Leben/Gesellschaft

Quiet Firing: Wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter vergraulen

Es ist eine Form des Mobbings, eine passiv-aggressive Strategie in Arbeitsverhältnissen, die in diesen Tagen für Diskussionsstoff sorgt: Quiet Firing (Leises Entlassen). Es beschreibt, wie Arbeitgeber ihren Mitarbeitern den Job so unangenehm machen, dass diese von selbst die Kündigung einreichen.

Das umgekehrte Phänomen, der Dienst nach Vorschrift, macht schon seit einigen Wochen die Runden. Wenn auch nicht unter diesem Namen. Quiet Quitting (Leises Kündigen), wird der sogenannte Trend bezeichnet, der aber kein unbekanntes Phänomen beschreibt: Dienstnehmer, die ihre Arbeit innerhalb der vertraglich vereinbarten Zeit erledigen, darüber hinaus aber keinen großen Enthusiasmus zeigen, mehr zu tun, sich einzubringen oder Initiative zu zeigen - und außerhalb der Arbeitszeit nicht erreichbar sind. Kein Wunder, meint IFES-Geschäftsführer Reinhard Raml dazu im KURIER-Interview: "Angesichts der aktuellen Krisen sind wir überlastet und psychisch belastet. Viele denken nun darüber nach, den Job zu wechseln. Die Rahmenbedingungen sind dafür jedoch zu unsicher und die Leute fühlen sich in ihrem Job gefangen. Deswegen ziehen sie sich zurück. Es ist ein Ausdruck des Frustes und eine Art, mit der Überforderung umzugehen."

Nun steht also das Quiet Firing im Fokus. Dabei wird oft sehr subtil vorgegangen. Man beschäftigt die Arbeitnehmer mit sinnlosen Aufgaben, und macht es ihnen schwer bis unmöglich, sich interessanten und prestigeträchtigeren Projekten zu widmen. Gleichzeitig werden die Zielsetzungen unerreichbar hoch geschraubt. Gehaltserhöhungen enthält man ihnen jahrelang vor und übergeht sie konsequent bei jeder Möglichkeit der Beförderung. Wertschätzung und Anerkennung für die geleistete Arbeit gibt es ebenso wenig, wie die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch - die betroffenen Arbeitnehmer werden auf Distanz gehalten. Bis es ihnen dann irgendwann einfach zu viel wird. 

Während also Quiet Quitting ein Ausweg ist, die eigenen Ressourcen und mentale Gesundheit zu schützen, greift das passiv-aggressive Quiet Firing die Psyche der Arbeitnehmer direkt an. "Für Unternehmen funktioniert es großartig ... irgendwann fühlen Sie sich entweder so inkompetent, isoliert und nicht geschätzt, dass Sie sich einen neuen Job suchen. So müssen die Arbeitgeber sich nie mit Mitarbeiterförderung oder Abfindungen auseinandersetzen", erklärt ein Recruiter auf der Jobplattform Linkedin

Offene Kommunikation

Hat man das Gefühl, dass der Arbeitgeber versucht, einen zu vergraulen, empfehlen Experten, sich mit Kollegen über die Situation auszutauschen. Ist man alleine betroffen, gibt es andere, denen es genau so geht, oder fühlen sich alle gleichermaßen benachteiligt? Wenn alle unzufrieden sind, ist wohl eine allgemein toxische Unternehmenskultur schuld.

Ist man sich aber sicher, dass es um Quiet Firing geht, sollte man das offene Gespräch mit den Vorgesetzten suchen. Sei es um quantifizierbare Zielsetzungen zu erarbeiten oder um die Gründe für die nicht zufriedenstellende Zusammenarbeit zu erfahren. In jedem Fall bekommt man ein klareres Bild von seiner Situation um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.