Live ist nicht gleich live: Von Eiern im „EM Look“ und Torjubel-Verzögerungen
Von Marco Weise
Wer kein Fußball-Fan ist, hat es nicht leicht. Im Fernsehen läuft meistens der Ball, das Stammbeisl wird von Fans belagert und in den Social-Media-Blasen dreht sich alles um schlechte Schiedsrichter (der im Spiel Österreich gegen Frankreich zum Beispiel), schlechte Rasenqualität (die nicht angewachsene Wiese in Frankfurt) und lächerliche Eigentore (Türkei). In Wien, wo die Deutschen mittlerweile die zweitgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe darstellen, wird man auch noch ständig mit den Farben Schwarz-Rot-Gold konfrontiert.
Wer Erholung vom Fußball sucht, sollte nicht einkaufen gehen: Denn im Supermarkt fliegen einem die Bälle um die Ohren. Im Fleisch-Regal gibt es einen „Cordoba Mix“. Dieser beinhaltetet drei Käsekrainer und zwei Bratwürstel. Sehr lustig ...
Der Geheimratskäse heißt neuerdings „Matchball“, es gibt „Fußballfladen“, eine „Männerhandtasche in XXL“ (gefüllt mit verschiedenen Biersorten), „Goal Chips“, Eis in Form eines Fußballs, Eier im „EM Look“, eine „Immer-wieder-Leberkäs“-Aktion. Man sieht bereits Fußbälle, wo gar keine sind, und hat das Gefühl, dass man mit jedem gekauften Antipasti-Teller Italien unterstützt. Es wird, man kann es aktuell zwar nicht glauben, eine Zeit nach der Europameisterschaft geben. Was passiert danach mit dem ganzen Zeug? Aber bis zum Finale bleibt ja noch Zeit.
Eine andere Erkenntnis ist, dass live nicht gleich live ist. Das merkt man spätestens, wenn im Nachbarhaus bereits gejubelt wird, während bei einem am Laptop noch der Ball in der Innenverteidigung hin und her geschoben wird. Wer sich das im Internet via „Live-Stream“ ansieht, ist mit einigen Sekunden Verzögerung dabei. So macht Fußballschauen keinen Spaß.
Nervig auch jene Public-Viewing-Fußball-Fans, die via Smartphone-Signal über ein Tor informiert werden und dann alle im Umkreis (stolz) informieren, dass bald irgendetwas am Platz passieren wird. Hallo, geht’s noch?! Wer Fußball-Fan ist, hat es nicht leicht.