Ulrike Lunacek hatte keine Chance. Von Anfang an
Von Thomas Trenkler
Ulrike Lunacek ist also zurückgetreten. Weil sie ihre Ziele in der Coronakrise nicht erreichen konnte.
Denn sie hatte keine Entscheidungshoheit, war immerzu angewiesen auf das Goodwill des Finanzministers Gernot Blümel und die Vorgaben von Gesundheitsminister Rudi Anschober.
Man hatte ihr aber auch keine Chance gelassen. Nein, nicht erst seit Beginn des Lockdowns Mitte März. Sondern von Anfang an. Weil Ulrike Lunacek nicht aus dem "Milieu" kam.
Man belächelte zum Beispiel, dass sie im Theater Brett mitgespielt hatte. Man haute gleich auf sie ein, weil sie sich erdreistet hatte, ein Konzert von Bob Dylan langweilig empfunden zu haben. Und weil sie einbekannte, die Entscheidung der Nobelpreisjury für Peter Handke nicht nachvollziehen zu können.
So war schon der Start verhaut.
Und manche Oppositionspolitiker sehen mit einem Blick das schwächste Glied in der Kette. Im Fall von Türkis-Grün war das Ulrike Lunacek. Eben weil sie als Staatssekretärin "nur" Teil des Ministeriums von Vizekanzler Werner Kogler war. Und so droschen Thomas Drozda (SPÖ) und Sepp Schellhorn (Neos) immerzu auf Lunacek ein. So ist das perfide Politspiel.
Jetzt können sich alle die Hände reiben: Neben Drozda und Schellhorn auch Lukas Resetarits, Herbert Föttinger, Stermann und Grissemann etc. Ja, ihre Treibjagd auf eine Frau war erfolgreich. Vielleicht war es nicht nur eine Treib-, sondern sogar eine Hexenjagd.
Doch was haben all diese Männer nun gewonnen?
Ulrike Lunacek sagte in ihrer Rücktrittsansprache ein paar wichtige Dinge. Zum Beispiel, dass zur Freiheit der Kunst auch die Verantwortung gehört. Und sie wies erneut auf das fragile Dreieck von Gesundheitsschutz, Eigenverantwortung und Wirtschaftlichkeit hin.
Was sie damit sagen will, ist: Man kann die Theater, Opernhäuser, Kinos und Konzertsäle nicht einfach aufsperren - und wieder im Vollbetrieb führen. Weil es unverantwortlich wäre. Denn normalerweise besuchen vielleicht 25.000 Menschen oder noch mehr die Bühnen und Säle in Wien. Das sind vielleicht 200.000 Besucher in der Woche. Und was ist, wenn einer darunter mit dem Coronavirus infiziert ist?
Ulrike Lunacek sagte zudem, dass die Coronakrise ein seit vielen Jahren bestehendes Problem offensichtlich gemacht habe: Viele, extrem viele freischaffende Künstler leben in prekären Verhältnissen. Dieses eklatante Problem hat sie geerbt - von der SPÖ. Denn die Sozialdemokraten waren über Jahrzehnte für die Kunstpolitik zuständig. Aber weder Claudia Schmied noch Thomas Drozda haben entscheidende Maßnahmen gesetzt. Sie haben bloß evaluieren lassen, wie schlecht es den Künstlern geht.
Und dieses enorme Problem: Es lässt sich nicht von heute auf morgen beseitigen.
So sitzt auch die Nachfolgerin von Ulrike Lunacek auf einem Schleudersessel.