Zwischen Schweigen und Erregung
Von Michael Hufnagl
Freiwilliger Verzicht auf das übliche Aufklauben aller denkbaren Worthülsenfrüchte.
über die Woche im Rückblick
Jetzt wird geschwiegen. Und diese Stille hat sich das Volk auch irgendwie verdient. Der Wahlkampf war lang und die Phrasen-Frequenz im Extrembereich. Umso wohltuender daher das aktuelle rot-schwarze Credo: Keine Interviews in dieser ersten Phase der Verhandlungsrunden. Freiwilliger Verzicht auf das übliche Aufklauben aller denkbaren Worthülsenfrüchte.
Was aber auch bedeutet, dass keine der im Stakkato veröffentlichten Personalrochaden dementiert oder bestätigt wird – ein Fest für Spekulanten. Ein paar Tage noch, und Shootingstar Sebastian Kurz wird zum neuen Superminister für Inneres, Äußeres, Justiz, Wirtschaft und Weltfriede erklärt.
Die Ruhe vor dem Verkündungssturm bewirkt jedenfalls, dass auch die Signalstärke der Verhandlungsteams unkommentiert bleibt. Dass zum Beispiel das 13-köpfige SPÖ-Team dank der jeweils 44-jährigen Nachwuchskräfte Klug und Schieder ein Durchschnittsalter von 58,2 Jahren besitzt – na also, wenn das kein Beweis für Frische und Erneuerung ist.
Vier Frauen
Spannend wäre auch die Antwort auf die Frage gewesen, wie es passieren konnte, dass sich unter den 26 rot-schwarzen Tüftlern ernsthaft 4 Frauen befinden. War dieses 15-%-Quartett wirklich nicht zu verhindern? Wie bitte soll in dieser Republik in Ruhe Zukunft gemacht werden, wenn man im großkoalitionären Altherrenklub nicht unter sich sein kann?
Auch egal, mögen sich alle denken, die Worte wie „neuer Stil“ vernommen haben. Jetzt geht es in den Arbeitsgruppen wochenlang darum, den Superkleber für das zerschlagene Porzellan zu entwickeln. Um dann offiziell zu erklären, was ein Kompromiss im Gegensatz zum Verrat der eigenen Überzeugung ist – frei nach den Erkenntnissen einer geheimen Umfaller-Evaluierungskommission.
Pech jedenfalls für Monika Lindner, dass ihr „Ja“ zum Team-Stronach-Mandat ausgerechnet in die Still-Zeit der Regierungsbildenden fiel. So hatte sie und ihr Entschluss, entgegen der Ankündigung doch als Wildfang im Nationalrat herumtoben zu wollen, die Exklusivrechte auf den medialen Fokus. Groß war die Erregung über Lindners Verständnis von Moral, noch größer jene zum Vorwurf der Habgier. Gemein. Immerhin bewies sie schon, ehe sie überhaupt im Amt ist, ihr diplomatisches Geschick. Als sie den Gagenverzicht ausschloss, weil: „Ehrenamtliche und unentgeltliche Tätigkeiten werden nicht ernst genommen.“ Jawohl! Zeit ist es geworden, dass jemand die Parlamentsbühne betritt und es den rund drei Millionen Ehrenamt-Idioten des Landes einmal richtig reinsagt.
Ein BB
Fern der politischen Agenda durften wir darüber staunen, wie lustvoll sich die Medien des Landes vor dem Wien-Besucher Boris Becker auf die Knie warfen. Allerdings nicht, um ihn zu dessen sonderbarer Verhaltensauffälligkeit oder zu seinem Geheimnis, wie es sich ohne jeden Humor leben lässt, zu befragen. Sondern lediglich, um seine als Biografie getarnte Klatschspalte zu vermarkten.
Apropos: Die Exfreundin von Felix Baumgartner gratulierte dem Stratos-Team via Facebook zum Jahrestag des Abenteuers. Das ließ für Österreich nur einen Schluss zu: „Klingt nach Liebescomeback.“ Baumgartner selbst schwieg bis jetzt dazu. Und auch das tut gut.
michael.hufnagl@MHufnagl