Wiens Spitäler setzen Quarantäne-Lockerungen nicht um
Von Josef Gebhard
Auf scharfe Ablehnung treffen in Wien die am Mittwoch vom Bund beschlossenen neuen Quarantäne-Empfehlungen. Zumindest im Bereich der städtischen Spitäler und Pflegewohnhäuser werde man sie nicht umsetzen, heißt es im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).
Wie berichtet dürfen Corona-Infizierte laut Empfehlung ohne Freitesten nach fünf Tagen wieder arbeiten und einkaufen gehen - wenn sie 48 Stunden symptomfrei waren und eine Maske tragen. Im Privatleben sollen sie Gastronomie und Großveranstaltungen meiden und ebenfalls Maske tragen. Mit dieser Maßnahme will man vor allem dem coronabedingten Personal-Engpass im Gesundheitsbereich entgegenwirken.
Weiters kann man sich wie bisher nach fünf Tagen auch „freitesten“. Bei negativem Ergebnis bzw. CT-Wert über 30 gelten dann die oben genannten „Verkehrsbeschränkungen“ für das Privatleben und auch die Maskenpflicht nicht.
Regeln nicht kontrollierbar
In einer ausführlichen schriftlichen Stellungnahme argumentiert nun das Büro Hacker gegen die Empfehlung. Ein großer Teil der positiv Getesteten würde Symptome entwickeln, deshalb sei die Zahl der Personen, die wieder früher arbeiten können, sehr gering, lautet der erste Einwand.
Demgegenüber stünden die äußerst komplexen Regeln für die Verkehrsbeschränkungen. Sie würden zu einem enormen Aufwand für die Behörden führen und seien in der Praxis kaum kontrollierbar.
Freitesten irrelevant
Nur zehn Prozent der positiven Fälle würden es laut Erfahrungen in Wien tatsächlich schaffen, sich am fünften Tag freizutesten, weitere 20 Prozent in den Tagen sechs bis neun. Das würde heißen, dass 70 Prozent der Infizierten nicht von den Regeln zum Freitesten betroffen seien.
Angesichts der geplanten Reduktion der Testkapazitäten sei zu befürchten, dass viele Infizierte stattdessen auf die Variante der Verkehrsbeschränkungen zurückgreifen werden. In der Stadt befürchtet man aber, dass die Betroffenen die „Vorgaben mangels Überwachbarkeit nicht einhalten werden und dadurch eine unnötige Verlängerung der Hochinzidenzphase riskiert wird“.
Keine wissenschaftliche Basis
Zudem sei eine automatische Beendigung der Absonderung nach fünf Tagen wissenschaftlich nicht begründbar. „Die mittlere Infektionsdauer bei Omikron beträgt zwischen 4,8 und 6 Tagen. Das heißt, Patienten sind in diesem Zeitraum infektiös“, heißt es in der Hacker-Stellungnahme.
Mögliches strafbares Handeln
Darüber hinaus hat die Stadt auch rechtliche Bedenken: „Speziell in vulnerablen Bereichen wie Krankenanstalten und Pflegewohneinrichtungen kann nicht verlangt werden ein zusätzliches Haftungsrisiko einzugehen, weil sich aus dem Behandlungsvertrag bzw. Betreuungsvertrag bzw. dem Arbeitsrecht auch Schutzpflichten gegenüber den Patienten, Betreuten und Mitarbeitern ergeben. Darüber hinaus wären bei dem bewussten Einsatz von positiven Mitarbeitern krankenanstaltenrechtliche, berufsrechtliche aber auch strafrechtliche Folgen zu befürchten.“
Konkret könnte es strafrechtlich relevant sein, wenn eine wissentlich mit Corona infizierte Person den Dienst antritt (vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten).
Hacker ist über die Empfehlungen des Bundes empört: „Dieses verantwortungslose Handeln wird dazu führen, dass wir die Hochinzidenzphase unnötig in die Länge ziehen. Das kommt nahezu einer gesundheitsbehördlichen Selbstaufgabe gleich. Infiziertes medizinisches Personal wird in Wien unter keinen Umständen arbeiten gehen.“
Offen bleibt noch, wie weit die Empfehlungen für die allgemeine Bevölkerung umgesetzt werden müssen. Bleibe es bei einer Empfehlung, gebe es laut Hacker-Büro wohl einen rechtlichen Spielraum, bei strengeren Regeln zu bleiben. Würden die Regeln in einen Erlass gegossen, müsse man sie auf jeden Fall umsetzen.
Die ebenfalls beschlossenen Verschärfungen im Zusammenhang mit dem Tragen von Masken betreffen Wien nicht, weil man hier ohnehin schon strengere Regeln habe. Verwundert ist man über die neu eingeführte Möglichkeit der 3-G-Regel für die Nachgastronomie und Veranstaltungen. Diese passe nicht mit dem geplanten Zurückfahren der Gratistests zusammen.