Stadt Wien beteiligt sich an Luxus-Lokal
Von Julia Schrenk
Fast, sagt Veronika Doppler, wäre ihr Lebenswerk zerstört gewesen. Und das ohne ihr Zutun. Die Corona-Krise hat das Vestibül eiskalt erwischt. Das Lokal im Burgtheater lebt von den Theatergästen. Von den Wienerinnen und Wienern, aber auch von den Touristen, die sich bei ihren Vier-Tages-Aufenthalten von der Oper ins Burgtheater und von dort ins Vestibül begeben. Die fehlen jetzt. Dass das Burgtheater ein halbes Jahr lang geschlossen war, hat dem Vestibül quasi den Rest gegeben.
All das hat Doppler und ihren Mann Christian Domschitz – der im Vestibül kocht – dazu bewogen, sich um eine Beteilung der Stadt Wien zu bewerben.
„Um Unternehmen zu unterstützen, die die Corona-Krise in eine wirtschaftlich ausweglose Situation gebracht haben, hat die Stadt Wien die „Stolz-auf-Wien“-GmbH gegründet. Über diese beteiligt sich die Stadt für maximal sieben Jahre und mit maximal 20 Prozent Gesellschafteranteilen an krisengebeutelten Unternehmen. Man will Wiener Firmen unterstützen, die unverschuldet ins Straucheln gerieten. 20 Millionen Euro hat die Stadt dafür bereitgestellt, 5 Millionen die Wirtschaftskammer und 10 Millionen Euro an Kapital kommen von Investoren.
Traditionscafé
Jetzt, in der zweiten Runde der Finanzierung beteiligt sich die Stadt Wien an drei weiteren Unternehmen. Abgesehen vom Restaurant Vestibül sind das Technologie-Unternehmen Compact Electric und das Café Ritter in Ottakring.
2016 hat Martina Postl das Kaffeehaus aus dem Jahr 1907 – es war unter anderem das Stammlokal von Ernst Happel – übernommen, sanft renoviert und neu eröffnet. 600.000 wird in diese drei Unternehmen investiert.
Dass zwei Gastro-Betriebe unter den drei neuen Beteilungen sind, ist kein Zufall. Von den etwa 30 Interessenten fiel zuletzt ein Großteil Klein- und Mittelbetriebe. Die Gastro-Szene sei besonders betroffen. „Uns ist klar, dass wir in dem Bereich mehr tun müssen“, sagte Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ). Man werde sich künftig auf diesen Bereich „fokussieren“.
Hanke nennt die „Stolz-auf-Wien“-GmbH sein „Herzensprojekt“. Zuletzt wurde daran aber Kritik laut. Jene Unternehmen, an denen sich die Stadt bisher beteiligte – ein Juwelier und eine Motorölfirma – seien nicht die erhofften Unternehmen mit „Wiener DNA“ gewesen.
Mit dem Vestibül und dem Café Ritter, das sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Grätzel-Café entwickelt hat, will man das ändern. Das Vestibül bezeichnet Hanke gar als „Gastro-Bar Nummer 1 in Wien“.
60 Millionen Euro
Insgesamt will die Stadt gemeinsam mit Kapitalgebern die Investitionssumme von
20 Millionen Euro auf 60 Millionen Euro erhöhen. Auch neue Finanzierungspartner sind eingestiegen: Darunter die Immofinanz, sImmmo und Hans Peter Haselsteiner.
Firmen, die sich für Beteiligungen interessieren, werden einem Screening unterzogen und von einem Wirtschaftsprüfer bewertet. Danach entscheidet ein Experten-Beirat, ob eine Beteiligung durch die Stadt gerechtfertigt ist. Mitglied in diesem Beirat ist etwa WU-Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger. Wien beteiligt sich mit mindestens 50.000 Euro und maximal 2 Millionen Euro an einem Unternehmen.