Chronik/Wien

SPÖ, ÖVP und Neos erarbeiten gemeinsam Lösungen gegen Jugendgewalt

Der Reumannplatz in Wien-Favoriten ist nach wie vor in aller Munde und auch schon außerhalb der Bundeshauptstadt zum Sinnbild für Unsicherheit geworden. Nach mehreren Messerstechereien hat Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) für dort nun eine Waffenverbotszone angekündigt, der KURIER berichtete.

Auch auf Stadtebene will man sich nun mit dem Problemviertel befassen  - und um das, wofür er steht: Jugendkriminalität. Für dieses Vorhaben hat sich eine ungewöhnliche Konstellation aus Regierungs- und Oppositionsvertretern gebildet: Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) und ÖVP-Landesparteiobmann Karl Mahrer haben heute, Donnerstag, die gemeinsame Ausarbeitung von Maßnahmen auf Expertenebene bekanntgegeben.

Dabei wurden auch zwei mobile Büros präsentiert, die bis 6. April am Reumann- und am Keplerplatz in Favoriten der Bevölkerung als Anlaufstelle dienen sollen. Die von der Stadt zur Verfügung gestellten Büro-Trucks, die im Polizei-Design gehalten sind, "sind besetzt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Wien, insbesondere dem Büro für Sofortmaßnahmen und der Wiener Polizei", erläuterte Bürgermeister Ludwig. "Es soll in der Zeit von 17.00 bis 23.00 Uhr die Möglichkeit bestehen, hier einen Dialog einzugehen, um etwaige Maßnahmen zu setzen, aus der Sicht der Polizei oder den Einrichtungen der Stadt."

Unter den Zuhörern sind an diesem Vormittag auch Anrainerinnen und Anrainer, die das Gespräch mit dem Bürgermeister suchen. "Sie sind zur falschen Zeit hier, jetzt scheint die Sonne. Kommen Sie am Abend wieder und schauen sich das an", fordert eine Frau, die nach eigenen Angaben in Favoriten geboren und aufgewachsen ist. Zehn Minuten reden die drei Senioren mit Ludwig, er hört zu. Man verabschiedet sich im Guten: "Trotzdem alles Gute! Wiederschauen!" Ob Ludwig die Sorgen der Bevölkerung versteht? "Ja natürlich, ich bin ja mit Anrainerinnen und Anrainern im laufenden Dialog. Und vieles können wir auch aufgrund der Informationen, die wir bekommen verbessern, darum ist es mir immer ganz wichtig, solche Gespräche zu führen.

Bei den Ursachen der Probleme ansetzen

Der Bürgermeister wies bei dem Termin noch einmal darauf hin, dass er sich schon länger gegen Waffen ausspricht und kommentierte das Waffenverbot: "Ich finde das sehr gut, ich habe ja auch bereits 2019 eine radikalere Forderung nach einem bundesweiten Waffenverbot gestellt. Mehr Waffen bedeuten nicht mehr Sicherheit, sondern mehr Gefahr. Mir kann keiner erzählen dass er sich mit der Machete die Butter aufs Brot schmieren will.“ Ludwig begrüßt es außerdem, dass die Parteien an einem Strang ziehen und das sensible Thema aus dem "parteipolitischen Hickhack" geholt werde. 

Vizebürgermeister Wiederkehr sagt auf Nachfrage, dass man auch bei den Ursachen der Probleme ansetzen müsse: "Wien wächst sehr stark, daraus ergeben sich Herausforderungen. Wir sehen auch verstärkte Kriminalität bei migrantischen Jugendlichen, vor allem bei den 10- bis 14-jährigen. Die sind noch nicht strafmündig, aber ich bin dafür, dass es andere Formen von Konsequenzen gibt. Wenn ein 12-jähriger einen Raubüberfall tätigen kann, soll er auch Konsequenzen spüren, etwa in Form verpflichtender sozialer Arbeit. Unabhängig davon haben wir auch ein starkes Wachstum von Kindern und Jugendlichen, die neu nach Wien kommen, für die muss Schulplatz geschaffen werden. Denn die beste Prävention gegen Gewalt ist gute Bildung. Und jedes Kind in Wien hat die beste Bildung verdient – darum gibt es mobile Klassen ab dem nächsten Schuljahr." 

Karl Mahrer sagte es sei „gut, dass die Stadt Wien jetzt sieht, dass es in manchen Bereichen mehr Ordnung brauche."

Mit politischen Rollenbildern brechen

Es sei „ein historischer Moment der Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg“, sagt Mahrer. Man habe sich bewusst dazu entschieden, mit politischen Rollenbildern zu brechen, bei denen „die Opposition nur kontrolliert und kritisiert, aber keine Verantwortung bei der Umsetzung von Lösungen wahrnimmt.“ „

Im Gegensatz zu den Maßnahmen der Polizei, wie eben auch dem Waffenverbot, würden die angedachten Maßnahmen nicht sofort greifen. Was Gewaltprävention an Schulen bewirkt, werde man erst in Wochen, Monaten oder Jahren sehen, hieß es beim Termin. Erste Lösungen sollen aber schon in wenigen Wochen präsentiert werden.

Die Wiener ÖVP hat erst vor wenigen Tagen einen 10-Punkte-Plan gegen Jugendkriminalität vorgelegt, den man gemeinsam mit den Experten und den anderen beiden Parteien diskutieren wolle. Er sieht unter anderem Grätzlpolizisten an Schulen vor, aber auch die "Reduktion der Asylmigration".

Eigener Vorschlag von FPÖ

Die FPÖ, die bei der Drei-Parteien-Zusammenarbeit nicht dabei ist, hat indes einen eigenen Vorschlag präsentiert. Es sollten am Reumannplatz Polizei-Container aufgestellt werden, wie Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp via Aussendung forderte. Die permanente 24/7-Überwachung durch Polizisten  "einerseits abschreckende Wirkung zeigen und andererseits wären die Beamten mitten im Geschehen und könnten sofort einschreiten“.

Die konkreten Maßnahmen, die sich aus der parteiübergreifenden Zusammenarbeit ergeben, werden "bei Gelegenheit" präsentiert, sagt Ludwig. "Es finden jetzt laufend Gespräche auf Experten- und auf politischer Ebene statt - wir werden dann ein Gesamtpaket präsentieren."