Leben/Reise

Sterzing in Südtirol: Das Dolce Vita gibt es auch im Norden

Ja, es war ein Fehler, dass Sie noch nie nach dem Brenner in Italien in der ersten größeren Stadt stehen geblieben sind. Dann befinden Sie sich nämlich im italienischen Teil des Wipptals und die unscheinbare Stadt heißt Sterzing. Vipiteno, so der italienische Name, sagt dort eher keiner, höchstens die fünfundzwanzig Prozent italienischstämmige Bevölkerung. Obwohl „Sterzing“ sagt ja eigentlich auch keiner, das muss man tirolerisch aussprechen, „Sterrzng“ oder so.

Die Siedlungsgeschichte reicht lange zurück

Das Tirolerische kann die Stadt kaum verleugnen, selbst das Stadtwappen zeigt einen Pilger mit Kapuzenmantel, Krücke und Rosenkranz, über den sich schützend der rot-gelbe Tiroler Adler erhebt. Und das seit fünfhundert Jahren. Der Name Sterzing ist nochmal vierhundert Jahre älter. Und natürlich hatten die Römer schon hier gesiedelt, und Ötzis (Todeszeitpunkt 3258 ± 89 v. Chr.) Entourage dürfte hier auch einst herumgewandert sein.

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Ohne Sie da sehr zu langweilen, ein bisschen Geschichte muss man schon erzählen. Über die erste große Blüte im 15. Jahrhundert – als im Wipptal wegen der neuen Silberminen und der geografisch zentralen Lage das kleine Sterzing trotz geringer Einwohnerzahl nicht nur Zentrum des Bergbaues war, sondern auch eine bedeutende Rolle als Handels- und Marktplatz, Gerichtssitz, Tagungsort, Verkehrsknotenpunkt und Mittelpunkt bäuerlicher Wirtschaft, Kultur und Kunst innehatte. Viele der Gebäude von damals stehen noch heute.

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Und wenn man Historisches über Tirol oder Südtirol erzählt, darf und kann ein Name nicht fehlen: Der „Mander, s’ischt Zeit“-Urtyp des Rebellen, Andreas Hofer. Der fochte bei Sterzing seine erste Schlacht als Oberkommandant gegen die Bayern, und gewann. Es sollte nicht sein letzter Sieg bei einer Schlacht gegen die Bayern und Franzosen sein, aber, ohne zu viel zu verraten, gut ging das eher nicht aus für den „Anderl“.

Immerhin wurde er geadelt und sein Sohn wurde später „k. k. Tabakhauptverleger“ in Fischamend, der letzte direkte Hofer-Nachkomme Leopold ist übrigens am Grinzinger Friedhof begraben.

Sterzing heute? Berühmt für seine Milchprodukte (echt arg cremig), den Sitz des milliardenschweren Seilbahnbauers Leitner und Tourismus. Kein Wunder, Sterzing ist Mitglied der Vereinigung I borghi più belli d’Italia (Die schönsten Orte Italiens) und gegenüber Fotos von vor hundert Jahren haben sich gerade einmal die Namen der Geschäfte geändert, und da nicht alle. 

Der Zwölferturm als altes Wahrzeichen

Das Rathaus ist spätgotisch, der sechsundvierzig Meter hohe Zwölferturm wurde ebenfalls vor der „Entdeckung“ Amerikas gebaut, noch älter sind die Pfarr- und die „Heilig Geist“-Kirche samt „Heilig Geist“-Spital. Erwähnenswert ist noch der Weihnachtsmarkt, der ab 23. November losgeht.

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Familiäres Skigebiet

Direkt nördlich von Sterzing befindet sich mit dem „Rosskopf“ ein kleineres Skigebiet, westlich liegt das Skigebiet Ratschings-Jaufen, das mit nur acht sehr modernen Liftanlagen auf fünfundzwanzig Pisten mit achtundzwanzig Kilometern Länge zum Skivergnügen einlädt. Da geht es rauf auf bis 2.150 Meter, somit sind hier auch in Pre- und Post-Season herrliche Pisten zu erwarten – die aktuelle Wintersaison startet am 1. Dezember und endet am 7. April. Und mit 50 Euro für Erwachsene und 35 Euro für Kinder sind die Tageskarten im Vergleich zur Schweiz und Tirol gemäßigt. Familiär aufgefallen ist noch die gastronomische Qualität der Skihütten, mit bestem Essen aus zwei Welten, deftig tirolerisch und lukullisch italienisch.

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Anreise 
Die ÖBB haben tägliche Direktverbindungen nach Sterzing – in 5¾ Stunden  ab Wien. oebb.at

Übernachten
Zum Beispiel im Ratschingserhof mit Spa am Dach, eine Nacht ab 125 € p.P. ratschingserhof.com

Ski fahren ohne Massen im Gebiet Ratschings-Jaufen, 15 Min. von Sterzing entfernt –  mit moderaten Preisen. ratschings-jaufen.it/de

Highlights Winter- und Schneeschuhwandern, Langlaufen, Rodeln, Tourenski, Glockenweihnacht. suedtirol.com

Sterne und Hauben

Dabei geht es noch viel, viel besser. Fährt man von Sterzing südlich fernab der Autobahn durch den kleinen Ort Mauls und kehrt dort in die „Gourmetstube Einhorn“ der Hoteliersfamilie Stafler ein, lässt sich von Peter Girtler bekochen, wird man dem Herrgott danken, bei Sterzing von der Brenner-Autobahn abgefahren zu sein. Girtler hat sich inzwischen zwei Michelin-Sterne, vier Hauben und von uns eine Umarmung erkocht. Es sind wahrlich außergewöhnliche Kreationen, ein Mix aus Tradition und Moderne, die einem in der kleinen, getäfelten „Altdeutschen Stube“ serviert werden.

Was bleibt, ist die Gewissheit, dass es das sprichwörtliche süße Leben (dolce vita) nicht nur im Süden, sondern auch im hohen Norden, abseits des Massentourismus, gibt. Die Südtiroler stehen den Tourismusexperten im Norden und Osten Tirols in Sachen Know-how, Gastfreundschaft, Angebot und Komfort um nichts nach. Und die Preise notieren zwar längst nicht mehr in Lire – aber auch nicht in Franken.

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