Sophia Blendas erstes Soloalbum "Die neue Heiterkeit"
Von Marco Weise
Sophie Löw, Sängerin und Kreativchefin der Wiener Band Culk, dreht auf ihrem ersten Soloalbum gleich einmal das Licht ab: Die Fenster werden verdunkelt und Kerzen angezündet. Das Draußen, also die ganze Ablenkung samt Alltag, werden weggesperrt, um sich ausschließlich auf das Drinnen, also die eigenen Gedanken und Gefühle zu fokussieren. Diese Gedanken und Gefühle werden bei Blenda von diversen Ängsten dominiert. Es geht um Gewalt (gegen Frauen), um eine mögliche Zukunft, um Familie und um ein Leben zwischen Hedonismus und Vernunft.
Die 26-Jährige setzt sich für diese Therapiestunde ans Klavier, um düster-schwere, melancholisch-mollige Melodien mit dem Sostenuto-Pedal zu bearbeiten. Sie schreit also nicht gegen die aktuellen Rahmenbedingungen an, sondern haucht sie mit leiser, aber bestimmter Stimme ins Mikro.
Der Albumtitel „Die neue Heiterkeit“ ist nicht zynisch gemeint. Er soll vielmehr motivieren, eine Rettungsboje darstellen, die einem bei der Vielzahl an Krisen Halt und Sicherheit geben soll. Blenda spricht in ihren neun Songs auch das Dilemma ihrer Generation an: Behütet aufgewachsen, ausgestattet mit (scheinbar) allen Möglichkeiten und Freiheiten, aber dennoch von erdrückenden Ängsten belastet. Je größer die Chancen, desto größer die Unzufriedenheit. Ihre Generation fühle sich oft erschlagen von den Zukunftsängsten, aber genau deshalb brauche es auch einen Umgang damit, sagt sie im Interview.
Alles aus einer Hand
Bei Sophie Löw aka Sophie Blenda hat man es mit einer multidisziplinären Künstlerin zu tun, die alles selber machen möchte: Musik, Texte, Videos, Cover-Artwork usw. Alles soll aus einer Hand kommen. Für sie heißt das: keine anderen Musiker im Hintergrund, kein Co-Autor. Beim Aufnehmen und Produzieren hat ihr dann aber trotzdem jemand geholfen – nämlich Jakob Herber, den man u. a. von der oberösterreichischen New-Wave-Band Flut kennt. Gemeinsam wurde im Keller des Hauses ihrer Eltern in Niederösterreich eine bedrückend-schöne Klangkulisse entworfen, die zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, zwischen Schwere und Schwerelosigkeit oszilliert.
Manchmal steht da nur der Gesang Blendas im Raum, minimalistisch umweht von zerbrechlichen Klängen, in deren Zentrum das Klavier steht, auf dem sich Blenda selbst begleitet. Dazu gibt es Streicher und elektronisches Allerlei aus der Konserve, vermischen sich dichte wie verstörende Synthieklänge mit wunderschönen Melodien.
Im Hintergrund knirscht und knackst es, während vorne Blenda die Stellung hält: Die Angst ist da, aber die Sehnsucht nach ihrer Überwindung bleibt bis zuletzt größer: „Offen bleibt, wer in die Zukunft greift“, singt sie im Titelstück. In „BH“ geht es nicht bloß um ein Kleidungsstück, sondern um gesellschaftliche Zwänge. „Die neue Heiterkeit“ ist ein gelungenes Album, eine Kampfansage an die eigenen Sorgen: „I am fearless, I am fierce“ heißt es im Song „Fear is an empty space“. Furchtlos in die Zukunft.
INFO: Sophia Blenda präsentiert ihr erstes Soloalbum „Die neue Heiterkeit“ am 17. September in der Roten Bar im Wiener Volkstheater. Weitere Österreich-Termine: 24. September – Wels, Alter Schlachthof; 25. November – Salzburg, Arge.