Ein Holz-Hochhaus geht in Serie
Der Rohbau stand in nur acht Tagen, die gesamte Bauzeit betrug ein Jahr. Der Life Cycle Tower One im westösterreichischen Dornbirn war das erste Holzgebäude an der Hochhausgrenze in Österreich, und das noch dazu im Passivhaus-Standard. Es sollte der Prototyp werden für eine neue und nachhaltige Art des Bauens im Modulsystem. Eine Art ökologisches Prêt-à-porter der Architektur, vertrieben unter dem Label CREE, gegründet 2010 von Hubert Rhomberg.
Das ökologische Baukasten-System
Der Visionär hat es sich zum Ziel gesetzt, den Bauprozess komplett neu zu denken und nebenbei die weltweite Klimabilanz zu verbessern. Mittlerweile ist das Vorarlberger Holz-Hochhaus in Serie gegangen, mit Ablegern, die über den ganzen Globus verteilt sind. Mit dem Timber Pioneer entsteht nun das erste Bürogebäude in dieser nachhaltigen Bauweise in der Finanzmetropole Frankfurt.
Mit der Holz-Hybrid-Bauweise lässt sich eine CO₂-Bilanz erzielen, die 90 Prozent besser abschneidet, als die herkömmliche Bauweise, wie die Tochterfirma der Rhomberg Gruppe versichert. Durch die Kooperation mit Partnern vor Ort sollen das regionale Handwerk und die Holzwirtschaft gefördert werden. Auch die Bauzeit lässt sich durch die Serienfertigung von Holz-Verbund-Elementen um die Hälfte verkürzen, es entsteht weniger Lärm und weniger Abfall auf der Baustelle.
Wie es mit der Rentabilität eines grünen Gebäudes steht, und warum wir lernen müssen, im Kreislauf zu denken, erklärte uns Hubert Rhomberg im Interview.
Timber Pioneer ist Frankfurts erstes Bürohaus in Holz-Hybrid-Bauweise. Welchen Stellenwert hat dieses Projekt im Herzen der Finanzmetropole?
HUBERT RHOMBERG: Es ist ein weithin sichtbares Signal für eine neue Zeit. Mit neuem, ehrlich nachhaltigem Denken und ernsthaften konkreten Schritten. Es zeigt, welche Unternehmen die Herausforderungen der Zukunft annehmen und daraus ihre eigene erfolgreiche Zukunft bauen.
Die Holz-Hybrid-Bauweise reduziert den Ressourceneinsatz und die CO₂-Emissionen. Warum ist das so wichtig?
Das ist deshalb so wichtig, weil wir das Problem damit an der Wurzel packen. Nämlich am enormen Ressourcenverbrauch, die darin steckende Energie und den damit verbundenen CO₂-Ausstoß. Zement alleine ist für acht Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich.
Die Nachfrage nach grünen Immobilien explodiert und kann noch sehr lange nicht gedeckt werden.
Welche Vorteile hat diese Bauweise für Firmen, die sich hier einmieten?
Es besteht ein nachweislich gesünderes Arbeitsumfeld. Das verbaute Holz ist in den Büroräumen sichtbar, riechbar und spürbar. Holz hat eine positive Wirkung auf Gesundheit, Wohlbefinden und Motivation – und damit letztlich auch auf die Produktivität. Gleichzeitig können die Firmen eine extrem reduzierte CO₂-Bilanz vorweisen. Ein klares Signal an alle Stakeholder.
Steht die Nachhaltigkeit beim Bauen in Konflikt mit der Rentabilität eines Gebäudes?
Mittlerweile ist es genau umgekehrt. Wer heute in ein Gebäude investiert, das 100 Jahre besteht und auf 30 Jahre abgeschrieben sein muss, hat kein Interesse, auf alter Technologie und überholtem Denken zu sitzen. Es wird jedenfalls kein werthaltiges Investment sein. Heute erzielen wir mit diesen wirklich grünen Real-Estate-Produkten bessere Renditen – nicht nur in der Vermietung, sondern auch in der Verwertung. Die Nachfrage nach grünen Immobilien explodiert und kann noch sehr lange nicht gedeckt werden.
Eine Veränderung in der Baubranche in Richtung Nachhaltigkeit geht nur langsam voran. Woran liegt das?
Die Baubranche ist sehr träge und geprägt durch viele unterschiedliche Beteiligte und wenig Transparenz. Außerdem besteht kaum Know-how im Bereich Planung und Bau mit neuen Technologien und Materialien wie zum Beispiel Holz. Wir haben mit CREE ein Plattformkonzept entwickelt, mit dem wir die Erfahrungen aller Partner sehr schnell und effizient teilen können. Deswegen kommt es jetzt zu einer sehr raschen Bewegung in der ganzen Branche. Wer hier alles selbst entwickeln und lernen will, braucht zu viel Zeit und zu viel Geld.
Verfechter des Cradle-to-Cradle-Prinzips propagieren den Einsatz von rückbaubaren Materialien. Wird bei der CREE-Bauweise auf dieses Prinzip geachtet?
Das ist genau die Grundlage. Nur mit unserem systematisierten Ansatz und dem digitalen Zwilling kann auch der Rückbau und die weitere Verwendung der Gebäude-Komponenten sichergestellt werden. Das geht allerdings nur, wenn man den Ansatz konsequent verfolgt und uns auch die Planung überlässt. Wer das selbst in die Hand nimmt, muss sich auf eine längere Lernreise einlassen. Das erste Projekt bringt immer eine Lernkurve. Im digitalen Zwilling kann ich das alles schon im Vorfeld durchspielen.
In Ihrem Buch „Bauen 4.0“ propagieren Sie das Ziel einer emissions- und abfallfreien Zukunft. Was sind die wichtigsten Schritte auf diesem Weg?
Das Ziel ist, den Materialeinsatz beim Bauen so weit wie möglich zu reduzieren. Je weniger Energie dabei verbraucht wird, umso geringer fallen die CO₂-Emissionen aus. Wir müssen auch lernen, im Kreislauf zu denken. Um in der Branche einen erzieherischen Effekt zu erzielen, sollte es künftig keine Baugenehmigung und keinen Baustart geben, ohne dass zuvor eine entsprechende Materialliste samt Rückbauanleitung vorgelegt wird.
Stimmt es, dass Sie mit Ihrem Unternehmen CREE eine Art ‚Amazon des Bauens' werden wollen?
Wir wollen mit unserer Plattform das weltgrößte Baukollektiv schaffen mit dem höchsten Bauvolumen und dem stärksten Impact. Die Digitalisierung liefert dafür die nötigen Grundvoraussetzungen. Allerdings ist das Ziel kein Unternehmen mit klassischen Shareholdern, sondern ein Kollektiv zum Wohl aller.
Interview: Gertraud Gerst Fotos: CREE GmbH
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