Causa Wien Energie: Was Volksschüler den Wiener Stadträten voraus haben
Von Josef Gebhard
Was die Wiener Stadträte im letzten Sommer getan haben, das möchten jetzt die Grünen im Rahmen der U-Kommission zur Causa Wien Energie wissen. In einem Beweisantrag fordern sie die Bekanntgabe der Urlaubsmeldungen der Regierungsmitglieder zwischen 1. Juli und 1. September 2022.
Der Hintergrund des auf den ersten Blick kurios anmutenden Antrags: Im Sommer hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) per Notkompetenz zweimal 700 Millionen Euro freigegeben, um der Wien Energie zu helfen, die aufgrund der Marktverwerfungen in Liquiditätsprobleme geratenen war. Der Stadtsenat wurde über Wochen nicht informiert und eingebunden – auch mit dem Verweis auf die Urlaubszeit.
„Es fällt uns schwer zu glauben, dass die Stadträte den Sommer über im Urlaub waren und dadurch keine Sitzung abgehalten werden konnte. Schließlich haben sie nicht neun Wochen Ferien wie die Volksschüler“, sagte der grüne Klubobmann David Ellensohn bei einer Pressekonferenz mit ÖVP-Klubchef Markus Wölbitsch anlässlich der sechsten Sitzung der U-Kommission am Mittwoch.
„Bruch der Verfassung“
Für ÖVP und Grüne steht fest: Der Bürgermeister habe die Notkompetenz zu Unrecht genutzt und damit die Stadtverfassung gebrochen.
Beide Parteien nutzten die Gelegenheit, um den neuen Schutzschirm in Höhe von 3,7 Milliarden Euro zu geißeln, den die Stadt Wien für die Wien Energie errichtet. Er ist für Notsituationen gedacht, wie sie im vergangenen Sommer aufgetreten sind.
Wobei sich Grüne und ÖVP bei der Bewertung uneins sind: Für Ellensohn sei das jetzige Aufspannen des Schirms „ein Schuldeingeständnis, dass vor einem Jahr falsch gehandelt wurde“.
Wölbitsch hingegen sieht in ihm „ein Zeichen, dass mit der bisherigen Strategie weitergemacht wird, Geschäfte mit einem nach oben offenen Risiko abgeschlossen werden und somit ein hoher Liquiditätsbedarf besteht“.
Vorwürfe, die die SPÖ nicht auf sich sitzen lässt: ÖVP und Grüne würde massiv das schlechte Gewissen plagen, „weil sie im Bund noch immer keinen Schutzschirm zustande gebracht haben“, sagt Gemeinderat Stephan Auer-Stüger.
Der Vorwurf, Ludwig habe missbräuchlich zur Notkompetenz gegriffen, sei eine „Unterstellung. Wer den elektronischen Akt gelesen hat, sieht, dass die Notkompetenz alternativlos war.“ Vier Abteilungen der Stadt Wien seien nach deren Prüfung zu dieser Bewertung gekommen. Anstatt ihn zu attackieren, müssten sich ÖVP und Grüne beim Bürgermeister entschuldigen, sagt Auer-Stüger.