Leben/Reise

Schroff, schön, sanft: Frankreichs Opalküste will entdeckt werden

„Machen Sie nicht allein, was wir jetzt gemeinsam tun“, warnt Maxim. Nämlich die Hosen hochkrempeln, Schuhe ausziehen und losmarschieren. Denn wer aus einem Binnenland kommt und nicht weiß, dass Ebbe und Flut hier meterhohe und kilometerlange Unterschiede ziehen, geht mitunter verloren. „In zehn Minuten wird sich das Meer zurückziehen“, sagt der quirlige Naturführer.
Zeichen zum Start, und das kühle Wasser des Atlantiks, hier im äußersten Nordwesten Frankreichs, umspült die Füße bis zu den Knöcheln. Man könnte stundenlang waten und sich von Maxim ununterbrochen die ungewohnte Pflanzenwelt des Naturschutzgebietes rund um die Mündung der Somme schildern lassen.

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Einfach genießen, dass dieses Stück Küste – so unbekannt, so wild-sanft, von Touristenmassen scheinbar vergessen – die lang vermisste Ruhe verspricht.
Bis dann einer schreit: „Da, da drüben!“ Und alle zücken ihre Ferngläser. Seelöwen! Viele! Hunderte! In Frankreich!!
Da liegen sie völlig entspannt auf den Sandbänken in der Somme-Bucht und aalen sich in der Sonne. „Sie machen die Banane“, lacht Maxim. Heißt so viel wie: Die Robben strecken Gesicht und Flossen zur Sonne hin, um sich aufzuwärmen.

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Anfang des 20. Jahrhunderts waren die Seelöwen völlig aus der Region verschwunden. Jetzt sind sie zurück, und werden strengstens geschützt. „Ihr Glück ist auch, dass niemand zu den Sandbänken, seien sie auch noch so nahe, hinschwimmen kann. Die Strömung ist zu stark“, warnt der studierte Biologe. Es gibt viele Juwelen zu entdecken, in diesem vermutlich unbekanntesten Flecken Frankreichs, der Hauts de France mit seiner Opalküste.

Silbrig funkelt hier der Atlantik, dann wechselt das Farbenspiel an der knapp 200 Meter langen Küste mit den breiten Sandstränden von irisierendem Blau zu mystischem Grün. Weiße Klippen wechseln mit sanften Dünen ab – wandern, radfahren, schwimmen, kite-surfen –, dem Bewegungsdrang sind keine Grenzen gesetzt. Und doch: Daran, dass es nicht immer so friedlich zuging, erinnern Reste des Atlantikwalls, der deutschen Verteidigungslinie aus dem Zweiten Weltkrieg. Und die Hügel mit ihren unzähligen Einbuchtungen, als wären sie grün bewachsener Emmentaler – sie sind die letzten Wundmale einer der schlimmsten Schlachten des Ersten Weltkrieges.

Kanonenkugeln gibt es auch im nahen Lille zu sehen. Aus dem Jahr 1792, als 35.000 österreichische Soldaten die Stadt – erfolglos – während der Französischen Revolution belagerten. Jetzt sind sie eingemauert an einer der prächtigen Fassaden in Lilles Altstadt zu entdecken. Überhaupt, eine einzige Entdeckung, diese quicklebendige, blühende Hauptstadt der Region, mit ihren flämischen Architekturschmuckstücken, ihren barocken Prachtbauten, Museen und den vielen jungen Studenten.

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Lange Zeit war die geschichtsträchtige Metropole unterschätzt, selbst Franzosen hatten da zumeist so ihre Klischees: Leben da nicht die Sch’tis? Jene provinziell angehauchten, aber gutmütigen Franzosen mit dem seltsam-kauzigen Dialekt? Genau, die Region rund um Lille ist die Heimat der Sch’tis, in der Stadt selbst ist es nicht zu hören, wohl aber in den Dörfern rundherum. Teile des in Frankreich meist gesehenen Films aller Zeiten – „Willkommen bei den Sch’tis“ – wurden aber in Lille gedreht.

Aber die großen Touristenmassen sind noch nicht angekommen. Von Lille bis Dünkirchen, von Calais die streckenweise völlig unberührte Küste entlang bis Boulogne-sur-Mer. Überall: geschichtsträchtige Meilensteine und kilometerlange Küstenwanderungen. Nur den Regen und das zuweilen kühl-raue Atlantikküstenwetter muss man auch mögen.
Und dazwischen immer und überall: Essen wie Gott in Frankreich! Die fangfrischen Austern! Und das zu Preisen wie nirgendwo sonst im Land.

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Es ist alles da, in diesem noch zu entdeckendem Winkel Frankreichs: Natürlich grandiose Schlösser – wie jenes von Chantilly. Und mondäne, teure von der Pariser Schickeria angesteuerte Badeorte – wie Le Touquet. Aber auch authentische Fischerdörfchen, die aussehen, als wäre die Zeit stehen geblieben. Kreideklippen und windgepeitschte Strände, Vogelreservate und Boulogne-sur-Mer, Frankreichs größer Fischereihafen mit dem größten Aquarium der Welt.

Anreise
Flug ab Wien nach Paris oder Brüssel, dann weiter mit Zug oder Mietwagen, austrian.com

Beste Reisezeit
Mai bis Oktober. Das Baden ist im Meer nur in den Sommermonaten anzuraten

Allgemeine Auskünfte
nordfrankreich-erleben.com und für generelle Auskünfte über das Reiseland Frankreich: france.fr
 
Ab Frühling 2024
bietet Raiffeisen Reisen einige Rundreisen nach Nordfrankreich, Hauts-de-France, an

Und dann wäre da noch Amiens. Schon mal gehört? Genau, die Geburtsstadt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Die Familie seiner Frau Brigitte betreibt dort seit sechs Generationen eine Konditorei. Aber Amiens, das ist vor allem eine der eindrucksvollsten gotischen Kathedralen der Welt. Lauter Superlative: Höchstes Kirchenschiff einer gotischen Kathedrale, größeres Volumen als Notre Dame im Paris. Das Haupt von Johannes dem Täufer wird hier aufbewahrt, seit 800 Jahren schon. „Ob es wirklich sein Schädel ist?“, wirft die Führerin während des Rundgangs durch die Kathedrale in den Raum. „Es gibt ja ein zweites Haupt in Damaskus. Aber wir wissen mit Sicherheit: Es handelt sich um einen Mann zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt, und er lebte zur Zeit von Johannes dem Täufer.“

Die Kathedrale Notre Dame d'Amiens
gilt als eines der weltweit schönsten Gotteshäuser. Mehr Infos

Das Nausicaa in Boulogne-sur-Mer
gehört zu den größten Aquarien der Welt. Mehr Infos

Im Fischerdörfchen Le Crotoy
scheint es so, als wäre die Zeit stehen geblieben. Mehr Infos

Das Cap Blanc-Nez
liegt südwestlich von Calais. Dort, wo die Dünen in Steilküste übergehen, ist es mit 134 Metern die höchste, windgepeitschte Erhebung. Mehr Infos

Die Somme-Bucht
hat ein 72 Quadratkilometer großes Mündungsgebiet. Mehr Infos

Das Schloss Chantilly
liegt nur 55 Kilometer von Paris entfernt. Mehr Infos

Allgemeine Auskunft
Atout France - Französische Zentrale für Tourismus und telefonisch unter: 01 5032892

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bietet Raiffeisen Reisen auch Rundreisen nach Nordfrankreich, Hauts-de-France, an

Wer aus der Kathedrale tritt, sieht auf einen vermeintlichen Platz einer Altstadt. Alles neu; nach historischem Vorbild wiederaufgebaut, nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges. Ein Feuersturm war durch die Stadt gefegt – doch die Kathedrale verschonte er wundersamerweise. „Für die Menschen in Amiens war klar“, erzählt die Touristenführerin, „das war die Hand Gottes.“