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Ein Wohntraum aus dem Orient

Irgendwann reicht’s mit Heimwerken, Bananenbrot und Online-Yoga: Die Pandemie lässt sogar passionierte Couchpotatoes nach Outdoor-Freuden gieren. Schlimm genug, dass unklar ist, wann Schluss mit Lockdowns und Beschränkungen sein wird. Doch lauscht man diversen Experten, kann es gut sein, dass COVID-19 nicht das letzte Virus bleibt, das uns zum Hausarrest verdonnert. Dies lässt auch Architekten grübeln, was Quarantäne-Lifestyle erträglicher macht. Ein schöner Entwurf dazu kommt aus dem Orient: Mit „Sarvestan“ plant das Teheraner Büro Saffar Studio einen Pandemie-Wohntraum, der drinnen und draußen viel zu bieten hat.

Vorlage aus tausend & einer Nacht

Ideen dazu, wie Wohnbau und Stadtplanung kommenden Krisen besser gerecht werden, gibt es auch bereits von anderer Stelle. US-Architekt Ro Shroff zum Beispiel sieht die Zukunft urbanen Wohnens in speziellen, aus Holz gebauten Wolkenkratzern mit hohlem Kern. Und das spanische Büro Guallart Architects begeisterte eine chinesische Wettbewerbs-Jury mit einem Projekt, das traditionellen europäischen Stadtvierteln ähnelt. Saffar Studio indes geht einen völlig anderen Weg: Das Team nahm Anleihen bei alten persischen Gärten, wandelte sie ab und baute sie ins Konzept eines modernen Wohnkomplexes ein.

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Der Plan zum eleganten Pandemie-Wohntraum aus dem Orient entstand auf Basis eines „Gedanken-Quadrats“. Eckpunkt eins: Das Gebäude und seine Struktur im urbanen Kontext. Punkt zwei: Die Ideen des Architekten. Punkt drei: Die Wünsche und Erwartungen des Kunden. Und Punkt vier: Die Vorgaben und Bestimmungen der Stadt. Als Mittelpunkt des Designprozesses formulierte das Saffar Studio Team ein klares Ziel als Zentrum des Quadrats: „Wir müssen die Herausforderungen der heutigen Zeit und des Zeitalters lösen“.

Simple Formel, komplexes Ziel

Zweck dieser Formel war es, so die Architekten, eine Lösung zu finden, die auf Herausforderungen reagieren und sich der aktuellen Situation anpassen kann. Im Fokus stand dabei die Möglichkeit weiterer Gesundheitskrisen, die die Bewegungsfreiheit einschränken und bisher gewohnte Anforderungen ans Eigenheim signifikant verändern.

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Was schließlich entstand, ähnelt einem vertikalen Garten, der eine Art Pavillon gen Himmel zu heben scheint. Luftige, große Innenräume bieten unterschiedlicher Nutzung Platz. Hell und flexibel angelegt, soll es sich darin bequem wohnen, entspannen, aber auch arbeiten lassen. Auch das hauseigene Fitnesscenter, die Lobby und das Schwimmbad sind weitläufig konzipiert. So, dass genug Distanz gehalten werden kann, wenn die aktuelle Situation dies nötig macht. Innerhalb der eigenen vier Wände, aber auch in gemeinschaftlich genützten Bereichen.

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Die Idee eines zentralen Hofes haben die Architekten für den Pandemie-Wohntraum umgewandelt. Sonst im Zentrum von Gebäuden gelegen, wurde die gewünschte Grünanlage im Plan „zerteilt“ und an die Seiten und den Körper des Bauwerks gesetzt. Dadurch schafft das Konzept viele und möglichst große, multifunktionale Grünzonen.

Wie ein grüner „Wunderwürfel“

Von außen betrachtet, erinnert „Sarvestan“ ein bisschen an einen verdrehten Rubik Würfel, dem Einzelteile entnommen wurden. Die rundum platzierten, begrünten Terrassen lassen den Komplex wie einen ordentlichen, aber in sich verschobenen Schachtelstapel wirken.

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Was den speziellen Look hervorruft, sind zwei grundlegende Ideen der Architekten: Sie folgten einem „Neuner-Quadratmuster“ und drehten die Etagen übereinander. Ziel dieser Strategie ist, den Bewohnern viel Tageslicht, offene und halboffene Freiluftzonen mit Top-Ausblick und kommunikative Gemeinschaftsbereiche, zugleich aber geschützte Privatsphäre zu verschaffen.

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Saffar Studios Pandemie-Wohntraum ist genau auf die klimatischen Verhältnisse des angedachten Standorts in Teheran zugeschnitten. Bedingungen wie Sonneneinstrahlung und ortstypische Winde wurden bei der Planung penibel berücksichtigt. Auch an für Fußgänger einladende Durchgangsmöglichkeiten im städtischen Kontext wurde gedacht. Ebenso, wie anGrünflächen an allen Außenseiten des Gebäudes. Das Foyer „schwebt“ quasi inmitten eines Gartens.

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Um den Pandemie-Wohntraum in Krisenzeiten zum sicheren Ort zu machen, haben sich die Architekten einiges einfallen lassen. So wurde die Anzahl der Einheiten pro Etage auf maximal zwei reduziert. Diese sind wiederumüber zwei Rolltreppen und zwei Aufzüge in zwei separaten Lobbys zugänglich. Alle verfügen über zwei getrennte Eingänge, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich.

Bollwerk gegen Infektionen

Einer der Eingänge ist jeweils mit einem isolierten „Basisraum“ ausgestattet. Dieser ist mit Einrichtungen zur Reinigung von Geschirr und Kleidung ausgestattet. Und mit einer Duschkabine. So soll verhindert werden, dass Krankheitserreger ins Haus getragen werden. Auch dieser Raum hat zwei getrennte Türen. Eine führt zur Lobby der Etage. Die andere zum Vordereingang im Inneren der Einheit.

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Neben derlei durchdachten Sicherheitsvorkehrungen hat Saffar Studios Pandemie-Wohntraum aber auch viel Komfort zu bieten: Der Komplex ist mit Beautysalon, Wäscherei, Arbeitsräumen, Veranstaltungssaal, Kino, Fitnessraum, Café und großem Dachgarten ausgestattet. Alle öffentlichen Räume – wie Schwimmbad, Eventsaal und Café – haben zudem Zugang zu Freiflächen auf den Terrassen oder Innenhöfen des Gebäudes.

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Als Werkzeug gegen urbane Luftverschmutzung soll die üppige Begrünung des Bauwerks dienen. Die Architekten betrachten diese nicht als dekoratives, sondern als essenzielles Element ihres Projekts, das für weit mehr als bloßen Sichtschutz sorgt. Laub- und immergrüne Pflanzen sollen die Luftqualität verbessern und das Aussehen von „Sarvestan“ mit jeder Jahreszeit in neue Farbpracht tauchen.

Zypressen für den Pandemie-Wohntraum

Eine der Pflanzen, die das Gebäude zieren sollen, hatte überdies Einfluss auf die Bezeichnung des Entwurfs: Zu Ehren traditioneller Gärten und der mythischen Rolle der Zypresse in der Geschichte des Iran nannte Saffar Studio das Projekt „Sarvestan“. Denn das Gewächs „sarw“ (Persisch für Zypresse) wird dort seit jeher für Beständigkeit und immergrünes Wachstum gepriesen. Und die Stadt Sarvestan in der Provinz Fars spielt mit dem historischen, aus Lehmziegeln gebauten, gleichnamigen Palast nicht nur eine wichtige Rolle in der iranischen Kunstgeschichte: Die Region ist auch für ihre vielfältige tropische und sub-tropische Vegetation bekannt.

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Das Projekt „Sarvestan“ ist Saffar Studios Beitrag zu einem Wettbewerb der auf die Entwicklung von Luxusimmobilien spezialisierten NEXA Group. Ob und wann der Pandemie-Wohntraum realisiert wird ist derzeit noch offen. Doch die Ideen des Teams umAhmad Saffar versprechen Lebensqualität, die über Krisenzeiten rettet. Sie machen Sinn – vor allem für all jene, die aktuell beengt und ohne Zugang zu Freiluftzonen oder Grün das Ende der Einschränkungen herbeisehnen müssen.

Text: Elisabeth Schneyder Bilder: Saffar Studio

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