Kultur

Warum Satiriker für das Nachrichtengeschäft so wichtig sind

Die Nachrichtenlage: So, dass man nie weiß, ob man weinen oder lachen soll.

Die Beziehung eines Teils des Publikums zum Journalismus: So, dass man als Journalist auf jeden Fall lieber weint als lacht.

 

Und trotzdem: Ein Bereich des Journalismus erlebte in den letzten Jahren einen sagenhaften Boom, hat fantastische Glaubwürdigkeitswerte und erfüllt die mediale Aufgabe vorbildlich, die Mächtigen zu kontrollieren und in die Schranken zu weisen.

Ja, es geht um die Satire.

Politische Satire ist in, insbesondere in den USA, wo die Late Night Shows fixer Teil des Lebens für Millionen Menschen sind. Jeden Abend zerlegen deren Moderatoren – im Rücken: ein paar Dutzend Gag-Schreiber – den vorangegangenen Polittag. Sie sind die Hofnarren unserer Zeit und sagen das über Politik, was sich andere gerne denken würden.

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Satire ist hier ein Entlastungsgefäß, in das man die oft bittere Ernsthaftigkeit des Alltags gießen kann, bevor einem davon schlecht wird.

Und sie richtet sich, wie jeder gute Humor und jeder gute Journalismus, von unten nach oben.

Hier wie da geht es darum, Wahrheiten aufzudecken, zu beleuchten. Im Journalismus: das, was die Mächtigen lieber im Dunkeln machen würden.

In der Satire: dass die Mächtigen, im grellen Licht des Witzes, keineswegs so unantastbar sind, wie sie es gerne hätten. Satire stellt sich mit der Kraft der guten Pointe über die oft altemännerverstaubten Machtverhältnisse.

Am 1. April startet das Satire-Portal kuriermitschlag.at: KURIER-Chefredakteurin Martina Salomon über Politik und Satire:

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Informationsauftrag

Es ist beides: Erstaunlich und irgendwie auch kein Wunder, dass in Zeiten des permanenten „Fake News“-Vorwurfs genau jene zu den glaubwürdigsten Journalisten zählen, die sich über die Nachrichten und die Politik lustig machen.

Es ist aber auch ein bisserl hinterlistig: Denn gerade die Satiriker bringen so – in Lachgelegenheiten verpackt – die Nachrichten an viele Menschen, die sich sonst längst aus dem Informationsgewusel ausgeklinkt haben.

So ist etwa für viele der Brexit nur noch in einer einzigen Form interessant: Als Satirevorlage.

Was irgendwie passt, denn Großbritannien ist Wiege dessen, was die populäre Fernsehsatire heute erst möglich machte.

Was etwa Monty Python in den 70er-Jahren im britischen Fernsehen aufführen konnten, wäre heute noch vielerorts undenkbar: Die Truppe nahm Politik, Medien, Religion („Das Leben des Brian“!) oder auch den heute so prägenden „kleinen Mann von der Straße“ und seine oftmals brutalen Aussagen über das Andersartige in allerhöchster Vollendung aufs Korn.

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Später dann folgte in England die ebenso beißende Politpuppensatire „Spitting Image“. Auch diese schonungslose Vorführung der britischen Politszene wäre etwa noch im heutigen ORF schwer vorstellbar.

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Selbstverteidigung

Aber das ist ein bisschen unfair, denn im deutschsprachigen Raum kommt viel Politsatire aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Der ORF holte etwa „Die Staatskünstler“ oder „Die Tagespresse“ ins Programm (um sie dann wieder rauszunehmen).

In Deutschland aber sind die „heute show“ und zuletzt auch Jan Böhmermann Referenzpunkte dessen, was Satire heute auch im regulären Fernsehen kann. Böhmermann hat vom ZDF-Spartenkanal aus den türkischen Staatspräsidenten oder auch die deutsche Medienbranche – nach einer Geburtstagsparty, bei der Rechtsextreme dabei waren – vor sich hergetrieben.

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Und Böhmermann zeigt noch etwas exemplarisch: Satire verteidigt dort, wo sie nicht nur gratismutig ist, die liberale Welt – und das ist keineswegs allen recht.