Stille und Frieden in Dalmatien: Die beste Zeit für Kroatien-Hotspots
Kleinkinder sausen auf Rutschautos über die polierten Steinplatten, größere Kids veranstalten um die Orlando-Säule Fahrrad-Wettrennen, Mütter sitzen daneben und plauschen. Im Sommer 2020 geht es in der Altstadt von Dubrovnik – der geschlossen erhaltenen Renaissance- und Barockschönheit – überaus entspannt zu. Normalerweise drängen sich Touristenhorden, doch heuer gehört die „Perle der Adria“ den eintausend Einwohnern. Doch nun schleicht sich Katzenjammer ein.
„Anfangs haben wir aufgeatmet, aber wir brauchen die Gäste zurück“, erklärt Stadtführerin Gabriela Lucic. Gut achtzig Prozent der Dubrovniker leben vom Tourismus. „Früher kamen an Spitzentagen bis zu 26.000 Tagesgäste in die Altstadt, heuer sind es maximal 2.000. Alle lassen aus: Kreuzfahrt-Touristen, Fans der TV-Fantasy-Saga Game of Thrones (Dubrovnik war eine wichtige Filmkulisse), Fluggäste. Letztere haben einen Gästeanteil von fünfundachtzig Prozent. Für die Bewohner ist das existenziell.“
Im Sommer 2020 sind auf der Hauptflaniermeile Stradun und auf der 1.940 Meter langen Stadtmauer, die seit dem 9. Jahrhundert die Altstadt umschließt, nur vereinzelt Besucher unterwegs. In der „Frauengasse“ (Ulica od Puca) sind einige der Juwelier- und Schuhgeschäfte mangels kauffreudiger Touristinnen geschlossen. In der „Herrengasse“, der Fressmeile der Stadt, buhlen Restaurants mit Rabatten um Gäste (z. B. minus 19 Prozent Covid-Aktion). Sogar der Eintrittspreis zur Stadtmauer wurde reduziert.
Individualtouristen freuen sich
Die wenigen Dalmatien-Urlauber, die derzeit unterwegs sind, sind vorwiegend Individualtouristen mit dem eigenen Auto. Ein Lichtblick! Gabriele: „Diese neue Gästeschar ist sehr an Dubrovnik interessiert, genießt bewusst und weiß, dass sie hier nicht in Königsmund aus Games of Thrones ist.“
Auch wir sind mit dem Auto unterwegs: Von Dubrovnik aus geht es nordwärts nach Korčula. Die grüne, bewaldete Insel stand viele Jahrhunderte lang unter venezianischer Herrschaft. Die entzückende mittelalterliche Hauptstadt gleichen Namens kuschelt sich mit engen Gassen und pittoresken Steinhäusern eng auf einer Halbinsel zusammen – und gilt als schönste Altstadt der kroatischen Inselwelt sowie Geburtsort des ersten Weltenbummlers Marco Polo. Normalerweise ist Korčula ebenfalls Touristenmagnet erster Klasse, heuer ist es hier nahezu gespenstisch still. Kellner stehen vor menschenleeren Restaurants und warten.
Je weiter wir in den Norden kommen, umso besser ist Dalmatien besucht. In Zadar, der kulturhistorisch bedeutsamen Stadt, könnte man im Juli 2020 von einer nahezu „normalen Vorsaison“ sprechen, oft ist in den Straßen Deutsch (österreichischer Färbung) zu hören. Allabendlich versammeln sich auf der Westspitze der autofreien Altstadthalbinsel Romantiker zum „schönsten Sonnenuntergang der Welt“ – wie Regisseur Alfred Hitchcock 1964 befand. Vor wenigen Jahren wertete ihn der heimische Künstler Nikola Bašic mit zwei einzigartigen Kunstinstallationen weiter auf: Die „Meeresorgel“ (Morske orgulje) – Steinstufen am Meer, im Wasser darunter verlaufen 35 Röhren – macht die eindringenden Wellen, hydraulisch umgesetzt, hörbar.
Gleich daneben gefällt der „Gruß an die Sonne“ (Pozdrav suncu): Die 22 Meter große, kreisrunde Glasscheibe im Boden besteht aus dreihundert mehrschichtigen Platten samt LED-Beleuchtungselementen. Kaum versinkt die Sonne glutrot im Meer, beginnt Bašic’s Sonnengruß in wechselnden Farben zu wabern. Das mystische Lichtkunstwerk dient auch einem nützlichen Zweck: Als kleines Solarkraftwerk erzeugt es die Energie für sich selbst sowie die komplette Beleuchtung der Promenade. Ein Vorzeigeprojekt für erneuerbare Energie, Effizienz sowie künstlerische Nutzung urbaner Flächen.
Allabendlich wird hier der Sonnenuntergang zelebriert – von Einheimischen wie Touristen. So manch einer wagt ein Tänzchen auf dem gläsernen Rund oder bedankt sich mit einem Yoga-Sonnengruß beim Universum. Wohl nicht nur für das sehenswerte Lichtspektakel, sondern für einen der ganz wenigen Vorteile, die der heurige Ausnahmesommer mit sich bringt: den schönsten und stillsten Kroatienurlaub seit Langem.
Klimafreundliche Anreise
Flug: Austrian Airlines fliegt täglich Wien–Dubrovnik, austrian.com,
CO2-Kompensation via atmosfair.de 10 €.
Flixbus: 15 bis 16,5 Stunden Fahrzeit, ab 47 €, flixbus.com.
Auto: Wien–Dubrovnik knapp 1.000 Kilometer.
Tipp 1: über Ungarn Bundesstraßen-Grenzübergang Gorican fahren (an Sloweniens Grenzübergängen strengere Kontrollen und längere Wartezeiten).
Tipp 2: den Bosnien-Herzegowina-Straßenkorridor bei Neum meiden (wegen Corona-Maßnahmen) und über die kroatische Halbinsel Pelješac ausweichen (mit Fähre Ploce–Trpanj)
Übernachten
– The Pucić Palace 5*, Dubrovnik 5*: Boutique-Hotel im Palast aus dem 17. Jh. in der Altstadt; drei Restaurants. DZ/F ab 160 € thepucicpalace.com
– Hotel Korčula de la Ville 4*: Gemütliches Boutiquehotel aus 1920 an der Ufer- promenade Korčulas; großartiges Frühstück auf der Terrasse. DZ/HP ab 176 € korcula-hotels.com/de/hotel-korcula-de-la-ville
– Falkensteiner Hotel Adriana 4*, Zadar: Adults-only-Hotel (ab 14 J.); schöner Garten mit Altbaumbestand, sehr gute Küche, Acquapura Spa im Nachbarhotel. DZ/HP ab243 €, falkensteiner.com/hotel-adriana
Auskünfte
kroatien.at, tzdubrovnik.hr, visitkorcula.eu/de, zadar.travel/de