Kolumnen

Paaradox: Festspiele

Sie

Was uns auf jeden Fall eint: Die Lust am Weihnachtszauber. Mit einem sehr wesentlichen Unterschied – den Mann gegenüber lüstelt es erst einen Tag vor dem Heiligen Abend, mich bereits vier Wochen davor. Wie vermutlich hinlänglich bekannt ist, verwandle ich die gemeinsame Wohnung in ein sentimentales Rührstück, bestehend aus Teelichtern, Tannenduft und Traditionsbewusstsein. In diesem Sinne werden termingerecht Vanillekipferl gewuzelt und die Tage mit meiner „Best-of-Weihnachtshits-Playliste“ beschallt. Ja, stimmt, da bin ich  von mir selbst berauscht, auch ohne den guten Eierlikör. 

Herzen im Schnee

Insofern ist es sehr okay, dass er jetzt ein Nest hat, in dem er weihnachtsnüchtern und pragmatisch bleiben kann. Nur manchmal, wenn er eine leise Gefühlsregung verspürt, entzündet er ein Duftlämpchen, malt zwei Herzen in den Schnee und bringt mir ungefragt acht Stück von den ganz feinen Kerzen, die besonders lange brennen. In Rot und Blau, vermutlich die Farben irgendeines Fußballvereins. Sehr rührend. Genauso wie die Frage nach dem Festmenü, die er allerdings oft schon zum Nationalfeiertag im Oktober anreißt. Immer spannend ist es außerdem, wenn er Christbaum jagen geht. Was er offensichtlich als eines der letzten großen Abenteuer empfindet, das ihm am Ende eines langen Jahres noch geblieben ist. Es kann viele Stunden dauern, doch wenn er dann glühend von dem Prachtexemplar erzählt, das er heuer  ergattern konnte, ist sogar der Hund ergriffen. Jedenfalls gilt Jahr für Jahr sein Motto: Schatzi, fix – das ist der schönste Baum, den wir je hatten. In diesem Sinne  übernimmt  er gerne die Rolle des Weihnachtsmanagers. Der erleuchtet, klingelt und punktgenau den Knopf auf dem CD-Player drückt, damit unser Lieblings-„Stille Nacht“ von Jessye Norman erklingen kann. Wenn alle Gäste gegangen sind, tanzen wir  –  zu „All I Want For Christmas Is You“. Mehr geht echt nimmer. Fröhliche Weihnachten!

gabriele.kuhn / facebook.com/GabrieleKuhn60

Er

Ich habe oft die Frage gestellt: Ist man ein schlechter Mensch, wenn man auch in der Adventzeit lieber Beethoven und Mozart statt Bing Crosby und George Michael hört? Wenn man keine Lichterketten installiert, keine Tannenzweigerln inszeniert, keinen Punsch inhaliert? Wenn man aus dem nasskalten Dunkelkammer-Ambiente  ins Sommerparadies flüchten möchte? Das ist alles nur eine Einstellungssache, sagt die Weihnachtsmissionarin. Und ich antworte: „Stimmt, dann lass uns im nächsten Urlaub eine vierwöchige Stadiontour durch Spanien machen. Mit der richtigen Einstellung wird das ein unvergessliches Tribünen-Frohlocken.“ Depperter Vergleich, meint meine Frau und wendet sich ab. Damit hat sie recht … und ich meine Ruh’. Es ist sinnlos, einmal mehr auszuführen, dass ich den Sprung ins Familienfestglück am Heiligen Abend für wunderschön halte und lediglich den Anlauf für zu lange und zu hürdenreich.

Extrem dicht

Meinen Beitrag für die besondere Atmosphäre  leiste ich freilich gerne. Wiewohl wir das Abenteuer „gemeinsames Vanillekipferlmachen“ vor Jahren beendet haben. Weil es in einer historischen Philosophiedebatte (wie dick, welche Krümmung?) endete. Damals entschied gnä Kuhn: So geht das nicht. Ich Backen. Du Baum. Und so ziehe ich traditionell aus, um beim Verkäufer meines Vertrauens meine Selbstbestimmung zu zelebrieren. Das Lustige ist, dass mich der gute Mann auf der Suche nach dem Baum-Traum verlässlich mit dem Zusatz berät: „Ich weiß eh, die Frau will ihn extrem dicht.“ Dann lächeln wir und begutachten so lange, bis mein Helden-Status gesichert ist. Weil: Wenn zu den Klängen von „Stille Nacht“ nicht nur die Kugeln, sondern vor allem ihre Augen glänzen, dann weiß ich, holder Knabe mit schütterem Haar: Alles ist gut!

Neues Solo „Musst du so schlürfen?“  : 17. 2. Wilheringerhof, Klosterneuburg, 22. 2., 26. 3., CasaNova Wien, 20. 3., Studio Akzent, 20. 4.,  Stadtgalerie Mödling

michael.hufnagl / facebook.com/michael.hufnagl9