Aus Hobbyprojekt wurde Hybrid-Spiele-Start-Up
Von Heinz Wagner
Brettspiel + Handy-App – dafür steht eine kleine Firma mit Sitz im Linzer Franckviertel: Rudy-Games. Die Apps ermöglichen einerseits den sofortigen Einstieg in die Spiele – sie ersetzen herkömmliche Anleitungen, andererseits erweitern sie die Spiele auch. Während des Spiels mit Figuren auf Karton-Feldern gibt’s immer wieder über unterschiedliche Aktionsfelder, die dich auf die App schicken, um dort Aufgaben zu lösen. Das können Wissensfragen ebenso sein wie händische Geschicklich- oder Schnelligkeit am Smartphone- oder Tablet-Screen. Aber auch körperlich-sportliche Anforderungen, die die jeweilige App-Challenge aufgibt. Oder etwa Fragen, die darauf abzielen, wie gut du deine Mitspieler_innen kennst, die zu Beginn einige persönliche Vorlieben in ihr Profil eingeben.
Die zuletzt genannten unterschiedlichen Herausforderungen finden sich in ihrer und weiterer Vielfalt vor allem in „Interaction“. Letzteres wird von Rudy-Games immer wieder in den Lockdowns um kostenlose Erweiterungen in der digitalen Ergänzung bereichert.
Am Anfang standen verspielte Erwachsene
Was als Hobbyprojekt (Computer-)verspielter Erwachsener begann, ist mittlerweile eine etablierte Firma mit Sitz in der oberösterreichischen Landeshauptstadt, für Eingeweihte im Franckviertel. Das Unternehmen beschäftigt sechs Mitarbeiter_innen und hat mittlerweile sechs Spiele auf den Markt gebracht. Wobei Corona und die diversen Lockdowns zwar Auftritte bei Spielemessen und anderen Veranstaltungen verhinderten, dafür aber Menschen mehr spielten. „Es wurde rund vier Mal mehr gespielt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres“, so Geschäftsführer Manfred Lamplmair zum Kinder-KURIER. Insgesamt, so „Mani“, „haben wir rund 850.000 Spieler_innen weltweit, wobei ein starker Fokus auf dem DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) Raum liegt“.
App liefert auch Feedback
In dem Neubau in einem Industriegelände der oberösterreichischen Hauptstadt, einem Smart-House mit digitaler Steuerung des Zugangs, der Beleuchtung usw., wird immer wieder getüftelt, spintisiert, gebrainstormt, gespielt. Mittlerweile aber vor allem Business betrieben – von administrieren über verkaufen bis analysieren. Letzteres vor allem, was und wie Spieler_innen die jeweiligen Apps nutzen, was bei diesen gut ankommt und was verbessert werden müsste. Und, so betonen die Rudy-Games-Leute bei einem Kinder-KURIER-Besuch am Reslweg 3, „nein, wir machen nicht unsere Spieler_innen gläsern, die personenbezogenen Daten interessieren uns nicht so sehr, die Verbesserung des Spielerlebnisses steht bei uns im Vordergrund“, versichern die Rudy-Games-Köpfe.
Anti-Schummel-Mechanismen
Begonnen hatte alles vor ungefähr acht Jahren. Lamplmair, Gertrude Kurzmann und Reinhard Kern waren eine Runde von Karten- und Brett-Spieler_innen. Die Krankenschwester Gerti hatte dabei sehr oft gewonnen. Was insbesondere den Mani wurmte. Sie hätte, so sein Verdacht, nicht selten geschummelt. Behauptet zumindest er bei den Gesprächen im Linzer Büro. Wobei Gerti lächelt, dem aber nicht wirklich widerspricht.
So habe er begonnen zu überlegen, wie etwa was programmiert werden könnte, um Schummeln zu unterbinden. Daraus entstand als Hobbyprojekt von Lamplmair und Kern die Entwicklung von Prototypen für Hybrid-Spiele – also die Kombination von Brettspielen und Apps. Kern, der schon programmiert hatte, begann sich in die Materie zu vertiefen und für Karten- und andere Spiele digitale Erweiterungen zu codieren. Nach ersten Crowdfunding-Erfolgen und einem später – auch erfolgreichen – Auftritt bei „2 Minuten – 2 Millionen“ samt Wachstum und „Ernsthaftigkeit“ der Firma 2013 gesellte sich als Dritte im Bunde die vormalige Krankenschwester, die mittlerweile neben ihrer Arbeit ein Sozialmanagement-Studium absolviert und damit auch wirtschaftliches Wissen angeeignet hatte, als Geschäftsfrau in die Spielefirma-Leitung, genannt „Schatzmeisterin“, sprich die Finanz-Fachfrau.
Digital fördert Gerechtigkeit
Die Verbindung der analogen mit der digitalen Welt hat nicht nur einen gewissen Coolness-Faktor, sie ermöglicht auch mehr Gerechtigkeit und damit höheren Spielspaß für alle, so die „verspielten“ Unternehmer_innen. Ob beim schon oben genannten „Interaction“ oder etwa beim von/mit Arno Steinwender, einem der Top-Spiele-erfinder in Österreich – siehe auch Story-Link unten – entwickelten „Quiz it“ können die Spieler_innen beim Einstieg ins Spiel ihr Alter eingeben. Natürlich sagt Alter allein nichts übers Wissen aus, aber tendenziell sorgt es damit bei Fragen und Aufgaben dafür, dass sich die Mitspieler_innen nicht dauernd über- oder unterfordert fühlen. Und – so der Programmierer – damit lassen sich von uns auch Veränderungen vornehmen. „Wenn du siehst, dass fast alle, die etwa 10 Jahre angeben, bei der einen oder anderen Frage scheitern, dann können wir dort die Frage raustun und in eine ältere Gruppe verschieben – oder ganz bleiben lassen.“
Aktionen abseits des Tisches und Tablets
Gerade Interaction will aber mit vielen Aufgaben neben dem Brettspiel und der App die Spielenden auch zu weiteren Aktivitäten – ob Armkreisen, Kniebeugen oder was auch immer im wahrsten Sinn des Wortes bewegen.
Um dem Namen „Crazy Driver“, dem neuesten „Baby“ (und erstes Lizenzspiel „powered by Carrera“) die Ehre zu erweisen, gibt es u.a. die Aufgabe, Motorengeräusche selber mit dem Mund oder wie auch immer zu erzeugen. Wobei es beim Besuch in Linz den Anschein hat, es war erst diese und noch andere „verrückte“ Spielideen da – die dann den Ausschlag für den Namen des neuesten Spiels ergaben.
Via App können natürlich auch immer wieder Erweiterungen vorgenommen werden, was zusätzlich dafür sorgen kann, dass ein Spiel nicht leicht fad wird.
Prototypen
Was ebenfalls nicht leicht ist: Aus der Fülle der Ideen dieses kreativen Teams dann nach und nach jene heraus zu filtern, bei denen es sich lohnt, sie weiter zu verfolgen bzw. zu entwickeln bis hin zu Prototypen aus dem 3D-Drucker, anschließenden Spiele-Sessions und der Weiterentwicklung bis zum fertigen Produkt. Wobei manche Ideen sich aus möglichen Kooperationen ergeben – etwa das Rennautospiel mit einem der bekanntesten Spielzeug-Rennautobahnen-Hersteller. Oder eine Hybrid-Version des berühmten Immobilien-/Wirtschafts-Spiels DKT. Letzteres soll als nächstes Spiel erscheinen.
Wie kam’s zum Firmennamen?
Da sich für den Kinder-KURIER der Name des Unternehmens, Rudy-Games, nicht wirklich erschloss, also die Frag an „Mani“, wie es dazu kam. Die Erklärung von Manfred Lamplmair (Captain bzw. Geschäftsführer): „Als wir Kinder/Jugendliche waren hat Reini (heute „Pixel-Artist“, bzw. Spiel-Entwicklung), er macht bei uns das ganze Design, liebt Comcis und kann auch richtig gut zeichnen, eine Comic-Figur entworfen. Die nannten wir Rudi, einen Namen den wir damals so uncool gefunden haben, dass er schon wieder irgendwie cool war 😊 und druckten diese auf eigene T-Shirts für uns.
Als wir die Firma gegründet haben suchten wir einen Namen der uns alle verbindet und kamen so wieder auf Rudi. Da wir von Anfang an international arbeiten wollten wurde aus dem i ein y.
Besonders witzig ist, wenn Leute bei uns anrufen und den Herrn Rudi Gamez sprechen wollen.“
Corona: Mehr gespielt
In der Corona Zeit wurde rund 4mal mehr gespielt als im Vergleichszeitraum aus dem Jahr 2019 wobei dieser Trend auch nach dem ersten Lockdown in leicht abgeschwächter Form angehalten hat.
In „Normal“-Zeiten ist das Wochenende Familien-Spiele-Zeit, das ergeben die Analysen der Daten aus den Apps. Rund 38% aller Spiele finden am Samstag oder Sonntag statt. Die „restlichen“ 62% unter der Woche sind übrigens „deutlich mehr als man vermuten würde“, so der „Captain, oh Captain".