Leben/Gesellschaft

Alles am Kindeswohl orientieren: Was die Kinderrechte fordern

Heute vor 30 Jahren wurden die Kinderrechte von der UNO präsentiert. Seitdem werden an jedem Jahrestag Verständnis und Wille gezeigt. Beim runden Jubiläum wird auch Bilanz gezogen. Und die ist nicht rosig, wenn man Birgit Schatz zuhört: „Die Kinderrechte bestehen auf dem Papier, werden aber auch in Österreich noch immer nicht vollständig umgesetzt.“ Dabei würde mehr Wissen schon helfen.

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„Derzeit sind die Kinderrechte weder in Lehrplänen verankert noch in den Ausbildungen jener, die mit Kindern arbeiten“, sagt die Expertin von SOS-Kinderdorf. „Die Rechte von Kindern müssen ins Bewusstsein aller rücken. Deshalb fordern wir von der zukünftigen Regierung entsprechende Taten. Bei der Umsetzung der Kinderrechte in Österreich sind dringend Nachbesserungen nötig.“

Immer das Kind im Auge

Einige Grundprinzipien der Kinderrechte werden derzeit kaum berücksichtigt, findet Schatz: „Es kann nicht sein, dass man eine ‚Sozialhilfe neu‘ beschließt, obwohl man weiß, dass sie den Kinderrechten widerspricht. Oder dass das Bildungssystem viele Schüler benachteiligt.“ Die Kinderrechte gelten bis zum 18. Geburtstag und beinhalten das Gebot der Antidiskriminierung, wonach alle Kinder gleich behandelt werden müssen. „Dazu kommt das Kindeswohlvorrangsprinzip: Bei Entscheidungen, die Kinder betreffen, hat man sich primär am Kindeswohl zu orientieren.“

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Die konsequente Umsetzung dieses letztgenannten Punktes würde einen deutlichen Paradigmenwechsel einläuten, weil dann immer die Frage im Mittelpunkt steht, wie sich Entwicklungen auf die Kinder auswirken – statt zum Beispiel auf den Wirtschaftsstandort.

Einklagbarkeit

Organisationen wie das SOS-Kinderdorf orientieren sich bei ihrer Kinderrechts- und Kinderschutzpolitik an den genannten Grundprinzipien. Schatz: „Man muss die Kinderrechte da als Potenzial sehen. Das ist eine positive Perspektive für die Entwicklung unserer Gesellschaft.“

Die Frage, ob die Kinderrechte endlich vollständig in die Verfassung aufgenommen werden, sei gar nicht entscheidend. Das wird oft gefordert, von der Politik aber problematisch gesehen, weil sie dann einklagbar wären. „Sie hätten in der Verfassung natürlich einen verbindlicheren Charakter als über die Kinderrechtskonvention.

Aber man muss sagen, dass auch jene Punkte, die schon in der Verfassung stehen, nicht am Rechtsweg eingefordert werden. Das ist für die Betroffenen zu kostspielig und langwierig.“

Auch im Umgang mit Eltern ist Schatz gegen Zwang, aber für mehr Unterstützung: „Man muss Elternbildung so organisieren, dass sie wirklich bei Eltern ankommt.“ Denn je früher Kinderrechte – wie jene auf bestmögliche Bildung, Entwicklung oder Gesundheit – wahrgenommen werden, umso besser ist es für die Zukunft des Kindes. „Aber auch für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Das müssen wir erkennen.“ Axel N. Halbhuber