Salzburger Festspiele: Eidinger neuer "Jedermann", Altenberger "Buhlschaft"
Die Salzburger Festspiele bekommen einen neuen Jedermann: Lars Eidinger folgt im Jahr 2021 auf Tobias Moretti, der seinen Abschied von der Salzach bereits angekündigt hatte. Die neue Buhlschaft wird die Österreicherin Verena Altenberger. Die 33-jährige Salzburgerin ersetzt damit Caroline Peters, welche die ebenso legendär kurze wie viel beachtete Rolle heuer erstmals interpretiert hatte. Premiere der neuen Besetzung ist am 17. Juli 2021. Es wird weiter die Inszenierung von Michael Sturminger gespielt.
Tod und Teufel weiblich besetzt
Neben den beiden so bekannten Rollen krempeln die Festspiele dafür im kommenden Jahr aber auch das übrige Ensemble des "Jedermann" gehörig um. Es gibt einig - auch überraschende Wechsel - in der Besetzung und eine ganze Reihe von Rollen wird mit "Jedermann"-Neulingen besetzt.
Eidinger hatte es "insgeheim immer gehofft"
Lars Eidinger gesteht ein: „Ich hatte insgeheim immer gehofft, irgendwann für die Rolle des Jedermann angefragt zu werden, – und die Tatsache, dass ich mich damit nun in die Ahnengalerie der größten deutschsprachigen Theaterschauspieler einreihe, ist eine große Ehre, die mir zuteil wird. Ich bin dafür sehr dankbar. Es ist ein Lebenstraum, der in Erfüllung geht.“
Der „Jedermann“ sei ein Klassiker: „Was einen Klassiker ausmacht, ist die Tatsache, dass die Konflikte, die verhandelt werden, immanent sind. Das hat auch eine Tragik. Es sind Konflikte, die für den Menschen unüberwindbar bleiben, die ihn ausmachen. Wir werden die Zeit nicht erleben, in der Konflikte wie jene in ,Othello‘, ,Hamlet‘, ,Peer Gynt‘ oder eben in ,Jedermann‘ keine Brisanz oder Aktualität mehr haben. Die Konflikte im Jedermann sind universell und elementar."
Der Mensch werde in all seinen Facetten und Abgründen durchleuchtet, "es ist ein Spiegelkabinett oder -labyrinth, an dessen Ende der Spiegel selbst in den Spiegel sieht. Es lädt den Zuschauer ein, sich darin zu erkennen. Und darum geht es in der Kunst um Selbstreflektion und Erkenntnis. Wir sind Jedermann."
Über Verena Altenberger, die neue Buhlschaft, sagt er: „Ich habe sie bei den Dreharbeiten zu David Schalkos Adaption von ,M – Eine Stadt sucht einen Mörder‘ kennengelernt und das Gefühl gehabt, wir suchen nach dem gleichen. Sie ist eine sehr freie Spielerin, die sehr über den Partner geht. Auch ich bin immer stark vom Gegenüber abhängig, und ich glaube, dass man mit ihr sehr weit gehen kann, weil wir uns vertrauen.“
Altenberger: "Kindheitstraum" geht in Erfüllung
Verena Altenberger konnte zunächst gar nicht glauben, als sie vom Angebot der Festspiele hörte. Und sie sagte sogleich „Ja“. Denn die Schauspielerin ist Salzburgerin – und gibt nun. Im Sommer 2021, ihr Debüt bei den Festspielen. „Die Buhlschaft zu spielen und damit auch den magischen Festspielsommer in Salzburg direkt in dessen Epizentrum zu erleben, ist ein Kindheitstraum von mir. Und der geht jetzt in Erfüllung.“
Sie interessiert das emanzipatorische Erwachen der jungen Frau: „Ich meine, da ist eine Frau, die ihren Partner liebt, oder zumindest das empfindet, was sie als Liebe bezeichnet. Und dann merkt diese Frau – Hoppla – meine Liebe reicht anscheinend nicht bis in die Unendlichkeit. Ist es dann Liebe? Und wenn es nicht die reine und wahre Liebe ist, zu der der Mensch fähig ist – wodurch wird sie getrübt? Wo bestehen Machtverhältnisse zwischen den Partnern? Und sind es womöglich diese Machtgefälle, die eine Liebe auf Augenhöhe unmöglich machen? Mich interessiert auch, wie es – nachdem der Bruch stattgefunden hat – für die junge Frau weitergeht: Hat sie die Chance sich jetzt neu zu erfinden, sich überhaupt zu finden, unabhängig von einem Mann, als eigenständiges Individuum; was möchte sie jetzt? Leidet sie nun Qualen ohne ihren Mann oder wird sie jetzt Vorstandschefin oder passiert beides gleichzeitig?“
Der „Jedermann“ ist für sie ein Stück, das gerade in Salzburg mit der Stadt und ihren Menschen verwoben ist: „Das Stück ist ein Teil der Salzburger DNA und insofern nicht wegzudenken. Und dass Kapitalismus nicht die Antwort ist, dass wir gehen, wie wir gekommen sind – wie könnte das nicht zeitgemäß sein? Um das Stück vollends in unsere heutige Zeit zu holen und noch universeller zu gestalten, müsste vielleicht noch gegendert werden. Ich meine keine Umbenennung des Titels, aber vielleicht ist es irgendwann – wie bei den anderen Rollen jetzt schon – egal, ob Jedermann und Buhle Frau oder Mann sind.“
Lars Eidinger: Schauspielstar einer neuen Generation
Lars Eidinger wurde am 21. Jänner 1976 im Westteil Berlins geboren. Sein Handwerk lernte er an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. In Eidingers Schauspielklasse waren damals auch Nina Hoss, Devid Striesow und Fritzi Haberlandt. 1999 kam Eidinger als festes Ensemble-Mitglied an die Berliner Schaubühne - wo er bis heute engagiert ist. Sein Durchbruch auf der Kinoleinwand gelang Eidinger mit Maren Ades Beziehungsdrama "Alle anderen" an der Seite von Birgit Minichmayr.
Es folgten der Endzeitfilm "Hell" mit Hannah Herzsprung, das Depressionsdrama "Was bleibt" mit Corinna Harfouch und "Die Wolken von Sils Maria" an der Seite von Juliette Binoche. Zusammen mit seiner Frau, der Opernsängerin Ulrike Eidinger, und seiner Tochter lebt der Schauspieler in Berlin. Ein Typ fürs Relaxen ist er nicht. Sein Terminkalender ist prall gefüllt. "Ich kann mich am besten in der Spannung entspannen", sagte Eidinger einmal.
Zuletzt war Eidinger in dem TV-Experiment "Gott" von Ferdinand von Schirach zu sehen. In der ARD/ORF/SRF-Produktion spielte er den Anwalt des 78-jährigen Pensionisten Richard Gärtner. der um Sterbehilfe angesucht hat.
Verena Altenberger: Rasante Karriere
Sie überzeugt als heroinsüchtige Mutter im Drama "Die beste aller Welten", als polnische Altenpflegerin in der RTL-Serie "Magda macht das schon" und seit dem Vorjahr auch in Uniform: Im "Polizeiruf 110" gibt die gebürtige Salzburgerin Verena Altenberger die Ermittlerin Elisabeth "Bessie" Eyckhoff. Ihr erster Einsatz: Ein ungewöhnlicher Fall, der die Polizistin in eine düstere Traumwelt entführte.
Altenberger ist heute einer der gefragtesten österreichischen Schauspielerinnen. Dabei begann ihre Karriere mit einer Enttäuschung: Mit 18 bewarb sie sich am Max-Reinhardt-Seminar und wurde abgelehnt. Den Text aus dem Reclam-Heft abzulesen, war den Juroren zu wenig. Also versuchte sie es am Konservatorium, und das schloss sie 2015 ab. Daneben war Altenberger, die viele Sprachen spricht und auch über Grundkenntnisse in Jiddisch und Türkisch verfügt - sogar bei einer Statisten-Agentur gemeldet, denn der Berufswunsch Schauspielerin war immer irgendwie da.
Ab 2010 war die sehr sportliche Altenberger, deren Stimme man auch aus der Werbung kennt, Teil des Jungen Burg Ensembles. In der Saison 2013/14 verkörperte sie dann am Burgtheater in der "Gestiefelte Kater" die Lore, 2015 am Volkstheater Wien in "Haben" die Rolle der Rozí.
Ihre Karriere führte sie von vielen Nebenrollen in TV-Serien - z. B. verkörperte sie in den "CopStories" die Chantal - hin zu Spielfilmen wie Stefan Ruzowitzkys „Die Hölle“. Im in Wien gedrehten „Mission: Impossible“-Film war sie ebenfalls zu sehen – allerdings nur ein paar Sekunden lang, weil sie von der Statistin zur Schauspielerin befördert wurde. Heute ist aber jeder froh, der sie länger zeigen kann.
Der Boost für ihre Karriere war Adrian Goigingers "Die beste aller Welten", der Regisseur und Hauptdarstellern einen Preis-Regen brachte. Hier zeigte sich das Glück der Tüchtigen. Die Besetzung lief quasi übers Branchenverzeichnis: Schauspielerin mit A - wie Altenberger - eine hervorragende Wahl.
Seit dem konnte die 32-Jährige in verschiedensten Rollen überzeugen wie in "Das Wunder von Wörgl", "Die Spur der Mörder" oder "Ein Dorf wehrt sich". Zuletzt stand sie für die Komödie "Schöner Schlamassel" vor der Kamera.
Die neue Besetzung des "Jedermann"
- Edith Clever Tod
- Lars Eidinger Jedermann
- Angela Winkler Jedermanns Mutter
- Anton Spieker Jedermanns guter Gesell
- Jörg Ratjen Ein armer Nachbar
- Mirco Kreibich Ein Schuldknecht / Mammon
- Anna Rieser Des Schuldknechts Weib
- Verena Altenberger Buhlschaft
- Gustav Peter Wöhler Dicker Vetter
- Tino Hillebrand Dünner Vetter
- Ensemble Werke
- Kathleen Morgeneyer Glaube
- Mavie Hörbiger Teufel
- Ensemble 021
Jedermann und Buhlschaft seit 1920
JEDERMANN
- 1920-1921/1926-1931 Alexander Moissi
- 1932-1934 Paul Hartmann
- 1935-1937 Attila Hörbiger
- 1946 Ewald Balser
- 1947-1951 Attila Hörbiger
- 1952-1959 Will Quadflieg
- 1960-1968 Walter Reyer
- 1969-1972 Ernst Schröder
- 1973-1977 Curd Jürgens
- 1978-1982 Maximilian Schell
- 1983-1989 Klaus Maria Brandauer
- 1990-1994 Helmuth Lohner
- 1995-1998 Gert Voss
- 1999-2001 Ulrich Tukur
- 2002-2009 Peter Simonischek
- 2010-2012 Nicholas Ofczarek
- 2013-2016 Cornelius Obonya
- 2017-2020 Tobias Moretti
- 2018 Philipp Hochmair (am 9., 11., 12., 14. und 16 August als Einspringer für den erkrankten Tobias Moretti)
- 2021 -Lars Eidinger
BUHLSCHAFT
- 1920-1921 Johanna Terwin
- 1926-1937 Dagny Servaes
- 1946 Grete Zimmer
- 1947 Elfi Gerhart
- 1948-49 Maria Becker
- 1950-1951 Judith Holzmeister
- 1952 Lola Müthel
- 1953-1955 Heidemarie Hatheyer
- 1956-1959 Martha Wallner
- 1960Sigrid Marquardt
- 1961-1962 Ellen Schwiers
- 1963Maria Emo
- 1964Anna Smolik
- 1965-1966 Eva Kerbler
- 1967-1968 Nadja Tiller
- 1969-1972 Christiane Hörbiger
- 1973Nicole Heesters
- 1974 Christiane Hörbiger (bis auf eine Vorstellung eingesprungen für Senta Berger)
- 1974-1978 Senta Berger
- 1979 Christiane Buchegger
- 1980-1982 Senta Berger
- 1983-1986 Marthe Keller
- 1987-1989 Elisabeth Trissenaar
- 1990-1993 Sunnyi Melles
- 1994-1997 Maddalena Crippa
- 1998 Sophie Rois
- 1999-2001 Dörte Lyssewski
- 2002-2004 Veronika Ferres
- 2005-2006 Nina Hoss
- 2007Maria Bäumer
- 2008-2009 Sophie von Kessel
- 2010-2012 Birgit Minichmayr
- 2013-2015 Brigitte Hobmeier
- 2016Miriam Fussenegger
- 2017-2018 Stefanie Reinsperger
- 2019 Valery Tscheplanowa
- 2020 Caroline Peters
- 2021 - Verena Altenberger