Rendi-Wagner zu Strache: "Dass Sie immer 'sozialistisch' sagen"
Von Peter Temel
*Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des Fernsehabends*
Nach der letzten Parlamentswoche dieses Jahres kam es nun auch im Fernsehen zum großen Kehraus. Die „große Konfrontation“ zu einem Jahr türkis-blaue Regierung versprach der ORF vor der letzten „Im Zentrum“-Sendung des Jahres.
Für die neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner war es die erste große Bewährungsprobe dieser Art. Die dieses Jahr ebenfalls neu eingesetzten Oppositionschefinnen Beate Meinl-Reisinger (Neos) und Maria Stern (Jetzt) hatten das bereits hinter sich. Falls Sie es schon vergessen haben: Es ist gerade zwei Monate her, da wurde an selber Stelle bereits anlässlich zu „Ein Jahr nach der Wahl“ Bilanz gezogen.
Themenvorschläge für künftige Jubiläumsrunden: 1 Jahr Putin bei Kneissl-Hochzeit, 2 Jahre Silberstein-Affäre, oder wie wär's mit: 3 Jahre Schließung der Westbalkanroute? Aber dazu später.
Kurz als großer Abwesender
Der Oppositionsblock bestand am Sonntagabend erstmals aus einem Frauen-Trio. Auf Regierungsseite saßen Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in der Runde. Der große Abwesende war Sebastian Kurz, der als einziger Parteichef fernblieb.
Blümel, offenbar bei Diskussionssendungen als ständiger Vertreter gesetzt, begründete dies mit Vorbereitungen des Kanzlers auf das EU-Afrika-Forum in Wien. Dieses begann übrigens am Montagabend mit einem „Welcome Dinner“ um 19 Uhr, bevor es am Dienstag offiziell startete.
Strache mit Kritik an "Sozialisten"
Die erste Frage von Moderatorin Claudia Reiterer zum Themenblock „Ist Österreich sozial gerechter geworden?“ ging nicht etwa an Blümel als Vertreter der stimmenstärksten Partei, sondern an Strache. Das muss wohl der Vizekanzler-Bonus sein.
Dieser bewies gleich einmal, dass sich das Nicht-Streiten nur auf die Zusammenarbeit mit der ÖVP erstreckt. Nach „zehn Jahren sozialistischer Regierung“ und „sozialistischen Bundeskanzlern, die nie richtig wirtschaften konnten“, habe man nun ein ausgeglichenes Budget vorgelegt, mache keine neuen Schulden. „Gleichzeitig entlasten wir arbeitende Menschen, aber auch Familien“, sagte der FPÖ-Chef. Und auch Pensionisten bekämen mehr. Erneut ein Seitenhieb auf eine SPÖ, die hier säumig gewesen sei.
Reiterer befragte die indirekt angesprochene SPÖ-Chefin: Die Regierungsparteien hätten im Wahlkampf um „Gerechtigkeit für Leistungsträger“ geworben, „warum überrascht Sie das?“
Rendi-Wagner konnte sich mit der „großen Harmonie, die uns hier präsentiert wird“ nicht anfreunden. Die Frage sei: „Was ist der Preis für dieses Harmoniebedürfnis und wer zahlt den?“ Für die SPÖ klarerweise die Arbeitnehmer. Die FPÖ ermögliche, nur um nicht zu streiten, alles, was die ÖVP durchziehen wolle, sagte Rendi-Wagner. Schlagworte dazu: 12-Stunden-Tag, Kürzung der Mindestsicherung, Halbierung der Lehrlingsentschädigung, Kippen der Aktion 20.000.
Erst jetzt war Blümel dran, und bekam eine etwas umständlich formulierte Frage gestellt: „Wann dürfte man vom Weg des sozialen Friedens abkommen um zu sagen: Diese Reform ist wichtig und dafür wollen wir den sozialen Frieden aufs Spiel setzen?“
Blümel war die Frage zunächst entweder egal oder zu umständlich. Daher platzierte er gleich zwei Mal die Regierungsbotschaft Nummer 1: „Wichtig ist, dass mehr gearbeitet und weniger gestritten wird.“
Auf Du und Du
„Du warst noch nicht in der Politik“, sagte Blümel dann.
Kurzer Schreckmoment beim Zuschauer. Das kollegiale „Du“ galt Rendi-Wagner und wirkte in dieser hart geführten Debatte etwas merkwürdig. Per „Päm“ war man aber zum Glück nicht.
Als Rendi-Wagner noch nicht in der Politik war, also die letzten Jahrzehnte in SPÖ-ÖVP-Regierungen, sei „viel gestritten“ worden, sagte Blümel. Er gab nicht nur zu, dass die ÖVP Teil dieser Regierungen war, sondern sogar, dass er selbst koordinierend tätig gewesen sei (von Dezember 2013 bis Oktober 2015 als ÖVP-Generalsekretär, Anm).
Aktuell wundere er sich, „dass es so viele überrascht, dass diese Regierung das umsetzt, was sie versprochen hat.“
Noch einmal nach dem "sozialen Frieden" gefragt, bezeichnete Blümel Österreich als „Anker der Ordnung“, verglichen mit dem Chaos, das zum Teil in Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien herrsche. Blümel: „Da zeigt diese Bundesregierung, wie stabil man ein Land regieren kann.“
Lange ist's her, dass von einer Achse Wien – Berlin – Rom die Rede war. Sechs Monate.
Dann war Meinl-Reisinger am Wort: Sie vermisste vor allem eine Entlastung des Mittelstandes, der den Sozialstaat trage, „da ist noch nichts passiert“.
Blümel warf ein: „Familienbonus.“
„Mehr Geld in die Hand zu nehmen, das hätte eine sozialistische Vorgängerregierung auch geschafft“ – auch die Neos-Chefin verwendete das S-Wort.
Blümel warf ein: „Keine neuen Steuern, keine neuen Schulden.“
Meinl-Reisinger bat, ausreden zu dürfen, antwortete Blümel dann: Die Regierung könne sich bei der Wirtschaft für sprudelnde Einnahmen bedanken.
Chancengleichheit in der Bildung
Damit war sie beim Leibthema der Neos: Chancengleichheit durch Bildung. Es gehe darum, „wirklich etwas aus seinem Leben machen zu können, und da machen Sie Retro-Politik, rückschrittlich wie in den 70er Jahren.“
Jetzt hätte Rendi-Wagner etwas einwerfen können: Etwas wie ‚Aber die Kreisky-Reformen‘, zum Beispiel.
Aber Meinl-Reisinger war schon längst weiter, die Regierung teile die Schüler in A-Zug und B-Zug ein, sagte sie, und die Pensionsreform gehe sie nicht einmal an.
Von Maria Stern erhielt die Regierung ein „Nicht genügend, aber bitte nicht sitzen bleiben.“ Zur Erklärung zitierte die Jetzt-Chefin den Bildungsexperten Andreas Schleicher: „Ein System, welches das Sitzenbleiben braucht, hat versagt.“
Wichtig sei ihr vor allem das Thema Kinderarmut, hier sei die Regierung säumig. Sie sprach von einer „peinlichen Spende von 250 Euro“ (jährlich für Geringverdiener im Rahmen des Familienbonus, Anm.). Die Kürzung der Mindestsicherung würde 80.000 Kinder betreffen, unter deren Eltern seien viele Alleinerziehende.
Strache wollte das alles aufklären. Das Bildungspaket sei nicht retro, ein differenziertes Schulsystem wichtig. Stichwort: „Leistung soll sich lohnen.“ Sitzenbleiben sei „kein Drama“, und sogar „gut“, weil man etwas fürs Leben lerne. Rasch war der FPÖ-Chef wieder beim „sozialistischen System“, das folgendermaßen laute: „Von der Schule in die Mindestsicherung.“
Rendi-Wagner warf nichts ein, schloss nur die Augen.
Also machte Strache weiter: Türkis-Blau habe Ungerechtigkeiten abgestellt, die die „Sozialisten“ hinterlassen hätten. Einen Vermögenszugriff gebe es nun frühestens nach drei Jahren.
Rendi-Wagner versuchte noch immer, ruhig zu bleiben: Sie erläuterte, dass die Mindestsicherung als "letzte Existenzsicherung" gedacht gewesen sei, und jetzt komme dieses Wort im Gesetz gar nicht mehr vor. Außerdem habe Strache gesagt, es werde keinerlei Vermögenszugriff bei der Mindestsicherung geben. Diesen gebe es aber sehr wohl noch.
"Sie verbreiten Fake News"
Strache warf ein, er habe damit die Notstandshilfe gemeint, und sagte: „Sie verbreiten laufend Fake News.“
Rendi-Wagner konterte, dass die Notstandshilfe ja abgeschafft werden solle. Jetzt kam sie erstmals ein bisschen in Fahrt. Dass die Kürzungen hauptsächlich Ausländer und Leute mit Migrationshintergrund treffe, sei nur ein Vorwand, 70 Prozent der Notstandshilfebezieher seien Österreicher, sagte Rendi-Wagner. Diese würden auf 500 Euro zurückfallen. Sie zitierte den Hartinger-Klein-Sager, man könne von 150 Euro im Monat leben. Rendi-Wagner: „Das zeigt ein bisschen, wie Sie die Sache angehen“.
Strache: „Sie wiederholen immer wieder gezielt Unwahrheiten.“
Rendi-Wagner: „Da redet der Richtige.“
Als es darum ging, was über die Notstandshilfe im Regierungsprogramm steht, sagte Strache: „Können Sie lesen?“
Rendi-Wagner: „Sehr gut.“
Strache erklärte, dass die Notstandshilfe nicht abgeschafft, sondern in die Mindestsicherung integriert werden soll. „Sie verunsichern bewusst Menschen“, sagte der FPÖ-Chef, der noch weitere Attacken auf die SPÖ ritt. Meinl-Reisinger kommentierte das als „therapeutisches sich Abarbeiten an der Sozialdemokratie.“
Was die Mindestsicherung betrifft, verwies die Neos-Chefin darauf, dass der VfGH „einige Ausflüge schon aufgehoben“ habe. Sie sprach von einer „ehemals christlich-sozialen ÖVP“, in der Sozialpolitik sei „kein Leistungsanreiz verankert“.
Blümel zog aus dem Gesagten seine eigenen Schlüsse: Wenn der eine Teil der Opposition finde, es sei bei der Mindestsicherung zu wenig passiert, und der andere, es sei zu viel getan worden, dann müsse die Regierung etwas richtig gemacht haben.
Meinl-Reisinger: „Das ist jetzt auch ein bissl billig, oder?“
Blümel erklärte, dass die Mindestsicherung für viele zu einer "Hängematte" geworden sei. In Wien habe sich die SPÖ „von den Grünen über den Tisch ziehen lassen“, konstatiert der ÖVP-Minister, was zu einer Art "bedingungslosem Grundeinkommen" geführt habe. Es könne nicht sein, dass die, die in der Früh aufstehen, arbeiten und Steuer zahlen am Ende des Monats „vielleicht sogar weniger haben“. Als Leistungsanreiz werde nun gefordert, dass man zumindest Deutsch könne, um die volle Leistung zu erhalten.
Rendi-Wagner warf die Kürzungen bei AMS-Deutschkursen ein.
Wortgeplänkel und Wortgewalt
Stern meldete sich zu Wort: Die Mindestsicherung betreffe weniger als ein Prozent der Sozialausgaben, sei das Mindeste zum Überleben. Manche Alleinerzieherinnen hätten kein Geld mehr für ihre Wohnung. Diese würden "irgendwo verschwinden", damit ihnen das Jugendamt nicht die Kinder wegnehme.
Strache verwies auf Sachleistungen, mit denen man besser auf Wohnungsnot reagieren könne. Arbeitslose bekämen nun mehr Unterstützung als unter „sozialistischen Bundeskanzlern.“
Nachdem Strache zum gefühlt zehnten Mal statt „sozialdemokratisch“ bewusst „sozialistisch“ gesagt hatte, warf auch Rendi-Wagner dazu etwas ein: „Dass sie immer 'sozialistisch' sagen, finde ich sehr schön.“
Meinl-Reisinger, die ihre Vorwürfe insgesamt fokussierter vortrug, kam noch einmal zur Bildungspolitik zurück. Sie forderte mehr Schulautonomie ein, auch bei der Beurteilung der Deutschkenntnisse, hier habe die Regierung "eine Chance verpasst".
Die Neos-Chefin bemühte sich sichtlich, Strache herauszufordern („Vielleicht kennen Sie sich nicht so aus in der Bildungspolitik, Herr Vizekanzler?“). Dieser verbiss sich aber lieber in die Politik der „sozialistischen Vorgängerregierungen“, als mit der angriffigen Pinken zu streiten.
Beim zweiten Thema - Sicherheit und Migration - blieb Meinl-Reisinger ebenfalls am Drücker. Österreichs Ausstieg aus dem UNO-Migrationspakt beurteilte die Neos-Chefin als „größten Fehler“ rund um Österreichs EU-Vorsitz. Die ÖVP habe dabei das "Narrativ rechtsextremer Medien in den Mainstream geholt“, und brüste sich jetzt auch noch damit, dass andere Länder diesem Beispiel gefolgt seien. Damit habe man „Europa gespalten“. Anstatt ehrlicher Makler und - wie angekündigt - „Brückenbauer“ zu sein, mache sich die ÖVP zum Steigbügelhalter der nationalistischen Politik der FPÖ, erklärte Meinl-Reisinger.
„Wortgewaltige Menschen in der Runde“, warf Reiterer ein, die sich auch wieder ein bisschen ins Spiel bringen wollte.
Rendi-Wagner bekräftigte die Kritik Meinl-Reisingers und fügte hinzu, dass die Aufstockung der Frontex-Einsatzkräfte verschoben worden sei, auch die Hilfe vor Ort sei nicht vorangetrieben worden. „Euer großes Thema ist so gut wie mager erfüllt im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes“, sagte Rendi-Wagner, die damit sogar Strache ins mittlerweile allgemein verwendete „Du“ einschloss, während sie ihn ansonsten siezte.
Blümel meinte hingegen, der Ausstieg aus dem UN-Pakt sei „hundertprozentig richtig“ gewesen. Strache: „Wir haben Haltung bewiesen.“ Worauf Meinl-Reisinger einwandte: Wie könne man mit einem „Nein“ Haltung beweisen? „Ja“ sei doch auch eine Haltung.
Reiterer fragte jetzt Strache, warum die Frontex-Aufstockung nicht gelungen sei.
Strache: „Einiges ist gelungen, anderes ist nicht gelungen. ...“
Reiterer unterbrach ihn. Sie habe ihn lediglich nach etwas gefragt, das nicht gelungen sei.
Strache: „Ich darf schon antworten, wie ich möchte.“
Reiterer: „Und ich darf fragen, was ich möchte.“
Manche Geplänkel an diesem Abend erschienen mehr als unnötig.
Reiterer zitierte nach Industriellenvereinigungspräsident Georg Kapsch (Strache: „ziemlich weltfremde Pauschaläußerungen“) eine weitere kritische Stimme, die nicht aus Oppositionskreisen stammt. Ex-ÖVP-Minister und Ex-EU-Kommissar Franz Fischler habe festgehalten, dass Kurz in der Migrationspolitik die Widerstände in der EU „ganz offensichtlich unterschätzt“ habe, was in Salzburg zu einem mittelmäßigen Gipfelergebnis geführt habe.
Während Blümel auf Kapsch‘ Äußerungen zum Zuwanderungsland Österreich nicht eingegangen war, sagte er nun über Fischler: „Jeder darf in einer demokratischen Republik seine Meinung äußern. Ich teile sie nicht zu hundert Prozent.“
Und dann noch die Balkanroute
Sein Parteichef habe seit Jahren für eine Änderung der Migrationspolitik in Europa gekämpft. Blümel: „Er war‘s, der fast im Alleingang die Westbalkanroute geschlossen hat.“
Eine dreiviertel Stunde hat es gedauert, bis der Joker Routenschließung zum Einsatz gebracht wurde.
„Ja genau“, sagte Jetzt-Chefin Stern und imitierte eine Bodybuilder-Pose: „So ist er dagestanden.“
Blümel sprach ungerührt weiter. Man habe dieses Jahr auf EU-Ebene eine Trendwende beschlossen, gegen Quotenverteilung, für gezielten Außengrenzschutz und Kooperation mit Drittstaaten. Das Frontexmandat sei adaptiert worden. Zum ersten Mal sei es möglich, dass Schiffe Flüchtlinge in die entsprechenden Ausgangshäfen zurückbringen.
Strache: Hausordnung "wie bei Kuraufenthalt"
„Verwirrt“ zeigte sich jetzt Reiterer. Und zwar darüber: Nachdem FPÖ-Klubchef Johann Gudenus mit der Forderung nach einem nächtlichen Ausgangsverbot für Asylwerber vorgeprescht sei, habe Kurz die Rechtmäßigkeit dessen angezweifelt. Daraufhin habe Innenminister Herbert Kickl (der Name fällt erst nach 48 Minuten zum ersten Mal, Anm.) ergänzt, man könne dies rechtlich über eine „Hausordnung“ lösen. Das entsprechende alternative Vokabel will Reiterer jetzt nicht einfallen.
Strache hilft aus: „Anwesenheitspflicht.“
Worin da jetzt die Abgrenzung zu einem Ausgangsverbot liege?
Wirklich erklären konnte Strache den Unterschied nicht, aber es gehe eben um eine Hausordnung, wo in der Nacht eine Anwesenheitspflicht bestehe, „im Übrigen wie beim Bundesheer, wie bei einem Kuraufenthalt für alle Kurpatienten, und wenn sie’s nicht einhalten, müssen sie das Kurhaus verlassen und es wird nicht mehr bezahlt.“
Er habe damit nur „hanebüchene" Vergleiche mit einer Art von Freiheitsberaubung entkräften wollen.
Die Erwähnung des Wortes „Kuraufenthalt“ im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen in staatlichen Einrichtungen ist bemerkenswert, wenn nicht hanebüchen. Für einen Aufschrei in der Runde sorgte das aber nicht. Meinl-Reisinger reagierte noch am stärksten: „Ein bissl ein Pflanz ist das schon, aber es gibt noch einen Rechtsstaat.“ Sie verwies auf die Auflösung des Waldhäusl-Flüchtlingsquartiers in Drasenhofen und deutete noch anderes an, das „uns nach Schwarz-Blau III beschäftigen wird.“
Stern fügte hinzu: „Da wird’s Untersuchungsausschüsse geben.“ - Das Wort „Untersuchungsausschuss“ dürfte Listengründer Pilz vor dem Fernseher besonders gern gehört haben.
Für das Thema Sicherheit hatte sich Stern das Thema „Frauenmorde“ aufgehoben. „Mir ist wurscht, welchen Pass ein Mörder hat“, sagte Stern, nur 0,3 Prozent der in Österreich aufhältigen Afghanen würden einer Straftat verdächtigt. Sie forderte mehr Investition in Gewaltschutz und Täterarbeit ein, „egal, ob In- oder Ausländer“. Mit nur 210 Millionen Euro könne man gesellschaftliche Folgekosten von 3,7 Milliarden Euro jährlich verhindern.
Nach einem etwas kindischen Streit um die FPÖ-Umfragewerte (Strache: "26 Prozent!" Rendi-Wagner: "22 Prozent!") kam Strache auf das Thema Gewalt und bestimmte Bevölkerungsgruppen zurück. „Das sind nicht alle Waserln und Hascherln“, sagte er und berichtete über einen Anstieg der Messergewalttaten um 300 Prozent allein bei Afghanen. Stern gestand zu, dass sich die Zahl im Steigen befindet.
Als er dann sagte, 46 Prozent der abgeschobenen Asylwerber seien Straftäter, brachte Stern die unbescholtenen Lehrlinge in Spiel. Ein weiteres Thema, das eine ganze Diskussionssendung füllen könnte, wurde nur kurz angerissen.
Blümel fordert Entschuldigung von SPÖ
Dann setzte auch die SPÖ-Chefin noch einmal zu kräftiger Kritik an: Die Regierung führe keinen Dialog mit Gesellschaft und Parlament, vielmehr wolle man verschiedene Gruppen gegeneinander ausspielen. Damit gefährde man die soziale Sicherheit und riskiere einen „Spalt in der Gesellschaft“. Rendi-Wagner: “Es ist kalt geworden in diesem Land und es fehlt das Miteinander.“
Diese Vorwürfe machen ihn „wirklich persönlich betroffen“, sagte Blümel. An Rendi-Wagner gerichtet, sagte er: „Deine Partei trägt viel dazu bei, dass die Stimmung aufgeheizt ist.“ Er denke an Pflastersteine vor Häusern von ÖVP-Abgeordneten und an Vergleiche mit der Nazizeit. Diese Regierung sei demokratisch legitimiert, beschließe verfassungskonforme Gesetze, die vom Bundespräsident unterschrieben werden. Gerade im Gedenkjahr seien solche Vergleiche – er nennt Hacker, Jarolim, Schnabl – „eine Verhöhnung der Opfer dieses Unrechtsregimes.“
Zum Hintergrund: Der Wiener SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker hatte die geplante Erhebung des Migrationshintergrunds von Mindestsicherungsbeziehern mit Nazi-Methoden verglichen. Eine solche systematische Abfrage einer Behörde wurde zuletzt im Dritten Reich durchgeführt, hatte Hacker gemeint.
Blümel forderte eine Entschuldigung, Rendi-Wagner sagte, sie verteidige diesen Vergleich nicht. Sie sehe aber ein Hochspielen der Thematik aus den Reihen der FPÖ und eine "Ablenkungsdiskussion". Letztlich müsse man sich schon fragen, was überhaupt Sinn und Zweck dieser Erhebung sei.
Blümel forderte erneut eine Entschuldigung.
Chianti für Weihnachten
Rendi-Wagner entgegnete: „Gibt’s eine Entschuldigung für die ‚Wanderuni‘ im Zusammenhang mit der Soros-Universität? Gibt’s eine Entschuldigung für Waldhäusl?“
Als die Lautstärke fast am Höhepunkt war, hielt Reiterer fest: „Auch wenn Weihnachten vor der Tür steht, hat diese Diskussion bewiesen, dass sich Regierung und Opposition einander nichts schenken.“
Strache: „Ohja, ich hätt‘ ein Geschenk mit.“
Der FPÖ-Chef zog eine Ein-Liter-Flasche Chianti hinter seinem Sessel hervor. Er wolle sie Rendi-Wagner überreichen, als Erinnerung an eine Wettschuld von Ex-SPÖ-Chef Christian Kern: Dieser hatte im April in einer Diskussionssendung mit Strache um „eine gute Flasche Rotwein“ gewettet, „dass ich länger SPÖ-Chef bin als Sie Freiheitlichen-Chef.“
Rendi-Wagner lachte, aber ob sie die Flasche mit nach Hause genommen hat, war nicht zu sehen. Nach dieser Diskussion erscheint eine „Chianti-Koalition“, wie sie dereinst zwischen Rot und Blau in Kärnten geschlossen wurde, jedenfalls weiter entfernt denn je.