Warum man für Wien geboren sein muss
Von Julia Schrenk
Lösen Sie folgende Textaufgabe:
An einem gewöhnlichen Zebrastreifen in einem Wiener Innenstadtbezirk stehen auf jeder Seite etwa sieben Personen. Sie warten darauf, bis die Ampel Grün zeigt und sie die Straße passieren können. Ein Mann fortgeschrittenen Alters kommt hinzu und sagt: „Na drucken messat ma hoit scho a.“
Hat der Mann …
a) … alle anderen Personen an der Kreuzung für Trottel gehalten
b) … seinen Grant an anderen auslassen wollen
c)… nur einen schlechten Tag
d)… sich falsch ausgedrückt und es nicht so gemeint?
Wer in dieser Stadt wohnt, weiß: Antwort b) ist korrekt. Und weil die Anwendung von b) nur dann richtig funktioniert, wenn man auch a) verinnerlicht hat, ist auch Antwort a) richtig. Denn natürlich hatte schon jemand den Ampelknopf gedrückt.
Der Wiener Grant ist kein neues Phänomen, aber er wurde den Wienerinnen und Wienern jetzt wieder einmal offiziell bescheinigt. In seinem Expat City Ranking (einer Rangliste der weltweit besten Städte zum Leben und Arbeiten) kommt das Münchner Unternehmen Internations zu dem Schluss, dass Wien die unfreundlichste Stadt der Welt ist.
Befragt wurden dafür 12.420 ins Ausland entsandte Arbeitskräfte (Expats). Zwar belegt Wien Platz 1 bei der Lebensqualität, in Sachen Eingewöhnung muss es sich aber mit Platz 50 von insgesamt 57 zufriedengeben. Die Expats tun sich schwer, hier Freunde zu finden (Platz 45), sie fühlen sich nicht willkommen (Platz 42). Und: Von Rom bis Kuala Lumpur sei Wien die unfreundlichste Stadt von allen.
Jetzt muss man eine nicht-repräsentative Umfrage unter etwas mehr als 12.000 (davon 140 in Wien) ausschließlich ins Ausland entsandter Arbeitskräfte nicht überbewerten. Aber eines veranschaulicht diese Rangliste schon auch recht deutlich:
Für Wien muss man geboren sein. Egal, woher man kommt.