Ivan der Schrecklose übernimmt Schönbrunn
Von Michael Hammerl
Eskapismus. Während das linke Justemilieu zum meteorologischen Herbstbeginn männerfreie Planschtage fordert, hat meine privilegierte Durchlaucht divergierende Vorstellungen von einer perfekten Welt.
Beginnen wir im Kleinen: Wien ist mir zu langweilig. Wie ließe sich das ändern?
Mich peinigt dieser wiederkehrende Fiebertraum. Am anderen Ende der Welt, da lebt ein guter Freund von mir. Nennen wir ihn Ivan – Ivan der Schrecklose.
Unser Kontakt ist zuletzt abgeflaut, nachdem mich Ivan um „etwas“ Geld gebeten hat. Er wollte sechs Lokalpolitiker bestechen, um seine eigene Polit-Karriere zu pushen. Nein, der Mann ist kein nigerianischer Prinz – dann hätte er doch keine lokalpolitischen Ambitionen.
In seinem Land laufen die Dinge eben anders. Jedenfalls hält sich meine Bereitschaft, in korrumpierte Lokalpolitik am anderen Ende der Welt zu investieren, aktuell in Grenzen. Ivan und ich halten Kontakt, aber ja, die Stimmung ist unterkühlt.
Dennoch fantasiere ich davon, dass er seine treuesten Vasallen zusammentrommelt, Pfeil und Bogen, ein paar glänzende Macheten, seinen Selbstgebrannten nebst anderen Rauschmitteln einpackt und seine Gemeinschaft ins gelobte Abendland führt.
Dann sollten sie vorzugsweise in Schönbrunn – das wäre nett – einige Bäume schlägern, Hütten zimmern, Plastikhaufen anzünden, im Tiergarten ein paar Wasserschweine erlegen und sie dann in Erdlöchern vor der Gloriette dampfgaren.
So hätte ich diesen wunderbaren Wahnsinn, der wegen Pandemie und Flugscham unerreichbar weit weg scheint, quasi direkt vor der Haustür. Wien wäre nicht mehr langweilig und kulturell noch bunter. Ivan und sein Tross glauben nämlich fest an Hexerei.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man diesen Text nicht ernstnehmen sollte.