Kultur

150 Jahre Staatsoper: Meyer - "Fest für alle Opernliebhaber"

Die Wiener Staatsoper feiert Geburtstag:  Vor 150 Jahren wurde sie als Neue Wiener Hofoper eröffnet – mit einer Aufführung von Mozarts „Don Juan“. Das Gebäude von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll wurde zunächst als „Bahnhof“ verspottet, beide Architekten erlebten die Premiere nicht.

Heute gilt das nach den Kriegszerstörungen wieder aufgebaute Opernhaus nicht nur als eines der schönsten, sondern auch künstlerisch wichtigsten der Welt.  Zum Jubiläum gibt es einen „großen Bahnhof“ mit Stars wie Anna Netrebko und einer Neuproduktion der „Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss. Der KURIER hat Staatsoperndirektor Dominique Meyer zum Jubiläum interviewt.

KURIER: Was wünschen Sie denn der Staatsoper zum 150er?

Dominique Meyer: Dass sie nach wie vor so ein Publikum hat, das sich so interessiert, in dem die Liebe zur Musik und zur Oper so stark ist. Das merken die Wiener vielleicht nicht, aber das ist wirklich einzigartig.

Woran liegt das?

Oper ist ein Auslöser für Emotionen. Ich finde die Österreicher sehr emotional. Das passt gut zusammen. Und die Musik ist noch sehr präsent in vielen Familien, die Eltern nehmen die Kinder mit. Und die Staatsoper ist das letzte große Opernhaus mit Repertoiresystem. Das ist ein Bekenntnis, um die Lust an der Oper wach zu halten.

Was würde sich denn die Staatsoper von Ihnen wünschen? Was ist die dringendste Frage, die hier gelöst werden muss?

Es gibt wirklich viele! Natürlich möchte jeder Intendant immer mehr Geld. Aber sonst: Noch bessere Probenbedingungen, dass man ein paar Regeln ändert.

Sie meinen die Verträge mit Technik und Orchester?

Ja.

Das haben viele Direktoren schon versucht - und sind gescheitert. Wird das jemals kommen?

Ich weiß nicht, ich habe keine Kristallkugel. Als ich gekommen bin, haben wir den Kollektivvertrag des Orchesters geändert. Wir haben 20 Proben pro Spielzeit mehr erreicht. Es gibt noch vieles anderes. Beim Notenmaterial gibt es Modernisierungsbedarf.

Die Auslastung ist nicht zu steigern - aber das heißt nicht, dass es dem Haus finanziell gut geht, da die Lohnkosten steigen etc. Geht es dem Haus finanziell eigentlich gut?

Das Haus ist finanziell gesund. Aber es gibt im Gesetz Punkte, die ich nicht in Ordnung finde. Es gibt jetzt eine Dreijahresplanung, man hat uns gesagt, dann ist gesichert, dass es in der Zukunft gut geht. Nur: Die Leitung der Oper entscheidet nicht die größte Entwicklung bei den Ausgaben - das sind die Gehälter, die den Erhöhungen im öffentlichen Dienst angepasst werden. Aber wir kriegen das zustäzlich notwendige Geld nicht, die Tariferhöhungen sind nicht gedeckt. 70 Prozent unserer Ausgaben sind Gehälter. Bis jetzt haben wir es immer geschafft, weil die Karteneinnahmen so gestiegen sind, seit ich hier bin von 28 Millionen Euro pro Spielzeit auf heuer wahrscheinlich über 37 Millionen.

Aber?

Man kann nie garantieren, dass es so bleibt. Es kann vieles, das nichts mit uns zu tun hat, passieren, die die Einnahmen einschränken. Das ist potenziell gefährlich.

Man hat immer den Eindruck, dass es ganz schnell gehen kann, dass man ordentlich Probleme hat.

Das sehe ich nicht so. Aber es sollten - wie in den deutschen Opern - die Tariferhöhungen bezahlt werden. Das würde alles sichern.

Eigentlich werden ja 150 Jahre Haus am Ring gefeiert. Wie geht es dem Bau?

Hervorragend. Wir haben die historischen Räumlichkeitenrenoviert. Es ist wirklich schön jetzt. Die Holding macht hier eine tolle Arbeit. Wir haben auch vieles gemacht, was man gar nicht sieht, Risse im Stuck etc., auch auf der Bühne und in der Tonanlage. Das Haus ist in gutem Zustand.

Wie ist denn der Plan am Geburtstagswochenende?

Es ist symbolisch wichtig, dass wir "Frau ohne Schatten" spielen, ein genau 100 Jahre altes Stück von Richard Strauss, der hier Direktor war, und unser Kernrepertoire. Wir haben eine Besetzung, die kaum zu toppen ist. Aber es soll nicht nur eine Premiere geben, das entspricht nicht der Realität der Oper in Wien, die so breit in der Gesellschaft präsent ist. Wir müssen auch etwas machen für jene Opernliebhaber, die nicht in der Premiere sein können. Und so haben wir die Idee gehabt, den Ring zu sperren und ein Konzert mit großen Stars zu machen. Es soll purer Genuss werden für alle Opernliebhaber dieser Stadt. Und es wird übertragen auf ORFIII und Arte.

Es gibt am Samstagvormittag aber auch schon etwas.

Bei der Geburtstagsmatinee am Samstagvormittag, die Ö1 live überträgt, und die wir statt eines üblichen Festaktes geplant haben, präsentieren sich die künstlerischen Säulen des Hauses, Clemens Hellsberg hält die Festrede – und eine Schülerin, die den österreichweiten Redewettbewerb gewonnen hat, präsentiert ihre Gedanken zum Thema Oper und zur Wiener Staatsoper. Ich finde es schön, in diesem Rahmen auch einer jungen Stimme Raum zu geben.

Und Sie gehen in die Bundesländer.

Wir wollen auch dort präsent sein. Es ist die Staatsoper, das heißt die Steuergelder kommen auch aus Kärnten und Tirol. Wir werden in allen Bundeshauptstädten große Bildschirme installieren und die ganze Jubiläumswoche aktuelle und historische Vorstellungen und tagsüber Kinderopern übertragen. Und auch international, in rund 20 Städten der Welt. Der WienTourismus hat in Zusammenarbeit mit uns ein großes Open-Air-Event in Moskau organisiert.

Sie haben ja eigentlich Glück gehabt, dass in Ihre Amtszeit das große Jubiläum fällt.

Das ist ein Zufall.

Aber die letzten Monate waren von einer schwierigen Diskussion rund um die Ballettausbildung geprägt.

Das hätte ich mir gerne erspart. Das zu lösen, gehört aber auch zu meinen Aufgaben.

Trübt das die Feierlichkeiten?

Es sind unterschiedliche Sachen. Unser Ziel ist jetzt, Verbesserungen vorzunehmen und bei der restlosen Aufklärung mitzuwirken.

Was sind konkrete Maßnahmen?

Die Justiz ermittelt und die Sonderkommission prüft - wir haben zahlreiche Unterlagen übermittelt. Und wir erarbeiten mit dem Jugendanwalt ein Kinderschutzkonzept. Wir haben eine Psychologin engagiert und es gibt eine anonyme Telefonnummer für Beschwerden.Wir prüfen, wie man einen verpflichtenden Teil über Ernährung in die Ausbildung integriert, wir führen viele Gespräche mit Schülern, Eltern, Lehrern und mit den Institutionen, mit denen es eine Kooperation gibt, und vieles mehr.

Eine wichtige Publikumsgruppe sind die Stehplatzbesucher. Wir haben zuletzt Post bekommen, wo sich einige davon sehr über eine Neuregelung ärgern. Was ist da passiert?

Die Holding wollte, dass wir die Preise für den Stehplatz erhöhen. Ich war immer dagegen. Gleichzeitig hatten wir aber ein anderes Problem: In vielen Reiseführern steht, dass die Stehplätze billiger sind als eine Hausführung. So gehen manche in die Vorstellung, machen drei Selfies und gehen wieder. Das stört natürlich.

Daher die Änderung?

Wir wollten unser Stammpublikum schützen. Es gibt jetzt zwei Preise: Wenn man sie mit der kostenlosen Bundestheatercard im Vorverkauf erwirbt, bleiben die Kartenpreise unverändert, also drei bis vier Euro. Am Vorstellungstag kosten sie 10 Euro. Die Stehplatzbesucher waren zunächst verunsichert über diese Neuerung, aber es gab mehrere Gespräche.

Mit Aussicht auf Verbesserung?

Wir haben ein System auf die Beine gestellt, um unsere Stammgäste zu schützen, nicht zu attackieren. Jetzt werden wir schauen, wie es funktioniert. Ich denke, das wird es. Wenn nicht, werden wir Anpassungen vornehmen.