Politik/Ausland

Anne Hidalgo regiert Paris im Ausnahmezustand

Anne Hidalgo tritt vor die Presse, es ist Samstagnacht, Stunden nach den blutigen Attacken in der französischen Hauptstadt. "Diese Nacht ist voller Schmerz, Leid und Trauer", sagt die Bürgermeisterin von Paris. Sie bedankt sich, bei der Polizei, den Sanitätern, und bei allen anderen, die in dieser schrecklichen Stunde helfen. Hidalgo ist sich sicher, Paris werde wieder leben, Paris sei eine Stadt der Freiheit und die Pariser werden nicht verstummen (Video unten).

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"Sie schwankt, geht aber nicht unter" ist der Wappenspruch in Paris. Er trifft auf Hidalgos Amtszeit zu. Acht Monate nachdem die in Spanien geborene Politikerin zur Bürgermeisterin gewählt wurde, ereignete sich das islamistisch motivierte Attentat auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo. Am Freitag folgten die schwersten Anschläge in der französischen Geschichte, bei denen mehr als 130 Menschen gestorben sind und Hunderte zum Teil schwer verletzt wurden.

Krisenmanagerin im Ausnahmezustand

Als die Sozialistin Ende März 2014 zum Stadtoberhaupt gekürt wurde, schwärmte sie von ihrer künftigen Aufgabe: "Bürgermeisterin von Paris zu sein, ist das schönste aller politischen Ämter, die Frankreich zu vergeben hat." Lange hat sie darauf gewartet, dreizehn Jahre stand sie als energische Vizebürgermeisterin im Schatten von Bertrand Delanoe, einer der ersten offen homosexuellen Politiker Frankreichs. Der sozialliberale Pragmatiker hinterließ Hidalgo eine Stadt mit hoher Lebensqualität.

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Jetzt regiert die 56-Jährige Paris im Ausnahmezustand, eine Geisterstadt nach dem Chaos am Wochenende. Sie war es, die mitentschieden hatte, dass Museen, Konzertsäle und Kinos geschlossen bleiben sollten; öffentliche Versammlungen waren untersagt; auch Hochzeiten und Geburtstagsfeiern sollten abgesagt werden.

Untypisch für Politiker

Der Werdegang der Dame ist untypisch in der Politik. Sie ist eine der raren Politikerinnen, die aus einer Einwandererfamilie stammen. "Ich habe mein Leben lang doppelt so viel arbeiten müssen, weil ich eine Frau und eine Einwanderin bin, das ist gewiss", sagte sie vor ihrer Wahl zur Bürgermeisterin.

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Geboren in einer andalusischen Kleinstadt bei Cádiz, mit zwei Jahren nach Frankreich ausgewandert. Ihr Vater musste vor der Diktatur Francos fliehen, die Familie folgte ihm. Ihre damalige Bleibe in Lyon war eine winzige Dachkammer mit einem Fenster und einer Matratze - für alle vier. Aber ihr Vater habe hart gearbeitet, um etwas Besseres zu finden.

Hidalgo erkämpfte sich ihr Studium und zog dann nach Paris, in jene Stadt, von der sie immer träumte. Kurz darauf wird sie zur Inspektorin zur Überwachung des Arbeitsrechts, entdeckt den Feminismus und geht in die Politik. Ihr Lebensweg, so sagt die linke Feministin, erlaube es ihr, Migranten mit ihren Schwierigkeiten besser zu verstehen.

Hidalgo: "Paris hält Stand"

Am Tag nach den Attacken in Paris entwickelte sich Hidalgo, wie auch nach den Anschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo, zur Krisenmanagerin. Sie eilte von einem Ort zum anderen, besuchte Unglücksstellen, Krankenhäuser, in denen die schwer verletzten Opfer lagen. Sie spendete den Angehörigen Trost und zahlreichen Helfern Dank.

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Hidalgo gilt als zurückhaltend und leise. Sie ist keine große Rednerin, ein fulminanter Auftritt liegt ihr nicht. Sie steht da, koordiniert und sagt: "Diese Nacht ist voller Schmerz, Leid und Trauer, aber Paris hält Stand."

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