Kultur

Bogdan Roščić verspricht: „Keine Arrangements für Blockflöten“

Der neue Staatsoperndirektor hat feine Ohren: Bogdan Roščić fiel auf, dass ein Spender permanent Desinfektionsmittel spendete – just während der Saisonauftaktpressekonferenz, die er am Mittwoch zusammen mit Petra Bohuslav gab. Die ehemalige Landesrätin aus Niederösterreich ist seit 1. September die kaufmännische Geschäftsführerin.

Als sei der Start einer Direktion nicht Herausforderung genug, wenn man sich das Ziel gesetzt hat, das Publikum – Durchschnittsalter angeblich 64 Jahre – zu verjüngen: Roščić berichtete von den Problemen, mit denen er sich aufgrund der Epidemie herumzuschlagen hat. Was zum Beispiel macht ein Chorist mit dem Mundnasenschutz, wenn er singt? Oder wer darf wann in die Kantine? Es gibt ja schließlich vier Mitarbeitergruppen – mit roten, orangen, gelben und weißen Halsbändern. Und dann tropft im Mahler-Saal auch noch ein Spender ...

„Parsifal“ nur ungekürzt

Dennoch: Am 7. September wird der Spielbetrieb aufgenommen – mit der Premiere von „Madama Butterfly“. Und mit Hochdruck würden die weiteren Produktionen beziehungsweise Wiederaufnahmen vorbereitet: Franz Welser-Möst arbeite an „Elektra“, Hans Neuenfels an der „Entführung aus dem Serail“, Peter Konwitschny an der französischen Urfassung von Verdis „Don Carlos“ in fünf Akten.

Roščić macht klar: Er lasse sich den Spielplan nicht von Corona diktieren. Es werde gespielt, was er sich für seine erste Saison ausgedacht hat (40 verschiedene Opern, sieben Ballette). Der Eigentümer, die Republik, wolle es auch so. Folglich: „Es gibt keine Richard-Strauss-Arrangements für vier Blockflöten.“

Und, abgesehen von „Elektra“, so gut wie keine Vorstellungen ohne Pause und Pausenbuffets: „Den ,Parsifal‘ kann man nicht einkürzen.“ Diese Oper von Wagner ist allerdings eine der längsten überhaupt.

Beste Sicht um zehn Euro

Der neue Direktor handelte alle Sicherheitsmaßnahmen ab. Es sind mehr oder weniger die gleichen wie in der Volksoper: personalisierte Karten, stichprobenartige Ausweiskontrollen, Besucherführung, Maskentragepflicht beim Herumgehen – und zum Schluss solle man auf das Bravo-Rufen beziehungsweise das Buh-Schreien (das noch mehr Aerosole freisetze, so Roščić augenzwinkernd) verzichten. „Aber wir können das Publikum nicht gängeln!“

Statt der 567 Stehplätze gibt es 181 Sessel mit bester Sicht – zum Okkasionspreis um maximal zehn Euro. Aufgrund der dynamischen Saalbelegung können schlimmstenfalls nur 950 von den knapp 1.900 Sitzplätzen pro Vorstellung verkauft werden (wenn jeder eine Einzelkarte erwirbt), bestenfalls zwei Drittel. Denn bis zu vier Karten können nebeneinander gebucht werden.

Zurückhaltendes Kaufverhalten

Doch keiner weiß, ob die Vorstellungen überhaupt ausverkauft sein werden. Die Abonnements wurden für zunächst zwei Monate ausgesetzt (man kann aber zu den verbilligten Konditionen Karten für Vorstellungen nach Wunsch erwerben). Die Touristen – normalerweise ein Drittel des Publikums – fallen so gut wie aus, und es gibt laut Petra Bohuslav ein zurückhaltendes Kaufverhalten. Lediglich die Neuproduktionen sind sehr stark nachgefragt.

Dies bedeutet, dass die Einnahmen gravierend sinken und die Ausgaben – u. a. wegen der Testungen – steigen werden. Im Juni hätte die Hochrechnung ein negatives Bilanzergebnis in der Höhe von vier Millionen Euro ergeben – trotz Auflösung aller Rücklagen und einer Aufstockung der Basisabgeltung um fünf Millionen Euro. Man sei aber damals davon ausgegangen, dass der Opernball (mit 40 Prozent weniger Einnahmen) stattfinden kann. Der Bund sagte jedenfalls eine Ausfallhaftung bis zu 6,4 Millionen zu.

Die Sponsoren seien zum Glück nicht abgesprungen, es kamen sogar neue hinzu. Und das Interesse am neugegründeten Freundeskreis sei enorm: Er habe bereits 450 Mitglieder. Die Idee, Restplätze an die Helden des Alltags zu verschenken, sei zwar nicht möglich; aber diversen Hilfsorganisationen werden Regiekarten um 25 Euro angeboten.

Der Dauerspender wurde übrigens rasch abtransportiert.