreich) primär repräsentative Aufgaben hat, ist Vučić im politischen Betrieb seiner Heimat seit Jahren das Maß aller Dinge.

Ultra-Nationalist

Seine Wurzeln hat der Jurist im ultra-nationalistischen Lager. Schon 1992 ist er der „Serbischen Radikalen Partei“ (SRS) des später als Kriegsverbrecher verurteilten Vojislav Seselj beigetreten, dessen Rechtsbeistand er dann auch wurde. Unter der Schirmherrschaft seines politischen Ziehvaters stieg Vučić schnell zum SRS-Generalsekretär auf. In dieser Funktion sagte er während des Bosnienkrieges im Juli 1995: „Wenn ihr einen Serben tötet, töten wir 100 Muslime.“ Wenige Tage später erfolgte das Massaker von Srebrenica, bei dem 8.000 Muslime von bosnisch-serbischen Einheiten ermordet wurden.

Minister unter Milošević

Als SRS-Spitzenfunktionär wurde Aleksandar Vučić 1998 zum Informationsminister bestellt, und das blieb er bis zum Sturz des Regimes von Slobodan Milošević. Unter der Ressortführung des Nationalisten wurden regierungskritische Medien mit hohen Geldstrafen belegt.

Doch 2008 erkannte Aleksandar Vučić die Zeichen der Zeit. Mit Tomislav Nicolić verließ er die SRS, gemeinsam gründeten die beiden die SNS. Und das mit einer eindeutig pro-europäischen Ausrichtung und dem EU-Beitritt als Endziel. Im Westen präsentierte sich Vučić forthin als Geläuterter, als Demokrat, dem „großen Bruder“ in Russland als Verbündeter mitten in Europa, und nach innen festigte er seine Machtposition, anfänglich als Vize-Premier (2012/2013), dann als Regierungschef (2014–2017) und schließlich als Staatspräsident.

„Entfacht gerne Feuer“

Vučić ist es gewohnt, auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Er zieht die Strippen vor und hinter den Kulissen. Und er versteht es geschickt, sich als „Retter in der Not“ zu gerieren – zuletzt zu Beginn des Krieges in der Ukraine. Seine dramatischen Auftritte sorgten für Hamsterkäufen in Supermärkten und langen Schlangen an den Tankstellen. Dann trat er auf, um zu beruhigen. Der Belgrader Analyst Boban Stojanović: Vučić „entfacht gerne Feuer“, um sie dann selber löschen zu können.

Und das Ganze werde medial abgesichert. Kritiker bemängeln eine weitgehend gleichgeschaltete Presse. Und attestieren dem 52-Jährigen generell, einen zunehmend autoritären Kurs einzuschlagen.