Wenn in der Krise sogar das Helfen teurer wird
Von Julia Schrenk
Zuerst war die Frau weg, dann die Wohnung – und Herbert fand sich vergangenen Winter auf der Straße wieder. Zum zweiten Mal in seinem Leben. Herbert geht in die Gruft, ins Tageszentrum für obdachlose Erwachsene der Caritas Wien in der Barnabitengasse. Er bekommt dort zu essen und einen Schlafplatz für die Nacht. Und nimmt das Angebot, mit einer Psychotherapeutin das Erlebte aufzuarbeiten, in Anspruch.
Zum ersten Mal in seinem Leben.
Etwa 20.000 Menschen sind in Österreich derzeit wohnungslos. 148.000 leben in Wohnungen, die sie nicht angemessen heizen können. Und einige Hundert sind in Wien derzeit „akut obdachlos“, sagt der Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner. Sie haben weder eine eigene Wohnung, noch finden sie zwischenzeitlich bei Freunden Unterschlupf. Der Druck auf die Menschen steigt: Zu Pandemie kamen Teuerung und Inflation.
Auch früher gab es Mindestpensionisten, die sich im Winter entscheiden mussten, ob sie ihre Wohnung heizen oder Lebensmittel kaufen. Mittlerweile ersuchen Menschen bei der Caritas um Hilfe, deren Energiekosten höher sind als die Miete. Selbst vor dem Winterpaket, das die Caritas jährlich mit einem Promi – heuer Christopher Seiler von „Seiler & Speer“ – macht, macht die Teuerung nicht halt. Um 50 Euro konnte man bisher einer obdachlosen Person einen winterfesten Schlafsack und eine warme Mahlzeit spenden. Mittlerweile sind es 70 Euro für den Schlafsack, dafür gibt es sieben warme Mahlzeiten dazu. (Konto: AT16 3100 0004 0405 0050. Kennwort: „Gruft Winterpaket“).
Herbert muss in diesen kalten Tagen nicht draußen schlafen. Seit Ende November wohnt er in einer Start-Wohnung der Caritas. Im Jänner beginnt er wieder zu arbeiten.
In der Gruft will er weiter als Freiwilliger mitarbeiten. Weil man ihm dort geholfen hat. Nicht zum ersten Mal in seinem Leben.