Beim TikTok-Duell hängt Harris ihren Gegner Trump ab – aber nicht in Umfragen
Ohne die Generation Z ist die Wahl in den USA nicht zu gewinnen. Wer jünger als 30 Jahre ist bis hin zu jenen Amerikanern und Amerikanerinnen, die heuer zum ersten Mal wählen, hat in seinem Leben schon unzählige Videos gesehen. Und für alle gilt: je jünger, desto mehr TikTok-Videos.
Eine unverzichtbare Mobilisierungsquelle also, auf die sich vor allem Kamala Harris’ Wahlkampfteam sofort nach ihrer Nominierung als Präsidentschaftskandidatin mit Feuereifer gestürzt hat: 250 Mitarbeiter gehören allein dem digitalen Bereich an. Und mindestens 15 davon, „eine Gruppe wilder 25-Jähriger“ – wie es ein etwas älterer Wahlkampfmanager aus dem Team der Demokratin beschreibt – haben den Auftrag, Harris in die TikTok-Welt zu befördern.
Mit riesigem Erfolg: 1,5 Milliarden views (Aufrufe) verzeichnet Harris‘ Account KamalaHQ seit Ende Juli.
Da kann Kontrahent Donald Trump kaum mithalten, obgleich auch sein Account mittlerweile auf rund eine Milliarde Aufrufe kommt. Erst mit Verspätung ist der republikanische Ex-Präsident auf den rollenden TikTok-Zug aufgesprungen.
Trump, der die bei Jungen extrem beliebte Online-Plattform vor einigen Jahren noch verbieten lassen wollte, ließ sich widerwillig auf die Zugkraft der frechen Kurzvideos ein.
Auch wenn so manche Republikaner TikTok noch immer als „digitales Fentanyl“ beschimpfen, wusste der Wahlkämpfer Trump das Unvermeidliche: TikTok hat weltweit zwei Milliarden Nutzerinnen und Nutzer, in den USA laut Schätzungen mehr als 170 Millionen. Und: Jeder fünfte Trump-Anhänger sieht jeden Tag mindestens ein TikTok-Video.
„Niedergang der Nation“
Wenn Trump darin zu sehen ist, geht es meist düster her: Da ist vom „Niedergang der Nation“ die Rede; doch es gibt auch heitere Clips, in denen sich der 78-Jährige mit jungen Video-Künstlern unterhält.
Trumps Pannen und seltsame Aussetzer, versehen mit frechen Memes und Kommentaren, sind hingegen oft Gegenstand der TikTok-Videos aus dem Kamala-Harris-Lager.
Lachende Emojis
Ein 7-Sekunden-Video etwa zeigt Trump, wie er eine Menschenmenge fälschlicherweise auffordert, am 5. Jänner wählen zu gehen. „Bro kandidiert als Präsident und weiß nicht einmal, wann Wahltag ist“, lautet der Text neben einem lachenden Emoji. So machen sich Harris‘ junge Kampagnen-Mitarbeiter, aber auch die selbst gebauten Clips ihrer Anhänger die respektlose Internetkultur, Memes und Slang auf TikTok zunutze.
Nach der anfänglichen Harris-Begeisterung im Sommer scheint die Euphorie für die derzeitige US-Vizepräsidentin mittlerweile aber auch auf TikTok nachgelassen zu haben. In den Umfragen kommt die 60-jährig ehemalige Staatsanwältin kaum vom Fleck – seit Wochen liegen sie und Trump nahezu gleichauf. Und so bleibt fraglich, ob der rasante TikTok-Feldzug der Demokratin auch an der Urne Erfolge zeitigt.
Was sich allerdings doch zeigte: Der Anteil junger Wähler, die sich für den Wahlgang haben registrieren lassen, ist heuer spürbar höher als bei früheren Präsidentenwahlen.