Paaradox: Bilanz mit Ball
Sie
Zeit für einen Rückblick: Was hat mich das vergangene Jahr für die Zukunft gelehrt? Zum Beispiel: Traue keinem, der locker-flockig flötet, dies und das sei ihm eh total egal. Diesbezüglich ist der Mann gegenüber der ideale Modellorganismus für Lernprozesse. So kam es, dass heuer erstmals eine Fußball-WM zu einer Jahres-Unzeit stattfand, die der Kicker-Maniker anfangs so kommentierte: Schatzi, ehrlich, mir ist die WM heuer erstaunlich wurscht. Fußball ist für mich ein traditionelles Sommermärchen. „Yey, jö, juhu“, dachte ich mir und nahm im „Wir müssen uns unbedingt auf einen Punsch treffen“-Terminmarathon keinerlei Rücksicht auf den Matchplan.
Gehobene Ekstase
Ein Fehler, wie sich bald herausstellte. Denn natürlich entwickelte der Gute mit zunehmendem Turnier-Fortschritt erst Interesse, dann gehobene Ekstase. Und schon war ich gefordert, vorweihnachtliches Beisammensein mit TV-Übertragungsterminen zu koordinieren und alles bisher ausgemachte umzuarrangieren. Lustig, lustig, trallala. Richtig getoppt wurde das zu meinem Geburtstag, dessen familiäre Feier ich just am Final-Sonntag festgesetzt hatte, womit ich mir den Titel „Problembär des Jahres“ einhandelte. Das ging gar nicht. Zumal Fußballgott Messi seinen (vermutlich, was weiß man schon ...) letzten WM-Auftritt haben würde, wie Hufi wimmerte. Somit bin ich beim nächsten „Learning des Jahres“: Nämlich, dass nur ein Mann meinen Mann in ein emotionales Wrack verwandeln kann, das zwischen Tränen, Drama und Euphorie hin und her taumelt. Fast wäre ich geneigt gewesen, ihm finalen Nervenruhtee zu servieren, und seine geröteten Wangen mit dem FC-Barcelona-Handtuch abzutupfen, blieb aber dezent im Out. Das Ganze gipfelte in folgendem Satz: Oh Gott, ich liebe diesen Mann, wie kann man nur so begnadet Fußball spielen! Eine Zehntelsekunde lang war ich darüber betrübt, nicht Leo, sondern Gaby zu heißen. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert. Dafür kann ich begnadet gut kochen.
Er
Mein guter Vorsatz für 2023: Überlege ein zweites oder gar drittes Mal, ehe du etwas sagst (und deine Frau flugs selektiv die Ohren spitzt). Ich empfand tatsächlich aus mehreren Gründen null Vorfreude auf die WM. Behielt aber dieses Ignoranz-Gefühl nicht für mich. Als wüsste ich nicht, dass mich die Dämonen der Fußball-Liebe früher oder später immer fangen und festhalten. Also stand ich – wie fatalerweise ausgemacht – in geselliger Adventrunde vor einer Punschhütte, das Smartphone mit dem Livestream in der Hand (unter dem Tischerl). Und selbstverständlich sprach meine Frau: Schon erstaunlich, wie sich dein Desinteresse offenbart. Muss das jetzt echt sein? Und wie ich es ein Eheleben lang gelernt habe, erklärte ich, warum Kanada – Marokko ganz besonders wichtig sei.
Trottel
Der Stress war jedoch nie so groß wie am 18. Dezember. Für diesen Termin war (bereits Mitte November) die großfamiliäre Geburtstagssause angesetzt worden. Am Finaltag! Von mir Trottel abgenickt! In einem WM-Sommer wäre das niemals passiert. Aber ich wusste: Ich schaff’ es (mit einem Auge), wenn nicht a) Spanien, oder b) Messi um den Titel spielt. Tja. Ich überredete gnä Kuhn zu einem Party-Spätstart nach Abpfiff um 18 Uhr, verständigte alle … aber, verdammt, meine Mutter schrieb in die Gruppe: „Und was ist bei Verlängerung?“ Meine Frau ergänzte: Ja, das wüsste ich jetzt auch gerne. „Wird nicht sein“, beruhigte ich, um 17.57 Uhr ist Messi Weltmeister, und wir können auf den Magier, die Spielkunst, den Fußballgott und Dich anstoßen ... äh, gerne auch umgekehrt.“ Nun, am (etwas späteren) Ende war es dann der überbordenden Dramatik zu verdanken, dass sogar meine Frau tief ergriffen unbedingt die Pokalübergabe sehen wollte. Was Fußball alles schafft – Olé & Prosit!
Neues Soloprogramm „Musst du so schlürfen?“, Termine: 17. 2. Wilheringerhof, Klosterneuburg, 22. 2. und 26. 3., CasaNova Wien, 20. 3., Studio Akzent, 20. 4., Stadtgalerie Mödling