Ungesundes Sitzen: Wer alle 30 Minuten aufsteht, lebt länger
Von Ernst Mauritz
Nein, Sie müssen keine derart akrobatischen Übungen machen wie auf dem Bild oben. Es bringt schon viel, wenn Sie bei einem sitzenden Bürojob zwischendurch aufstehen und ein bis zwei Minuten herumgehen. Und wenn Sie täglich 30 Minuten Ihrer bisherigen sitzenden Gesamtzeit durch solche Bewegungen in niedriger Intensität ersetzen, verringern Sie Ihr Risiko, frühzeitig zu sterben, bereits um 17 Prozent. Bei höherer Intensität sind es sogar rund 35 Prozent.
Die Botschaft einer neuen Studie der Columbia Universität in New York lautet deshalb: Jegliche Aktivität, egal in welcher Form, welcher Intensität und welchen Ausmaßes, senkt das Gesundheitsrisiko, das durch zu viel Sitzen entsteht.
Und dieses ist beträchtlich: Jede und jeder, der ununterbrochen länger als eine Stunde sitzend verbringt, hat – statistisch gesehen – ein höheres Risiko eines frühzeitigen Todes im Vergleich zu Menschen, die zwar im Wesentlichen ebenso lange sitzen, aber dazwischen eben kleine Bewegungsunterbrechungen einbauen. Das geringste Sterberisiko besteht offenbar dann, wenn es bereits alle 30 Minuten eine kleine Sitzunterbrechung gibt. Und da bewirkt eben auch bereits das gemütliche Herumgehen einiges, so die Autoren der im Fachjournal American Journal of Epidemiology erschienenen Studie.
Risiko ab drei Stunden
Mehrfach zeigten Untersuchungen in den vergangenen Jahren die Gesundheitsrisiken zu langen ununterbrochenen Sitzens auf: So soll mehr als dreistündiges Sitzen am Tag für knapp vier Prozent aller Todesfälle verantwortlich sein, ergab 2016 eine andere US-Studie. Bereits eine zehnprozentige Reduktion der Sitzdauer zeigt messbare positive Auswirkungen auf die Gesundheit.
Wunsch nach Gehen
Eine weitere Untersuchung kam zum Schluss: Wer acht Stunden ohne Unterbrechung sitzt, kann auch die negativen Folgen dieses Verhaltens ausgleichen: Dafür muss man sich dann aber doch zumindest eine Stunde lang in etwas höherer Intensität am Tag – etwa eine Stunde zügiges Gehen mit 5,6 km/h oder Radfahren mit 16 km/h – bewegen.
Laut einer Umfrage unter 614 Büroangestellten in Deutschland liegt die durchschnittliche sitzende Zeit an einem Arbeitstag bei rund 5,4 Stunden (73 Prozent der in dieser Umfrage durchschnittlichen Arbeitszeit). Zirka 10 Prozent entfielen auf Stehen, 12,9 Prozent auf Herumgehen und rund 4 Prozent auf körperlich fordernde Aufgaben. Gleichzeitig ergab die Umfrage, dass die Angestellten ihre tägliche Zeit im Sitzen am liebsten auf maximal vier Stunden beschränken würden.
Bereits zehn Minuten sitzende Tätigkeit reichen aus, um den Blutfluss in den Beinen zu reduzieren – ein Risikofaktor für Gefäßerkrankungen.
Doch die Folgen davon merkt man lange nicht. Australische Büroangestellte wurden gefragt, welche negativen Gesundheitseffekte sie selbst durch ihr langes Sitzen merken: Rücken- und Nackenschmerzen, Verlust an Muskelspannung, Gewichtszunahme und Motivationsverlust waren die häufigsten Antworten. Für sie alle sind die Ergebnisse der Columbia-University positiv, wie es Studienleiterin Keith Diaz formuliert: „Bewegen Sie sich so lange Sie wollen und so lange es Ihren Möglichkeiten entspricht“ – in welcher Intensität sei nicht so wichtig wie dass man sich überhaupt dazu aufrafft, aufzustehen.