„Oma“ und „Opa“ abgefüllt: Selbstgebrautes Bier aus dem Seniorenheim
Von Elisabeth Kröpfl
Bier ist nicht gleich Bier. Ob ober- oder untergärig, dunkel oder hell, Lager oder Märzen: Der Biervielfalt scheinen keine Grenzen mehr gesetzt. In den letzten Jahren kurbelten Craftbeer- und Mikrobrauereien die Entwicklung fleißig an, heute ist die Getränkevielfalt größer denn je.
Auch die großen und mittelständischen Brauereien im Land punkten mit neuen Produkten und international honorierter Qualität. Neben Sorte und Geschmack zählt für immer mehr Menschen inzwischen aber auch, wo, wie und von wem der traditionelle Gerstensaft zubereitet wird.
Im Burgenland wird etwa aktuell eine alte Biersorte zurück auf die Getränkekarten geholt: In der Brauerei Kobersdorf präsentierte der Lebensmitteltechnologe Roland Pöttschacher kürzlich das erste Bohnenbier Österreichs (der KURIER berichtete).
Kein „Männergetränk“
Seit vergangener Woche ist in Wien außerdem das feministische Craftbeer "Muschicraft“ erhältlich. Hinter dem einprägsamen Namen steht die ehemalige Wiener Sozialarbeiterin Anna Sophie Tschannett, die mit dem Klischee von Bier als klassisches "Männergetränk“ aufräumen will. Gebraut wird das feministische Getränk in der Braumanufaktur Schalken in Wien-Ottakring – vegan und nachhaltig und in Zusammenarbeit mit einer Brauerin.
Doch nicht nur im 16. Wiener Gemeindebezirk, sondern auch im 23. wird regelmäßig der Braukessel angeworfen – und zwar im Kellergeschoß des Pensionistenheims Haus Atzgersdorf.
„Hellmut“ und „Hellga“
Unter fachmännischer Anleitung braut, befüllt und etikettiert dort ein Team aus sechs bis acht Personen einmal pro Woche Wiener Lager und Helles. Die Sorten tragen die Namen „Oma“, „Opa“, „Hellmut“ und „Hellga“. Denn die Bewohnerinnen und Bewohner des Pensionistenheims werden in sämtliche Schritte des Herstellungsprozesses miteinbezogen: vom Einmaischen über das Flaschenwaschen bis zum Zustoppeln und Aufkleben der Etiketten.
"Viele unserer Bewohnerinnen und Bewohner schätzen ein Glaserl in Ehren. Und sind daran interessiert zu wissen, wie das Bier ins Glaserl kommt“, sagt Robert Guschelbauer, Bereichsleiter des Gastronomischen Managements.
Das Bierbrauen ist Teil der Betreuung im Heim, eine sinnvolle Beschäftigung und soll außerdem die Teilhabe und Motorik der Bewohnerinnen und Bewohner fördern, so die Heimleitung. Der Brauprozess – und vor allem der dabei entstehende Geruch – wecke außerdem das Erinnerungsvermögen der betagten Brauerinnen und Brauer.
"Wir fangen rechtzeitig an unserem Brautag an und spätestens wenn wir beim Malzmahlen sind, werden die Bewohner von dem herrlichen Duft, der durch das ganze Haus zieht, angelockt“, erzählt Projektleiter Christoph Gruber.
Großes Sortiment
Zu kaufen gibt es die Biersorten für zwei Euro pro Flaschen in allen 30 Heimen der „Häuser zum Leben“. Das selbst gebraute „Oma“- und „Opa“-Bier ist aber nicht das einzige Produkt, das in den Pensionistenheimen entsteht.
Die Bewohnerinnen und Bewohner produzieren außerdem eigenen Honig, Kräutermischungen, Nussschnaps, Kuchen und Naschereien in der hauseigenen Patisserie.