Chronik/Wien

Trotz Reform: Wartezeit auf Staatsbürgerschaftstermin beträgt 324 Tage

Das Image der MA 35 ist längst nicht mehr das Beste. Schon seit Jahren wird dem Amt, das für Einwanderung und Staatsbürgerschaft zuständig ist, vorgeworfen, schwer erreichbar zu sein und monatelange Wartezeiten zu verursachen. Zugespitzt hatte sich die Lage schließlich im Jahr 2021, als bekannt wurde, dass die Mitarbeiter nicht mehr ans Telefon gehen.

Überforderung sei das damals gewesen, sagt Georg Hufgard-Leitner, Leiter der MA 35. Während Corona sei – weil persönliche Termine nicht mehr möglich waren – eine nicht bewältigbare Flut an Telefonanrufen und eMails über die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 35 hereingebrochen. Die Kritik wurde immer lauter, eine Reform unausweichlich.

Telefon wird abgehoben

Nun, drei Jahre nach dem Startschuss, wurde der Reformbericht präsentiert. Der größte Erfolg: Die Verfahrensdauer im gesamten Einwanderungsbereich konnte von durchschnittlich 68,6 Tagen im Jahr 2021 auf heute 41,1 Tage reduziert werden. Im Bereich des Aufenthalts von EWR-Bürger sind es nun sogar nur noch 12,9 Tage (statt 41,3 im Jahr 2021). Und auch das Telefon heben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MA 35 wieder ab – und zwar durchschnittlich binnen knapp zwei Minuten.

Eine erhöhte Nachfrage gab es in den vergangenen Jahren bei den Staatsbürgerschaftsanträgen. Das hänge mit dem Bevölkerungswachstum und mit den Verfahren betreffend der Nachfahren von NS-Opfern zusammen, heißt es. Letztere werden ausschließlich in Wien durchgeführt.

Das führt zu langen Wartezeiten: Durchschnittlich 324 Tage wartet man derzeit auf einen Antragstermin. Und das, obwohl die Anzahl der Termine bereits von 300 auf 1.000 pro Monat angehoben wurde.  Bis September kommenden Jahres soll die Anzahl der Termine deshalb  auf 1.300 pro Monat erhöht werden, so Wiederkehr.

445 Beschwerden im Jahr 2023

Die Wartezeiten spiegeln sich  auch in den Zahlen der Volksanwaltschaft. Im Bereich des Staatsbürgerschaftsrechts  sind im Jahr 2023 deswegen 445 Beschwerden eingegangen – 14 Prozent mehr als im Jahr davor.

Übrigens: Rund die Hälfte der Staatsbürgerschaftsanträge wird abgelehnt, wie Hufgard-Leitner berichtet. Der häufigste Grund sei die fehlende finanzielle Absicherung. Die Zahl der positiven Verfahren steige in den letzten Jahren aber an.

Gelungen sei das unter anderem mit Sofortmaßnahmen: Das Personal sei von rund 550 auf 717 aufgestockt worden. Rund 80 weitere Mitarbeiter sollen bis nächsten September dazukommen. Zusätzlich seien ein telefonisches Servicecenter und ein Business Immigration Office eröffnet worden. Ersteres gibt unter einer einheitlichen Servicenummer allgemeine Auskünfte, Zweiteres dienst als eigene Servicestelle für internationale Fachkräfte, Unternehmen und Bildungseinrichtungen.

Daneben sei aber auch vermehrt auf Digitalisierung gesetzt worden, berichtet Hufgard-Leitner. Neben einem Online-Terminbuchungssystem verfügt die MA 35 nun auch über verschiedene Online-Assistenten. Dabei könne man nun die richtige Abteilung innerhalb der MA 35 identifizieren oder herausfinden, ob man berechtigt ist, die Staatsbürgerschaft zu erhalten.

Prozess geht weiter

Apropos Staatsbürgerschaft: Dieser Bereich gilt weiterhin als größte Herausforderung. Auf Termine wartet man nach wie vor sehr lange (siehe Zusatztext in der Infobox).

Der Reformprozess gehe nun zwar zu Ende, ständige Verbesserungen werde es aber nach wie vor geben, betonen sowohl Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) als auch der Leiter der MA 35, Georg Hufgard-Leitner. Bisher habe die Reform rund eine halbe Million Euro gekostet – exklusive der anfallenden Personalkosten.

Kritik kam von der Opposition. Sowohl die Grünen als auch die ÖVP begrüßten die Reform, sprachen aber auch davon, dass sie längst „überfällig“ sei.