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Kranke Lunge: Wie auch Vitamin D helfen kann

Nach Herzinfarkt und Schlaganfall ist die chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD - oft umgangssprachlich als "Raucherlunge" bezeichnet (sie kann aber auch bei Nichtrauchern auftreten) - mittlerweile die dritthäufigste Todesursache weltweit. COPD führt zu einer fortwährenden Zerstörung der Lungenbläschen und Lungengefäße und damit zu einem schleichenden Verlust der Lungenfunktion. Auswurf, chronischer Husten und oft quälende Atemnot sind die Hauptsymptome. Anlässlich des Welt-COPD-Tages (20.11.) betonen Experten, dass die Zerstörung der Bronchien zwar nicht wieder rückgängig gemacht, aber aufgehalten werden kann.

Vitamin D verhindert Attacken

Vitamin D wirkt gegen den Abbau von Knochenmasse und hat auch für ein funktionierendes Immunsystem eine große Bedeutung. "Neue Untersuchungen belegen die Wichtigkeit von Vitamin D auch bei COPD", sagt der Lungenfacharzt Bernd Lamprecht,  Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) und Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum. Eine im Fachjournal Thorax 2019 veröffentlichte Metaanalyse zeigt, dass die Gabe von Vitamin D bei einem bestehendem Mangel die Anzahl der gefürchteten schubweisen Verschlechterungen der COPD (Exazerbationen) deutlich senken kann. Das ist vor allem deswegen bedeutend, da die überwiegende Anzahl der Todesfälle bei COPD bei solchen Schüben auftritt. Die Metaanalyse zeigt, dass jene Patienten, deren Vitamin D-Spiegel am niedrigsten war, am meisten von einer Vitamin D-Gabe profitierten: Bei ihnen sank die Rate dieser Schübe um 45 Prozent.

Der positive Effekt dürfte einerseits auf eine Stärkung des Immunsystems und andererseits auf die Hemmung der Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe zurückführen zu sein. Auch unterdrückt Vitamin D bestimmte Immunzellen, die vermutlich bei der Entstehung von COPD eine Rolle spielen.

Bei COPD-Patienten, die einen normalen Vitamin D-Spiegel hatten, brachte die Zufuhr von Vitamin D keinen weiteren Nutzen. Lamprecht: "Aber gerade in den Wintermonaten, wenn die Intensität der Sonnenstrahlung in unseren Breiten kaum ausreichend ist, um den täglichen Vitamin D-Bedarf zu decken, ist eine Unterversorgung mit diesem Vitamin nicht selten, besonders bei älteren und chronisch kranken Menschen. Daher sollten COPD-Patienten ihren Vitamin D-Status überprüfen lassen und gegebenenfalls ein Vitamin D-Präparat in Erwägung ziehen."

AHA-Symptome ernst nehmen

"Die ersten Symptome einer COPD werden oft durch gerade in der kalten Jahreszeit häufig auftretende grippale Infekte 'verschleiert' bzw. nicht richtig wahrgenommen. Die sogenannten AHA-Symptome – Atemnot, Husten und Auswurf – sollten immer ernst genommen und weiter, zum Beispiel durch eine Spirometrie, also einen Lungenfunktionstest, abgeklärt werden", appelliert Lamprecht.

Warum Training wichtig ist

Bei COPD finden nicht nur in der Lunge entzündliche Prozesse statt, sondern auch in den Muskeln. In der Folge kommt es zu Muskelabbau und einem Umbau der Muskelfasern. Die Muskelkraft der Patienten schwindet. Umso wichtiger ist es, dem zeitgerecht und zielgerichtet entgegen zu wirken. "Zahlreiche Studiendaten belegen die Wichtigkeit von Bewegung und Muskelaufbautraining bei COPD. Und gerade bei Patienten mit einem schlechten Allgemeinzustand ist moderates körperliches Training extrem wichtig. Einerseits, damit die Patienten wieder in der Lage sind, ihren Alltag allein meistern zu können. Und andererseits können dadurch drohende Exazerbationen und die daraus resultierenden Spitalsaufenthalte verhindert oder zumindest verringert werden.“

Wie eine Reha hilft

Die für den jeweiligen COPD-Patienten maßgeschneiderte Form der Bewegung und des körperlichen Trainings sind am besten im Zuge einer Rehabilitation zu erlernen und einzuüben. Lamprecht: "Im Zuge einer Rehabilitation werden die Therapien genau auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten. Einen wichtigen Stellenwert hat hier auch die sogenannte Patientenschulung: Atemtherapie mit Atemtechniken, atemerleichternde Körperhaltungen und Atemmuskeltraining, Entspannungsübungen, Lungensport, gezielte Gymnastik, Ernährungsberatung, gegebenenfalls Tabakentwöhnung und psychologische Therapien sowie eine fachärztliche Überprüfung der Medikamente, Schulungen z.B. bezüglich der richtigen Handhabung des Inhalators und diverser Hilfsmittel werden im Zuge des meist mehrwöchigen Rehabilitationsaufenthaltes angeboten. Deshalb ist eine Rehabilitation manchmal auch schon direkt nach der Diagnosestellung sinnvoll", erläutert Lamprecht.

Die Vorteile einer Lungen-Rehabilitation belegen auch die jüngsten Daten einer an der Reha-Klinik Enns in Zusammenarbeit mit der Klinik für Lungenheilkunde des Kepler Universitätsklinikums in Linz durchgeführten Studie, die auf der Jahrestagung der ÖGP im Oktober diesen Jahres präsentiert wurden. Es zeigte sich dabei eindeutig, dass die Patienten unabhängig von ihrem Geschlecht und Alter sowie unabhängig von der Ausprägungsform und dem Schwergrad ihrer Lungenerkrankung von einer pulmologischen Rehabilitation profitieren konnten.

Vorbeugen mit Rauchstopp

Die wichtigste Maßnahme zur Prävention ist nicht zu rauchen bzw. damit aufzuhören:  "Die Mehrzahl aller COPD-Patienten sind aktive oder ehemalige Raucher. An zweiter Stelle aber stehen Schutzimpfungen: Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, sich gegen Influenza und Pneumokokken impfen zu lassen."

 

 

 

COPD ist nicht gleich COPD. Unter chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, so die deutsche Bezeichnung (chronic obstructive pulmonary disease), versteht man verschiedene Krankheitsausprägungen, die mit einer Verengung (Obstruktion) der Atemwege und/oder einer nicht rückbildungsfähigen Überblähung der Lunge (Lungenemphysem) einhergehen.

Ausgangspunkt ist stets eine chronische Entzündung der Bronchien. Bei COPD reagiert die Lunge mit überschießenden Entzündungsreaktionen, die zu einer irreversiblen Schädigung der Lungenstruktur und im Endeffekt zur Zerstörung der Lunge führen. Unbehandelt führt COPD zum Erstickungstod.

Prinzipiell gibt es zwei Hauptformen: COPD mit chronischer Bronchitis, also einer entzündlichen Verengung der Bronchien, und COPD mit einem Lungenemphysem, also mit einer Überblähung der Lunge, bei der die Atemluft nicht mehr zur Gänze abgeatmet und weniger Frischluft eingeatmet werden kann. In beiden Fällen sind Husten und Atemnot die Leitsymptome. Oft treten beide Formen gemeinsam auf.