Jagd auf Asylwerber: Trump mit Großaktion gegen Illegale
Von Dirk Hautkapp
Der Ansturm von Asylsuchenden an der US-Südgrenze ist nach drastischen Maßnahmen im Juni deutlich zurückgegangen. Donald Trump ist das nicht genug. Der Präsident will die Front der Abschreckung, die Menschen im von Armut, Korruption und Gewalt verseuchten lateinamerikanischen Hinterhof der USA vor dem Zug gen Norden abhalten soll, weiter befestigen. Ab morgen, Sonntag, wird die Einwanderungspolizei ICE darum in großen Städten wie Atlanta, Baltimore, Chicago, Denver, Houston, Los Angeles, Miami, New York und San Francisco gezielt nach 2000 Familien fahnden, die sich illegal in den Vereinigten Staaten aufhalten.
In Lagern interniert
Wie US-Medien berichten, angefangen von der New York Times, sollen die Aufgegriffenen mit ihren Kindern in provisorischen Lagern in den Bundesstaaten Texas und Pennsylvania interniert und so schnell wie möglich in ihre Heimatländer abgeschoben werden.
Mit der landesweiten Razzia macht Trump in kleinerem Maßstab wahr, was er bereits im Juni angedroht hatte. „Millionen von illegalen Ausländern, die unerlaubterweise ihren Weg in die Vereinigten Staaten gefunden haben, werden so schnell zurückgeschickt, wie sie gekommen sind“, sagte Trump damals. Er machte aber auf Drängen der Demokraten, die von einer „unmenschlichen, herzlosen“ Aktion sprachen, am Ende einen Rückzieher.
Mit Blick auf den Wahlkampf für 2020 und sein mehrfach gegebenes Versprechen an seine Basis, rigoros gegen illegale Einwanderer vorzugehen, wagt Trump nun einen neuen Anlauf. Wie aus dem Heimatschutzministerium zu hören ist, sollen zuvorderst Familien dingfest gemacht werden, die der Vorladung zur einer gerichtlichen Anhörung über ihr Asylgesuch nicht gefolgt sind. Allerdings wird nicht bestritten, dass die für ihr wenig zimperliches Auftreten bekannten ICE-Beamten auch „Beifang“ mitnehmen, wenn er sich bietet.
Das heißt: Menschen mit abgelaufenem Aufenthaltsvisum, die wie das Gros der geschätzt 20 Millionen Illegalen teilweise seit zehn Jahren und länger unauffällig in den USA leben und arbeiten, bevorzugt in Branchen wie der Landwirtschaft oder der Gastronomie, wo geringe Löhne gezahlt werden. Da die örtlichen Behörden in den einzelnen Bundesstaaten für Aufenthaltsberechtigungen nicht zuständig sind und diese daher in der Regel nicht kontrollieren, leben Millionen Illegale ein reguläres Leben. Sie zahlen Steuern, ihre Kinder gehen in die Schule.
Im Kongress gehen die oppositionellen Demokraten auf die Barrikaden. Sie werfen Trump vor, mit Absicht in Migranten-Milieus Angst und Unsicherheit verbreiten zu wollen. New Yorks Bürgermeister Andrew Cuomo spricht von einem „schäbigen Anschlag auf Familien“. Für Undokumentierte sei es künftig nicht mehr selbstverständlich, morgens zur Arbeit zu fahren, die Kinder zur Schule zu bringen oder den Einkauf zu erledigen. Eine Begegnung mit ICE – und schon könne das Leben in Amerika vorbei sein.
„Grausamkeit“
Nancy Pelosi und Chuck Schumer, die tonangebenden Demokraten im Kongress, bezichtigen Trump der „Grausamkeit“. Sie rieten potenziell Betroffenen, sich richterlich unterzeichnete Papiere vorlegen zu lassen, falls sie auf die Einwanderungspolizei stößen. Ähnlich agieren viele Flüchtlingshilfe-Organisationen. Via Telefon-Hotline geben sie seit Tagen Verhaltensregeln aus und juristischen Beistand. Dass der Präsident bewusst ein „Klima der Angst“ erzeuge, halten sie für unverhältnismäßig.
Auf republikanischer Seite wird die Kritik als heuchlerisch empfunden. Unter Trumps Vorgänger Barack Obama seien insgesamt 1,6 Millionen Illegale abgeschoben worden, 400.000 allein im ersten Amtsjahr 2009, sagte ein Lobbyist der Regierungspartei im Sender CNN.
Die Bürgerrechtsorganisation ACLU will sich mit Trumps Nadelstich nicht abfinden. Sie hat Klage eingereicht, um die Deportationen in letzter Minute zu verhindern.