Chronik/Wien

Warum Wien nicht wirklich die drittunfreundlichste Stadt der Welt ist

In Wien ist man es gemeinhin gewöhnt, bei internationalen Wertungen, die die Lebensqualität in verschiedenen Städten bewerten, ganz vorne mitzuspielen.

Im Ranking des internationalen Beratungsunternehmens Mercer ist Wien seit Jahren unter den lebenswertesten Städten. Im März wurde Wien zum zehnten Mal in Folge zur überhaupt lebenswertesten Stadt der Welt gekürt.

Auch in der Wertung des Magazins Economist hat Wien heuer zum zweiten Mal in Folge die Wahl zur lebenswertesten Stadt der Welt für sich entschieden. Und in einer ähnlich gelagerten Wertung des Magazins Monocle erreichte Wien Platz 5.

Und jedes Jahr gibt es auch einen Ausreißer: das „Expat City Ranking“ des Münchner Unternehmens Internations. Das Unternehmen befragt alljährlich von Firmen ins Ausland entsandte Mitarbeiter, sogenannte Expats, wie sie die Lebensqualität der Städte bewerten.

Und obwohl Wien bei der Lebensqualität durchaus gut abschneidet, gibt es ein großes Manko: Wien ist unfreundlich.

Und zwar sehr. Laut Internations ist Wien die drittunfreundlichste Stadt der Welt:

  1. Platz geht an Kuwait-Stadt. 
  2. Platz an Paris.
  3. Platz an Wien.

Unfreundlicher als in Wien ist man also nur in Paris. Oder Kuwait.

Aber stimmt das überhaupt? Und wie wird das berechnet?

Wie die Befragung funktioniert

Internations befragt jährlich Expats auf der ganzen Welt. Heuer waren es 20.000 Personen in insgesamt in 82 Städten.

Der Fragebogen umfasste 13 Kategorien: Freizeit und Wetter, Transportwesen, Sicherheit und Politik, Job und Karriere, Sichere Arbeitsplätze, Work-Life-Balance, Freundlichkeit, Sich willkommen fühlen, Freunde und soziale Kontakte, Sprache, Finanzen, Wohnen.

Extra erhoben werden auch noch die Einschätzung der Befragten zu den Lebenserhaltungskosten in Wien.

Die 13 Kategorien werden in 5 Teilgebiete zusammengefasst: Lebensqualität, Arbeiten in der Stadt, Finanzen und Wohnen, Eingewöhnung und eben Lebenserhaltungskosten. Eine Frage der Kategorie Job und Karriere lautet etwa: "Wie zufrieden sind die mit den Karrieremöglichkeiten?"

Für die Antworten steht eine siebenstufige Skala zur Verfügung: 1-3 sind negative Antworten, 4 ist neutral, 5-7 sind positive Antworten. Das Gesamt-Ranking für jedes Teilgebiet entsteht, indem die Mittelwerte aus den Antworten gerechnet werden.

Nicht repräsentativ

Damit eine Stadt ins Ranking aufgenommen wird, müssen mindest 50 Personen an der Umfrage teilnehmen. Auf Nachfrage bei Internations erfuhr der KURIER, dass in Wien exakt 184 Personen befragt worden sind. Besonders gut war das Wiener Ergebnis hinsichtlich der Umweltqualität, besonders schlecht bei der Freundlichkeit.

Aber sind 184 Befragte genug, um einer Stadt für ein Jahr den Titel "Drittunfreundlichste Stadt der Welt" zu überreichen?

"Wir sind nicht repräsentativ, das geben wir auch nicht vor. Was wir zeigen, ist eine Tendenz", sagt Caroline Harsch, Sprecherin von Internations. Die Fragebögen werden an die Expats ausgeschickt, wer mag, schickt zurück.

In der Stadt nimmt man das Ergebnis deshalb gelassen entgegen, ja sogar mit einem „Schmunzeln“, wie Klemens Himpele, Chef der MA 23 (Wirtschaft, Arbeit, Statistik) sagt. 20.000 Befragte in 82 Städten bedeute knapp 244 Befragte pro Stadt. Das sei nicht viel und nicht aussagekräftig. „Diese Umfrage ist ein Gag“, sagt Himpele. Aber dass die Wiener „die Freundlichkeit manchmal nicht gerade gepachtet haben“, könne man halt auch nicht ganz abstreiten.

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Genauso übrigens, wie einige KURIER-Leserinnen und -Leser auf Facebook.

"Pure Enttäuschung. Warum nicht Platz 1?" schrieb etwa Leserin Veronika W.

"Wer den Wiener Schmäh nicht versteht oder zu ernst nimmt, ist selber schuld." schrieb Walter K.

Und Günter G. brachte es auf den Punkt. Er schrieb: "I bin ned unfreundlich es Trottln." 

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