Leben/Reise

Hamburg: Im Spielertunnel der Kiez-Kicker von St. Pauli

Die deutsche Fußball-Bundesliga startet in die Saison 2024/25. Und zum ersten Mal seit sechs Jahren ist wieder ein Club aus Hamburg dabei. Allerdings nicht der sechsfache deutsche Meister und zweifache Europacup-Sieger Hamburger Sportverein. Denn der HSV musste 2018 als letztes bis dato immer erstklassiges Gründungsmitglied der Bundesliga den Weg in die Zweitklassigkeit antreten und bemüht sich seither vergeblich um den Wiederaufstieg.

Einziger Vertreter der Hansestadt in der Bundesliga ist heuer der Kult-Klub FC St. Pauli, der nach zwölf Saisonen in der zweiten Liga den Aufstieg schaffte, nachdem man schon in den Jahren zuvor gute Leistungen gezeigt hatte und erst im Endspurt der jeweiligen Spielzeiten gescheitert war. Nun dürfen sich die Kiez-Kicker (Kiez werden im Norden Deutschlands Dörfer und Siedlungen, aber auch Grätzeln in Städten genannt) wieder mit Leverkusen, Stuttgart, Bayern und den anderen Ligagrößen messen. Und doch ist auf St. Pauli so vieles anders als bei den meisten Fußballklubs des Landes.

Linke Rebellen

Kein Mensch ist illegal“ steht in Riesen-Lettern auf einer der Tribünen des Millerntor-Stadions; dreht man den Kopf, liest man „Kein Fußball den Faschisten“. Ausländerfeindliche, homophobe oder antisemitische Sprüche sind beim FC St. Pauli ein Grund, hochkant aus dem Stadion geworfen zu werden. Dafür ist – wiewohl nicht Teil des offiziellen Vereinswappens – überall der Totenkopf mit gekreuzten Knochen zu sehen. Das alte Piraten-Symbol steht für Rebellion und Ungehorsam und passt somit perfekt zum Kietz mit seinem alternativen Stadtbild und unangepassten Lebensstil.

Bis in die 1980er war der FC St. Pauli ein ganz normaler (meist zweitklassiger) Fußballklub mit chronisch leeren Kassen. Dann brachte die Hausbesetzer-Bewegung den Zustrom junger, linksalternativer Kiez-Bewohner, und die entdeckten den Klub für sich. So ist es kein Wunder, dass sich das Vereinsmuseum nicht nur mit Fußball, sondern auch ausführlich mit den Häuser- und Straßenkämpfen der wilden Jahre beschäftigt.

Gänsehaut pur kommt auf, wenn man den Spielertunnel von den Garderoben zum Spielfeld betritt. Rotes Licht, Graffiti an den Wänden und ein riesiger, perspektivisch in den Gang gemalter Totenkopf sorgen für Herzklopfen – nicht nur bei den gegnerischen Spielern.