Brexit-Verhandlungen werden bis November verlängert
Die zehnminütige Rede Theresa Mays beim gemeinsamen Abendessen in Salzburg hat die EU-Staats- und Regierungschefs überzeugt: Für einen Ausweg aus dem Brexit-Scheidungsdrama reicht längst nicht, was die britische Premierministerin in Salzburg präsentierte.
Und so endete der informelle EU-Gipfel, zu dem Bundeskanzler Sebastian Kurz geladen hatte, mit dem dürren Ergebnis: May konnte mit ihren Forderungen, die EU müsse mehr auf London zugehen, die Einheitsfront der EU-27 nicht durchbrechen.
Unter Hochdruck wird weiter verhandelt, bis Ende Oktober. Dann soll, falls bis dahin das gewünschte Verhandlungsergebnis erzielt ist, bei einem Brexit-Sondergipfel am 17. und 18. November das Austrittsabkommen des Vereinigten Königreiches abgesegnet werden.
Auf dieses Datum haben sich die EU-Staats-und Regierungschefs geeinigt, nachdem Frankreichs Präsident Macron und Irlands Premier Varadkar ihren Widerstand dagegen aufgegeben hatten: Sie hatten befürchtet, der spätere Abschlusstermin der Gespräche würde den Druck auf die Briten mildern.
Die größte Hürde
Größte Klippe der Scheidungsgespräche ist nach wie vor die Nordirland-Frage. Zwar sind sich sowohl EU als auch London einig, dass mit dem Brexit per 30. März kommenden Jahres keine Grenze zwischen dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland und der Republik Irland entstehen darf: Doch die bisherigen Pläne, wie London dies umsetzen will, reichen der EU nicht.
Und jüngste, nachgebesserte Vorschläge von EU-Chef-Brexitverhandler Michel Barnier wies Premierministerin May wiederum als „inakzeptabel“ zurück.
In Salzburg drängte EU-Ratspräsident Donald Tusk: „Wir brauchen eine robuste, klare und präzise Lösung für die irische Frage.“
Strittig ist zudem auch, wie die künftige Zusammenarbeit zwischen EU und London aussehen soll. Nach Mays Plan („Chequers-Plan“) würde Großbritannien im EU-Binnenmarkt für Waren bleiben.
Das sieht man in der EU jedoch als absolutes „No-go“: Wenn London im Binnenmarkt bleiben wolle, dann bei allen vier Grundfreiheiten (freier Verkehr von Gütern, Personen, Dienstleistungen und Kapital) – oder gar nicht, lautet die klare Antwort dazu aus Brüssel.
"No-Deal-Szenario"
Die Zeit drängt. Einigt man sich nicht zeitgerecht auf ein Abkommen, droht ein „harter Brexit“ mit unweigerlichen Turbulenzen in der EU und Chaos in Großbritannien. „Mit einem No-Deal-Szenario möchte ich mich vorerst nicht beschäftigen“, sagte Kanzler Kurz, drängte aber erneut: „Beide Seiten müssen sich aufeinander zubewegen.“
In der EU weiß man: Vor Ende der Parteitage der britischen Labour und der konservativen Tories (bis 3. Oktober) sind keine Fortschritte bei den Verhandlungen zu erwarten.
Premierministerin May muss sich dort gegen den rebellischen Parteiflügel behaupten, der auf einen harten Bruch mit der EU dringt. Das aber wollen sowohl May als auch die EU-Staaten um jeden Preis vermeiden.
Ist der Scheidungsvertrag einmal erledigt, müssen ihn noch das EU-Parlament und das britische Parlament annehmen. Verweigern die britischen Abgeordneten hingegen mehrheitlich ihr „Ja“, käme es ebenfalls zu einem harten Brexit.
Verläuft die Scheidung friedlich, also mit einem Abkommen, würde Großbritannien in einer Übergangszeit bis Ende des Jahres 2020 den Regeln der EU weiter folgen, ohne mitbestimmen zu können. In diesem Zeitraum hoffen EU und London alle Details der künftigen Kooperation festschreiben zu können.