Chronik/Wien

Wiens Teststrategie soll bis zu 60.000 Infektionen im Herbst vermieden haben

Schon bald könnten kostenlose Coronatests der Vergangenheit angehören. Zumindest, wenn es nach einigen ÖVP-Landeshauptleuten geht. Sehr zum Missfallen von Wien, wo man im Rahmen des Programms „Alles Gurgelt“ seit einem Jahr ein sehr intensives und breites PCR-Testprogramm laufen hat. Im Vorfeld des heutigen Bund-Länder-Coronagipfels, bei dem auch über die Zukunft der Gratistests entschieden werden könnte, macht die Stadt daher Stimmung für ihr Testprogramm.

Anhand der Corona-Statistiken zwischen Oktober und Dezember 2021 will die Stadtregierung  nachweisen, dass Wien (wo bisher 70 Prozent aller PCR-Tests erfolgten) aufgrund der höheren Testfrequenz deutlich besser durch die Pandemie gekommen ist als der Rest Österreichs. Die Daten im Detail:

In den untersuchten drei Monaten erfolgten in Wien pro Einwohner im Schnitt acht Tests, während es im Rest Österreichs nur drei waren. Im selben Zeitraum war in Wien die Sieben-Tage-Inzidenz mit 288 deutlich geringer als in den anderen Bundesländern (499). Das wirkte sich auch auf die Hospitalisierungen aus: In Wien mussten 14 von 100.000 Einwohnern wegen Corona ins Spital, im Rest des Landes waren es 17. Die Sterberate lag in Wien bei 19 pro 100.000 Einwohnern, im Rest des Landes bei 30.

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Infizierte "herausgefischt"

Ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) erklärt diesen Effekt dadurch, dass es aufgrund der hohen Testrate gelingen würde, Infizierte frühzeitig herauszufischen, was zu geringeren Folgeinfektionen führen würde.  

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Vor dem 4. Quartal 2021, als die Testrate in Wien und dem Rest Österreichs noch ähnlich hoch war, sind hingegen kaum Unterschiede bei den Inzidenzen und Hospitalisierungen auszumachen, das hat man bei der MA 15 (Gesundheitsdienst) errechnet.

Aus dem Vergleich mit den Daten aus Restösterreich ergibt sich für die MA 15, dass in Wien im Untersuchungszeitraum 44.000 bis 60.000 Infektionsfälle vermieden werden konnten, weites 58.000 bis 78.000 Krankenstandstage sowie rund 840.000 Quarantänetage. Im Gesundheitsbereich geht man von vermiedenen Kosten von 38 bis 42 Millionen Euro aus, die volkswirtschaftlichen Einsparungen würden demnach sogar bei 141 bis 156 Millionen Euro liegen.

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All dies sei vom Bund zu berücksichtigen, betont man seitens der Stadt: „Wenn wir schon eine neue Teststrategie entwickeln wollen für Österreich, dann bitte anhand der Realität und nicht nach Bauchgefühl“, so der Hacker-Sprecher.

Dennoch gab es zuletzt auch seitens medizinischer Experten Kritik an den Gratis-Tests, vor allem im Zusammenhang mit der Impfpflicht: Alle, die sich nicht an das Gesetz halten und ungeimpft bleiben würden, würden dennoch gratis Tests vom Staat bekommen, um einkaufen oder in die Gastronomie zu gehen. "Und das alleine ist schon widersprüchlich", bemängelte etwa der Epidemiologe Gerald Gartlehner. Es gebe "keine wirkliche Teststrategie".