Stellenabbau beim ProSieben-Konzern in Deutschland und Österreich
Von Christoph Silber
ProSiebenSat.1 wird in Deutschland sowie bei der Tochter ProSiebenSat.1Puls4 in Österreich kräftige Einschnitte beim Personal vornehmen. Das wurde in München und Wien gleichzeitig angekündigt.
In Deutschland will ProSiebenSat.1 noch heuer etwa 400 Stellen abbauen. Das entspreche rund jedem zehnten Arbeitsplatz im Unterhaltungs-Kerngeschäft und in der Holding, teilte eine Sprecherin des Medienkonzerns am Dienstag in Unterföhring bei München mit.
Der Konzern kündigt schon länger eine Neuausrichtung an, nachdem er im Herbst 2022 die Streaming-Plattform Joyn vollständig übernommen hat. Sie soll sich nach dem österreichischen Beispiel neu ausrichten, der als „Super-Streamer" gebrandet wurde, weil auch Konkurrenz-Sender wie ServusTV und ORF auf der App zu finden sind.
Ziel der Maßnahmen sei „eine effizientere Struktur, eine wettbewerbsfähige Kostenbasis sowie klar auf die digitale Transformation ausgerichtete Prozesse“, heißt es bei der deutschen Konzernmutter weiter. Dies habe Priorität, um weiterhin konsequent in die Zukunft der Gruppe investieren zu können, insbesondere in Inhalte und digitale Angebote, teilte der Konzern mit.
Der Stellenabbau werde durch ein Freiwilligen-Programm sozialverträglich erfolgen. Betriebsbedingte Kündigungen wolle man „weitestgehend“ vermeiden. So sollen etwa Stellen, die frei werden, nicht nachbesetzt werden.
Sparmaßnahmen in Wien
Vom Ungemach in Deutschland, aber auch von der unerfreulichen Medien-Konjunktur insgesamt bleibt die ProSiebenSat.1Puls4-Gruppe in Wien ebenfalls nicht verschont. Hier kündigt man am Dienstag auch Sparmaßnahmen im Sachkosten- und Personalbereich angekündigt. Diese sollen Investitionen in technische Innovationen ermöglichen und nachhaltiges Wachstum sichern. Durch das „Effizienzprogramm“ sind je nach Fluktuation, Vakanzen und Geschäftsverlauf bis zu 35 der 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von einem Stellenabbau bis Jahresende betroffen. „Ziel ist es, weiter in Zukunftsprojekte investieren zu können und nachhaltig zu wachsen", heißt es in einer Aussendung.
Die österreichische Mediengruppe, zu der die Puls4 und ATV-Sender gehören, verweist im Zusammenhang mit den Maßnahmen auf eine herausfordernde Konjunktur und zunehmenden Wettbewerb durch internationale Streamingdienste. Erst im Mai wurde die werbefinanzierte Streamingplattform Joyn gestartet. Sie steht laut Aussendung nun im Fokus der Geschäftsaktivitäten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden intern bereits vergangene Woche über das „Effizienzprogramm“ informiert.
Der Stellenabbau fällt in eine bewegende Zeit beim Konzern ProSiebenSat.1, der neben TV-Sendern und Streamingangeboten auch Internethandel und Datingplattformgeschäft betreibt. Der Werbemarkt schwächelt schon länger. Für das Gesamtjahr 2023 rechnet der ProSiebenSat.1-Konzernvorstand bislang mit einem Umsatz zwischen 3,95 und 4,25 Milliarden Euro.
Zudem gab es viele Wechsel in der Führungsriege. Im Herbst 2022 rückte Bert Habets, der davor Spitzenposten beim Konkurrenten RTL innehatte, auf den Chefposten. Rainer Beaujean ging überraschend. Seither wurde auch der Weggang von Vorstandsmitgliedern im Bereich Finanzen und Entertainment verkündet.
Berlusconis Erbe
Außerdem wurde der Konzernvorstand für das Geschäftsjahr 2022 nicht von den Aktionären entlastet, das soll voraussichtlich erst 2023 erfolgen. Hintergrund ist eine laufende interne Untersuchung zu möglichen Unstimmigkeiten beim Tochter-Gutscheingeschäft Jochen Schweizer mydays. Es geht darum, etwaiges Fehlverhalten im Zusammenhang mit regulatorischen Fragen bei der Tochterfirma zu überprüfen.
Indes scheint die Debatte zum italienischen Großaktionär Media for Europe (MFE) um die Familie des gestorbenen Politikers Silvio Berlusconi nicht weiter hochzukochen. Deutsche Medienregulierer hatten wegen der Überschreitung der 25-Prozent-Schwelle Prüfungen begonnen.
Zu Thema Meinungsmacht kamen die Prüfer von MFE und ProSiebenSat.1 zugleich zu dem Ergebnis, dass der Beteiligungsveränderung keine Gründe der Sicherung der Meinungsvielfalt entgegenstehen. Zudem erhielten die bayerischen Medienregulierer nach eigenen Angaben ein Schreiben von MFE, in dem man sich zur Unabhängigkeit und zur Informationsvielfalt der Medienangebote vor Ort bekenne.