Wissen/Gesundheit

Down-Syndrom: Bluttest auf Kasse?

Es ist eine umstrittene Entscheidung: In Deutschland werden ab Ende 2020 "in begründeten Einzelfällen" Bluttests vor der Geburt auf Down-Syndrom (Trisomie 21) von den Krankenkassen bezahlt. Damit sollen die Risiken der sonst üblichen Entnahme von Fruchtwasser oder Plazentagewebe – wie eine Fehlgeburt – vermieden werden. In Österreich ist das noch nicht der Fall.

"Es ist zu begrüßen, dass deutsche Krankenkassen bei bestimmten Risikofällen die Kosten übernehmen. Das wäre auch in Österreich zu befürworten", betont Christiane Druml, Vorsitzende der Österreichischen Bioethikkommission. "Und der risikolose Bluttest anstelle von invasiven Verfahren zur Diagnostik kann Leben retten, weil er Fehlgeburten verhindert."

Außerdem könne eine frühe Diagnose auch zur Früherkennung anderer Erkrankungen wie etwa einem Herzfehler führen. "Wissen zu verhindern wäre unethisch. Gleichzeitig ist ein Druck auf Eltern, die ein Kind mit Down-Syndrom bekommen wollen, abzulehnen. Und es muss eine ausführliche genetische Beratung geben."

Eltern unter Druck

Genau diesen Druck befürchtet Sylvia Andrich, Obfrau des Vereins Down-Syndrom Österreich (DSÖ) und Mutter der 16-jährigen Helena mit Down-Syndrom: "Es wird heute vielfach suggeriert: 'Ein Kind mit Down-Syndrom – das muss nicht mehr sein. Die Pränataldiagnostik ist doch schon so gut.'" In der Gesellschaft herrsche ein viel zu negatives Bild dieser Chromosomenstörung. So werde das intellektuelle Entwicklungspotenzial mit entsprechender Förderung heute viel höher eingeschätzt als noch vor 20 Jahren.

Weltweit leben etwa fünf Millionen Menschen mit dem Down-Syndrom, in Österreich sind es rund 9.000. Bei ihnen ist das Chromosom 21 statt doppelt dreifach vertreten – deshalb die Bezeichnung "Trisomie 21". Als Folge verläuft die motorische, geistige und sprachliche Entwicklung langsamer.

Ausführliche Beratung

Peter Husslein, Vorstand der Uni-Klinik für Frauenheilkunde von AKH / MedUni Wien, betont, dass der Bluttest (auf Teile des kindlichen Erbguts) auch derzeit schon nur unter bestimmten Voraussetzungen durchgeführt werden darf: "Er muss mit einer ausführlichen genetischen Beratung und einem ausführlichen Ultraschall kombiniert werden." In dieser Kombination kostet der in Österreich zumeist durchgeführte Test (ein anderer als in Deutschland) für die Trisomien 13, 18 und 21 – und auf Wunsch auch das Geschlecht – 700 Euro.

Ob der vorgesehene Ultraschall – unter anderem zum Ausschluss schwerer Fehlbildungen und von Mehrlingen – dann auch noch eine Nackenfaltenmessung umfassen muss, darüber gehen die Meinungen auseinander, sagt Husslein. Das in der 21. Schwangerschaftswoche vorgesehene Organscreening werde durch den Test nicht ersetzt.

Martin Metzenbauer, Experte für Pränataldiagnostik von TwoCare (Praxis für Pränatalmedizin der Privatklinik Goldenes Kreuz), sieht in der Neuregelung in Deutschland ebenfalls einen "interessanten Ansatz". Eine Kostenübernahme sei für Menschen, die sich solche Tests ansonsten nicht leisten können, "sozial gesehen sinnvoll". Kritik, dass dadurch die Zahl der Abtreibungen steigt, kann er nicht nachvollziehen: "Den diskutierten Automatismus, dass die Diagnose Down-Syndrom unmittelbar zu einem Schwangerschaftsabbruch führt, gibt es meiner Meinung nach nicht."

Darüber hinaus werde die öffentliche Debatte über den Bestimmungstest für Trisomie 21 verkürzt geführt. Dabei handle es sich lediglich "um einen winzigen Teil dessen, was heute im Rahmen der erweiterten Pränataldiagnostik an medizinisch Sinnvollem geleistet werden kann". Durch entsprechende Testverfahren, zusätzlich zu den vorgeschriebenen Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, könne etwa auch Schwangerschaftsbluthochdruck (steigert das Risiko einer Frühgeburt) besonders früh erkannt und effektiv behandelt werden.

"Erster Schritt"

Martina Kronthaler, Generalsekretärin von Aktion Leben Österreich, lehnt eine Kostenübernahme durch die Kassen ab. Sie sieht darin "einen ersten Schritt in Richtung einer flächendeckenden Bezahlung des Bluttests". Für Kronthaler eine "bedenkliche Entwicklung, weil solche Tests die gesellschaftliche Haltung verstärken, dass das Down-Syndrom eine zu vermeidende Katastrophe für werdende Mütter und Eltern ist".

In Österreich wird derzeit eine Kostenübernahme durch die Krankenversicherungsträger "intern diskutiert", heißt es beim Hauptverband. Die Verantwortung liege beim Sozialministerium: "Die Sozialversicherung würde Ausweitungen der inkludierten Leistungen begrüßen, so diese von Experten als medizinisch zielführend erkannt werden."