Belarus: Lukaschenko lässt russische Journalisten einfliegen
In Minsk sind offenbar russische Journalisten gelandet, die die Arbeit des staatlichen Fernsehens in Belarus aufrecht erhalten sollen.
Präsident Alexander Lukaschenko bestätigte am Freitag, dass Redakteure aus Moskau eingeflogen worden sind, um die streikenden weißrussischen Kollegen zu ersetzen.
"Ein heiliger Ort ist niemals leer", sagte Lukaschenko vor Landwirtschafts-Arbeitern. "Wir haben ungefähr 60.000 sogenannte Gastarbeiter in Russland. In verschiedenen Positionen, sogar in der Politik", beschwichtigt er. Den Kritikern, die warnten, Moskau werde sich einmischen und versuchen, Einfluss zu gewinnen, widersprach er dort: "Die Russen erheben keine Ansprüche an uns!"
Schon vergangene Woche hatte der russische Präsident Wladimir Putin dem umstrittenen weißrussischen Präsidenten in einem Telefonat Beistand zugesagt, "um die Sicherheit von Belarus zu gewährleisten".
Moskau soll am Freitag einem Agenturbericht zufolge die belarussische Regierung zum Dialog mit den Bürgern aufgefordert haben.
Beobachter hatten russische Einmischung vorhergesagt. Christopher Forst von der Friedrich-Ebert-Stiftung hielt in einem Gespräch mit dem KURIER ein militärisches Eingreifen Russlands beim weißrussischen Nachbarn zwar für sehr unwahrscheinlich. Jedoch erwartete der Beobachter der Region, dass Moskau dann auf hybride Maßnahmen zurückgreiften könnte: "Desinformationskampagnen und symbolische Aktionen, etwa Truppenverlegungen innerhalb Russlands an die weißrussische Grenze."
In Belarus protestieren seit der Präsidentschaftswahl am 9. August Zehntausende Menschen mit Demonstrationen und Streiks gegen Lukaschenko. Die Opposition spricht von Wahlbetrug. Sicherheitskräfte gehen hart gegen die Demonstranten vor. Während Russland Lukaschenko zum Sieg gratulierte, erkennt die Europäische Union das Wahlergebnis wegen Manipulationsvorwürfen nicht an. Russland ist der engste Verbündete von Belarus und zählt das Nachbarland zu seiner Interessensphäre. Lukaschenko, der Russlands Ambitionen zu einer engeren Integration bremste und gleichzeitig Forderungen der EU nach einer Demokratisierung zurückwies, gilt in Moskau als schwieriger, aber grundsätzlich verlässlicher Partner.
SPÖ-Funktionär im Lukaschenko-TV
In Österreich kritisiert unterdessen die ÖVP einen Fernsehauftritt eines SPÖ-Funktionärs im weißrussischen Staatsfernsehen als "skandalös". Der Standard und die Rechercheplattform Zackzack.at hatten zuvor berichtet, dass der Schwechater SPÖ-Vorsitzende David Stockinger, der auch Mitglied der Österreichisch-Weißrussischen Gesellschaft (ÖWG) ist, im Sender ONT aufgetreten sei. In einer 30-sekündigen Zuschaltung aus Österreich hatte Stockinger laut der ausgestrahlten russischen Übersetzung dabei zentrale Botschaften von Lukaschenko-nahen Propagandisten wiederholt: Oppositionsnahe soziale Netzwerke sowie Kanäle im Messagerdienst Telegram bezeichnete er etwa "eine der größten Bedrohungen für die Jugend", die einem möglichen Dialog störe.
Die aktuellen Proteste sieht die ÖWG mehrschichtig: "Einerseits gab es aufgehetzte, teils auch militante Gruppen unter den Demonstranten, die aktiv Ordnungskräfte attackierten, auf der anderen Seite gab es Polizeigewalt. Polizeigewalt gegen Unbeteiligte bzw. unschuldige Demonstranten, die ehrliche Kritik zum Ausdruck bringen möchten, ist jedoch abzulehnen und zu verurteilen."