Der Aufstieg ist mühsam, aber schon Teil der Problemlösung
Von Axel Halbhuber
Liebe hat ja oft mit Unerreichbarkeit zu tun, insofern ist das gerade eine Phase großer Liebe. Zum Beispiel zu den Wiener Hausbergen Rax, Semmering und Schneeberg, denen wir diesmal nicht nur das Cover dieser Ausgabe widmen, sondern auch eine ganz wunderbare Liebeserklärung von einer, die in diesen Bergen schon als Baby heimisch war: Auf Seite 8 erklärt Autorin Eva Gruber, warum sie auch als Erwachsene nicht von Preinerwand und Klosterwappen lassen kann.
Bei aller Liebe sind diese wunderbaren Plätze und Wege aber derzeit unerreichbar, die Bergrettung warnte dieser Woche wieder mehrfach vor Alpintouren in diesen Tagen. Obwohl dort jetzt die ersten Blumen auf sonnigen Hängen blühen, und das schmerzt gleich noch mehr, weil unerfüllte Liebe ist immer noch größer als erfüllte Liebe, schlag nach bei Shakespeare (und bei allen anderen).
Ich spreche nicht aus, warum wir derzeit nicht zu unseren Lieblingsbergen kommen, ich halte auch den dieswöchigen Tellerrand C-frei. Und doch hat mich das Lesen des Hausberge-Liebesbriefes und die aktuelle C-Situation an meine anstrengendsten Bergtage erinnert.
Aufstieg ist Teil der Lösung
Auf ganztägigen Touren wandert man oft auch durch Talböden und die erkennt man immer gleich. Links und rechts, vorne und hinten geht es bergauf, also ist man unten. Man trägt dabei keine Maske, aber man fühlt sich da unten alleine, die Luft ist meist stickiger und wärmer, wie in häuslicher Isolation eben. Man ist ganz froh, wenn es wieder zum Aufstieg geht, der Weg hinaus aus dem Tal ist anstrengend, aber mit jedem Meter nach oben wird es frischer, luftiger.
Die Sonne wärmt, statt dass sie nur drückt. Natürlich nervt auch das Aufwärtsgehen bald, der Schweiß rinnt in die Augen und die Waden melden, dass jeder Meter wirklich erarbeitet werden muss. Man geht durch Geröll, die Sonne brennt jetzt ins G’nack, das Fieseste am Aufstieg ist aber, dass er sich meist elend zieht, denn: Im Gegensatz zum Tal ist er unübersichtlich. Den zu erklimmenden höchsten Punkt erkennt man ewig nicht, egal ob Pass oder Sattel oder Gipfel. Weil sich die Berge oft nach oben so ähnlich abflachen wie Ansteckungskurven, merkt man erst auf den allerletzten Schritten, ha, da simma ja schon. Und dann steht man da, weiß gar nicht richtig, wohin mit dem eigenen Glück und schaut in die Gegend hinter diesem Berg (und sagt ja mei oder weites Land oder so was). Und ist fast traurig, dass man sich nicht ordentlich über die letzten Meter gefreut hat.
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob man einer Krise wie der aktuellen solche Gleichnisse umhängen darf. Aber ich weiß, dass wir derzeit nicht mehr im Talboden herumschlurfen, sondern längst im mühsamen Aufstieg sind. Und ganz plötzlich oben sein werden.