Die Frauen der Rothschilds - reich, schön, exzentrisch
Von Katharina Salzer
Die Perlenketten schmiegen sich in drei Reihen um ihren Hals. Verträumt blickt Kitty Rothschild an der Kamera vorbei. Wir schreiben das Jahr 1928, als das Foto gemacht wird – und die gebürtige Amerikanerin ist auf dem Höhepunkt ihres Ruhms. Sie hat Eugen Rothschild geheiratet, einen der reichsten Männer der Welt.
„Kittys Geschichte könnte ein modernes Märchen sein“, stellt Roman Sandgruber, emeritierter Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, in seinem aktuellen Buch „Pretty Kitty und die Frauen der Rothschilds“ fest. Kitty, Tochter eines deutschen Einwanderers, heiratete in den USA ins Südstaaten-Establishment ein, dann in die österreichische Hocharistokratie und schließlich einen Rothschild der Wiener Linie. Sie wurde zur Stilikone, schuf sich ihre Freiräume und sorgte für politische Schlagzeilen.
Sandgruber rückt sie und vier andere mit den Rothschilds verbundene Frauen ins Rampenlicht. Anhand ihrer Biografien gelingt es ihm, den Bogen von der Jahrhundertwende bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zu spannen. Vom Luxus zur Flucht und zum Neuanfang.
Kitty, Clarice, Hilda und Valentine Rotschild und Aline Ringhoffer drohten in Vergessenheit zu geraten. Dabei waren sie zu ihrer Zeit berühmt, ihre Namen, ihre Auftritte füllten die Spalten der Zeitungen. Ihre Leben waren ein Stück Weltgeschichte.
Ex-König zu Gast
Kitty und Eugen beherbergten Edward VIII. in ihrem Schloss im Triestingtal, nachdem er die Verzichtserklärung auf den englischen Thron unterschrieben hatte. „Der Aufenthalt des Ex-Königs im Schloss des jüdischen Barons brachte die öffentlichen Kreise Österreichs in starke Verlegenheit“, schreibt Sandgruber. Die antisemitischen Zeitungen verschwiegen den Namen des Gastgebers. Auch der Adel sei eifersüchtig gewesen.
Roman Sandgruber:
„Pretty Kitty und die Frauen der Rothschilds“ Molden, 394 S., 35 Euro
Die Geschichten der Frauen machen nicht nur politische Verhältnisse sichtbar, sie lassen auch erahnen, wie der Lebensstil der Reichen aussah. Er war exaltiert.
Villa mit Leopard
In der Wiener Residenz von Hilda Auersperg und Auguste-Olympe Hériot, Hildas zweitem Ehemann, sollte ein lebender Leopard einziehen. In der Rustenschacher Allee ließen die Hériots eine Villa komplett umbauen. Und der Leopard, der schaute zu. Die von Sandgruber recherchierten Details zeichnen ein lebendiges Bild.
Hildas dritter Ehemann war Louis Rothschild. Allerdings erst im Exil in den USA. Nachdem sie vor den Nazis fliehen mussten. „Die Wiener Rothschilds waren doppelt gefährdet, als Juden und als Sympathisanten und Förderer der Vaterländischen Front.“
Hilda und Louis ließen sich in Vermont nieder, das sie ein wenig an die Voralpen erinnerte. Sie gestalteten ein Farmhaus um, den Wohnluxus aus der Rustenschacher Allee übernahm Hilda nicht mehr.
Die Wiener Villa, die nicht zuletzt für den Leoparden umgebaut wurde, steht nicht mehr. Kein Einzelschicksal. Das Palais in der Theresianumgasse wurde 1944 bei Luftangriffen schwer beschädigt, nach Kriegsende geplündert und 1950 abgerissen. Fünf Jahre später begann der Abbruch des Palais Albert Rothschild in der Prinz-Eugen-Straße.
Das Erbe wurde zerstört.