Warum schon die alten Ägypter auf Salat standen
Kein Gemüse wird von den Österreichern so geliebt wie der Salat. 45 Tonnen werden hierzulande jährlich angebaut und verzehrt – Importware nicht eingerechnet. Wer glaubt, dass die Liebe der Österreicher zum knackigen Grünzeug nur eine Modeerscheinung ist, irrt. Die Idee, Blätter zu marinieren und so schmackhaft zu machen, ist uralt. Der Bioarchäologe Andreas G. Heiss befasst sich hauptberuflich mit der Geschichte pflanzlicher Nahrungsmittel: „Sehr wahrscheinlich haben Menschen schon sehr lange grüne Blätter mariniert und gegessen. Gesichert ist der Verzehr aber erst seit der Antike, weil es ab dieser Zeit schriftliche Quellen gibt.“
Vor-, Nach- oder Hauptspeise?
So hat Hippokrates empfohlen, Salat als Vorspeise zu verzehren – und er meinte damit nicht nur die grünen Blätter. „Bereits in der Antike wurden rohes Gemüse und Blätter gemischt, dann mit Essig und Öl gewürzt“, sagt Heiss. Zum Beispiel waren Gurken als Rohkost sehr beliebt – ein Gemüse, das ursprünglich aus Indien stammt und im Mittelmeerraum verbreitet war. Die antiken Köche waren bei der Zubereitung sehr kreativ, wie man aus alten Kochbüchern weiß: Die Römer haben z. B. Salat mit Pinienkernen, Käsesauce oder Minze aufgepeppt.
Ob man Salat als Vor- oder Nachspeise genießen soll, war lange ein Streitpunkt. Während Hippokrates glaubte, dass er vorher serviert werden sollte, weil er „besser durch das System schlupft und zu keinen Verstopfungen führt“, rieten andere, ihn am Ende zu konsumieren. Schließlich würde der Essig in der Marinade den Genuss des Weines beeinträchtigen.
Viele Varianten
Der Häuptelsalat – also die Pflanze, oder zumindest ihr älterer Vorfahr – kam wohl um Christi Geburt mit den Römern nach Mitteleuropa. Besser dokumentiert ist der Salatgenuss mit Essig und Öl aber eher später, und für den byzantinischen Raum. „Richtig variantenreich wurde es auch bei uns nach dem Mittelalter, also im 16. Jahrhundert“, sagt Heiss. Das gilt sowohl für Salat als auch für Gemüse. Etwa aus der Zeit stammt übrigens der Begriff Salat: Latein (herba) salata wie auch die italienische insalata bedeutet schlicht „das Eingesalzene“ – auch Gemüse wurde gesäuert und gesalzen, damit es haltbar wird. Apropos: Bio-Archäologe Heiss weiß , warum wir Gemüse so nennen: „Pflanzliches Essen, das zu Mus zerkleinert wurde, nannte man mittelhochdeutsch gemüese.“
Neue Züchtungen
Zurück ins Heute: Da gibt es unzählige Salatsorten – Agrarwissenschaftler sind dabei, immer Neues zu kreieren, wie Anna Keutgen von der Universität für Bodenkultur Wien sagt: „Man hat das Bittere und Harte aus den Blättern herausgezüchtet. Und statt grünen gibt es jetzt auch oft rote und krause Blätter.“ Neuester Trend sei der Salanova – ein Salat für Faule, muss man doch nur den Strunk herausstechen, sodass viele Blätter sofort abfallen, die man nur noch marinieren muss.
Jeder Zeit ihren Salat
Salat ist früher wie heute ein Synonym für fast alles, was man kalt zusammenmischt. Jedes Jahrzehnt scheint seine Vorlieben zu haben (Grafik), die viel über die Zeit aussagen, in der die Kreationen entstanden sind. So soll der Caesar Salad in der Zeit der Prohibition im mexikanischen Tijuana entstanden sein. Hollywoodstars besuchten oft das Hotel Caesar’s Place, weil sie dort legal Wein und Whiskey konsumieren durften. Am US-amerikanischen Nationalfeiertag soll der Ansturm so groß gewesen sein, dass die Küche kaum nachkam. Und da Not erfinderisch macht, bastelte der Chefkoch aus dem vorhandenen Salat ein neues Gericht: Caesar Salad.
Mach mich an: Dressings geben dem Salat Würze
Was haben Salate mit Physik zu tun? Einiges, denn eine sämig-mollige Emulsion (Öl-in-Wasser-Lösung) legt sich perfekt über den Salat – so schmeckt jeder Bissen. Das Problem: Die Hauptzutaten Essig und Öl sind von Natur aus nicht sehr verbindungsfreudig. Wird das Öl (3 Teile Öl auf ein Teil Essig) aber schwungvoll eingerührt ist eine (kurzfristige) Emulsion im Handumdrehen fertig. Mit Milchprodukten oder Mayonnaise als Basis ist die Emulsion schon vorhanden, weshalb sie ideal für Dressings sind. Diese Saucen sind aber meist schwerer und für zarte Salate ungeeignet.
Vinaigrette Der Klassiker aus Essig und Öl passt – fast – immer, egal ob zu Blatt- oder Gemüsesalaten. Und die Marinade ist unglaublich vielseitig zuzubereiten, etwa mit Senf und Kräutern.
French Dressing In Großbritannien bezeichnet man so die französische Vinaigrette, in den USA versteht man darunter ein Dressing mit Mayonnaise, Ketchup oder Tomatenmark.
Thousand-Island-Dressing Vielleicht der amerikanische Dressing-Klassiker– die Salatsauce mit Mayonnaise, Paprikaschoten, Chilisauce und Tabasco. Belegt ist ihre Existenz seit 1912, als sie im berühmten Waldorf-Astoria in New York aufgetischt wurde.
Buchtipps
Die gesunde Fastfood-Küche der beiden trendigen Briten Vincent und Baxter alias Leon zeigt, dass Salat alles andere als fad ist. Neben Klassikern gibt’s viele Neuinterpretationen.John Vincent, Jane Baxter, Leon. 100 Salate, Dumont Verlag, 20,60 €
Geröstet, geschmort oder klassisch mariniert: Hier wird Salat schnell von der Beilage zur Hauptspeise.Amanda Hesser, Merrill Stubbs, Salat satt, Südwest Verlag, 17,50 €.
Schicht für Schicht kommen die Salatzutaten ins Glas, das Dressing leert man kurz vor dem Genuss im Büro drüber.Katrin Stöttinger, Shaking Salad Low Carb, Brandstätter Verlag, 19,90 €