Kultur/Medien

Nach Plagiats-Vorwurf gegen Vizechefin: Süddeutsche sucht nach "Maulwurf"

Die Süddeutsche Zeitung hat massiven Ärger mit einer mutmaßlichen Plagiats-Causa: Alexandra Föderl-Schmid, früher Chefredakteurin des österreichischen Standard und jetzt stellvertretende Chefredakteurin der Süddeutschen, soll laut dem Branchenportal Medieninsider mehrfach Texte von Informations-Portalen und Broschüren verwendet haben, ohne dies kennzuzeichnen. 

Elf solcher Fälle listet Medieninsider auf, etwa in einem Text über die Ideologie der Hamas. Förderl Schmid verteidigte das gegenüber FAZ und Standard als "Erklärungen" und "Einordnungen zur Lage oder zu Ereignissen in Israel und den palästinensischen Gebieten", es würden "technische Vorgänge und Systeme beschrieben". Plagiatsjäger Stefan Weber sieht dennoch Fehler: "Ich kann kurz und bündig sagen, dass der Plagiatsvorwurf zutrifft. Der Plagiarismus macht offenbar doch vor fast niemandem halt", schrieb er in Anspielung auf Föderl-Schmids vielfache Auszeichnungen.

Nun bekam die Causa allerdings eine weitere Ebene: Details einer Redaktionssitzung von Ende 2023 drangen nach außen, in der die Causa mit mehr als 100 SZ-Mitarbeitern diskutiert wurde. Wiederum war es das Portal Medieninsider, das darüber berichtete, dass die Chefredaktion - vor allem Wolfgang Krach - sich hinter Föderl-Schmid stellte und von "Verleumdung" sprach, da nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe vor allem rechte Aktivisten sich im Netz auf die Österreicherin eingeschossen hatten. Darüber hinaus wurde berichtet, dass "Teile der Redaktion sich nicht trauten, sich intern zu äußern", wie es hieß.

"Herz einer Redaktion abgehört"

Jetzt wird darum nach dem "Maulwurf" gesucht, der diese Details weitergegeben hat. Die Chefredaktion ließ dazu Daten zu Mail- und Telefon-Verbindungen ihrer Mitarbeiter durchsuchen; ein Vorgehen, das nach SZ-Angaben mit dem Betriebsrat abgestimmt war. "Wenn das Herz einer Redaktion abgehört wird, können wir das nicht hinnehmen", sagte SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach am Samstag zur dpa. "Das zerstört die Arbeitsgrundlage einer Redaktion." 

Krach betonte, dass sich die Überprüfung rein auf technische Daten bezogen habe mit der Frage, ob es eine Verbindung zwischen dem Verlag und "Medieninsider" gegeben habe. "Wir haben keine persönlichen Accounts eingesehen und keine Inhalte von E-Mails oder Telefonaten." Diensthandys waren demnach nicht betroffen, man habe lediglich gecheckt, ob im Zeitraum zwischen der Redaktionskonferenz Ende 2023 und Veröffentlichung des ersten Branchendienst-Berichts Audio- oder Videodateien an dessen Domain geschickt worden seien. Ein "Maulwurf" ist dabei aber nicht gefunden worden.

Zugleich räumte die Chefredaktion laut Krach ein, dass es von Föderl-Schmid wohl einen fehlerhaften Umgang gegeben habe, berichtet die dpa. In einer Stellungnahme, die die Zeitung am Sonntag online veröffentlicht hat, ist das nicht nachzulesen: Dort wird genau erläutert, dass Konferenzen ein nicht-öffentlicher, geschützter Rahmen seien und alle Gespräche dem Redaktionsgeheimnis unterliegen. Man hege den Verdacht, dass "offenbar die gesamte Konferenz abgehört bzw. womöglich gar aufgenommen und im Wortlaut an Dritte weitergegeben worden war." Föderl-Schmids Name und die konkreten Vorwürfen werden aber nicht erwähnt - nur, dass "einer Kollegin vorgeworfen worden war, nicht korrekt mit Quellen umgegangen zu sein."

Alle Inhalte anzeigen

Debatte über "Kulturprobleme"

Damit aber noch nicht genug. Auch am vergangenen Dienstag gab es wieder eine Konferenz, und zwar eine über den Umgang der Chefredaktion mit dem Thema, sowohl inhaltlich als auch in puncto "Maulwurf" - erst bei diesem Treffen habe die Chefredaktion nämlich über die interne Suche informiert. Wieder drangen Details davon nach außen, wiederum an Medieninsider: Das Portal berichtet nun, dass die Redaktionsführung bei der Versammlung über einen Vertrauensbruch beklagt habe, Wolfgang Krach sogar der Redaktion insgesamt das Vertrauen entzogen haben soll. Mitarbeiter wiederum sollen über "Kulturprobleme" in der Redaktion gesprochen haben und darüber, dass Hemmungen gebe, Meinungen intern zu äußern. Langjährige Redaktionsmitglieder hätten da geäußert, schreibt Medieninsider.

Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte die Chefredaktion der SZ. Das Vorgehen werfe "hinsichtlich des journalistischen Grundprinzips des Quellenschutzes ernsthafte Fragen auf", sagte Vorstandssprecherin Katja Gloger. "Es ist bedenklich, dass die Quellen von "Medieninsider" ins Visier dieser Suchaktion rückten. Denn vertrauliche Kommunikation bildet die Grundlage für Journalismus, vor allem dann, wenn es sich um investigative Recherchen handelt."